19.01.2024
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 6: Feste, flüssige, gasförmige Brennstoffe
Ein Bericht von Götz Warnke
Neben den Wärme-Wärme-Heizungen (Fernwärme, Solarthermie) und den strombetriebenen Heizungen (Wärmepumpe, Infrarot) ist das GEG auch für Brennstoffe technologieoffen; dass bei diesen Brennstoffen aus Gründen des Klimaschutzes besonders auf Art und Herkunft geachtet werden muss, versteht sich von selbst. Die GEG-Anforderungen an diese Optionen werden in § 71g GEG (feste Biomasse) und in § 71f GEG („Anforderungen an Biomasse und Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate“) festgeschrieben.
§ 71g fordert, dass der Biomasse-Ofen/-Kessel automatisch (!) beschickt wird, Wasser als Wärmeträger nutzt, ausschließlich adäquate Biomasse nutzt, und mit dieser Biomasse die EU-Vorschriften gegen Entwaldung und Waldschädigung einhält. § 71f ist erheblich umfangreicher, da er die GEG-konformen flüssigen und gasförmigen Brennstoffe aus Biomasse umreißt – aber auch die flüssigen und gasförmigen Brennstoffe aus Wasserstoff! Dabei ist grüner – und blauer – Wasserstoff zulässig, wenn seine GEG-konforme Herkunft bilanziell nachgewiesen wird. Das gilt auch für seine gasförmigen (Methan) oder flüssigen Derivate (E-Fuels wie Ammoniak oder Methanol). Bei den flüssigen und gasförmigen Brennstoffen aus Biomasse wird geregelt: Sie müssen aus nachhaltigem Anbau stammen und dürfen nur einen kleineren Anteil von potentiellen Nahrungsmittelpflanzen wie Getreide oder Mais als Ausgangsstoffen enthalten. Dazu kommen weitere Regelungen zur Bilanzierung und der dabei zu berücksichtigen Vorschriften – so weit, so gesetzlich.
Kommen wir nun zu den einzelnen Brennstoffen.
Biomasse
Biomasse in Form von Holz ist wegen ihrer fast universellen Verfügbarkeit und – bezüglich anderer Biobrennstoffe – hohen Energiedichte der älteste Heizstoff der Menschheit überhaupt. Allerdings ist Holz über die längste Zeit hin immer auch ein Bau- und Werkstoff gewesen, und gewinnt diese Rolle im Zuge der CO2-Minderungsbemühungen zu Lasten von Plastik, Stahl und Beton zurück. Das führt - wie schon einmal im 18. Jahrhundert - zu einer verschärften Konkurrenz, aus der sich künftig deutliche Preissteigerungen ergeben dürften. Zwar gibt es neben automatisch beschickenden Pellets- und Hackschnitzel-Heizungen inzwischen auch solche für Scheitholz. Aber wegen der – bezüglich der fossilen Brennstoffe (!) – relativ geringen Energiedichte des Holzes benötigt eine Biomasseheizung große Brennstoff-Speicher. Und die lassen sich gerade im Bestand oft nicht einbauen.
Besser wird es wegen der Flächeneffizienz auch künftig nicht werden: Biomasse „erntet“ je nach Pflanze gerade einmal 2-2,5 Prozent der einfallenden Sonnenenergie – ein Manko, das sich auf alle Bioenergieformen auswirkt.
Biogas
Mit gasförmigen Biobrennstoffen lassen sich das öffentliche Gasnetz und die heimische Gas-Brennwert-Therme problemlos weiter nutzen. Doch was auf den ersten Blick schön und unkompliziert klingt, hat in der Praxis einen Haken: Schaut man auf die Seiten eines großen Energieanbieters wie Hamburg Energie, so muss man feststellen, dass der maximal angebotene Biogasanteil gemäß Klimaschutzgesetz gerade einmal 15 Prozent beträgt; d.h. 85 Prozent des Energieträgers sind konventionelles Erdgas. Das Magazin der Community Utopia hat im vergangenen Jahr gerade einmal drei kleinere Energiedienstleister ermittelt, die 100-Prozent-Biogas anbieten. Reines Biogas wird, Stichwort: Flächeneffizienz, auch künftig nur begrenzt verfügbar und damit teuer sein. Zudem: wie und in welchem Umfang das Gasnetz künftig erhalten bleiben kann, ist noch offen. Zwar lässt sich Biogas auch im eigenen Garten mittels spezieller Komposter herstellen (Sonnenenergie 4/2023, S. f.: Eh-da-Gase nutzen), aber das reicht allenfalls für das Betreiben einer Kochstelle bzw. eines Gasgrills.
Pflanzenöl
Flüssige Biobrennstoffe sind bekannt und werden z.B. in Pflanzenöl-BHKWs auch eingesetzt. Allerdings gibt es auch hier das Flächeneffizienzproblem, die Nachhaltigkeits-Anforderungen werden steigen, und es könnten konkurrierende Abnehmer z.B. aus den Bereichen Chemie und Verkehr (Binnenschiffe) hinzukommen. Ob man beim Umstieg von einer fossilen Gasheizung auf ein Pflanzenöl-BHKW genügend Platz für die Öltanks in seinem Bestandsgebäude findet, ist eine andere Frage.
Und wie sieht es konkret mit dem Autarkiegrad bei den Biobrennstoffen aus? Wegen der geringen Flächeneffizienz der Bioenergie kommen hier nur Besitzer großer Landflächen infrage. Das sind in erster Linie große landwirtschaftliche Betriebe, bei der Biomasse natürlich auch Forstbetriebe.
Wasserstoff und Derivate
Wenn es nach der Vorstellung vieler Bürger geht, dann ist bei einem Tausch des Wärmeerzeugers die für Wasserstoff geeignete, also H2-ready-Gasheizung das Mittel der Wahl: Nach einer Umfrage würden sich 18% so entscheiden, noch vor Wärmepumpe (17%) und Fernwärme (16%). Die Entscheidung für die H2-ready-Gasheizung ist mit hohen Risiken behaftet. Denn grüner und blauer Wasserstoff wird noch weit über die Mitte dieses Jahrhunderts hinaus nicht im Übermaß zur Verfügung stehen. Und es gibt viele Abnehmer aus der Industrie und dem Verkehrssektor, die gar nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten ohne Wasserstoff auskommen können, während es zugleich vielfältige Heizungsalternativen gibt. Zu wenig und/oder zu teuer – das sind die beiden Schreckensszenarien, die auf die H2-ready-Anhänger künftig warten, und evtl. muss dann die schöne Wasserstoff-Heizung sogar wieder herausgerissen werden. Von gasförmigen oder flüssigen Derivaten brauchen wir wegen der Energieverluste bei der Herstellung gar nicht erst zu reden.
Auch wenn die Derivate als Lösung praktisch ausfallen, so bleibt doch die Frage, ob man mit einer Wasserstoff-Heizung einen hohen Autarkiegrad erreichen kann. Immerhin gibt es einige H2-Speicher für die Stromversorgung – warum also nicht auch für die Wärmeversorgung? Erstens müsste ein solcher – dann saisonaler – Speicher wegen des hohen Energiebedarfs der Wärme erheblich größer und damit teurer sein. Und auch dann kämen wohl nur Energie-Großerzeuger wie Windbauern an der Nordseeküste, Freiflächen-PV-Betreiber und Besitzer von Wasserkraftanlagen zum Füllen solcher Speicher infrage.
Fazit: GEG extrem technologieoffen
Das gültige GEG ermöglicht eine Vielzahl von Wärmelösungen, die hier nicht einmal aufgeführt sind, da z.B. Hybridsysteme mit fossilem Anteil grundsätzlich eine Autarkie ausschließen. Zu den hier behandelten Optionen können weitere Heizlösungen kommen, solange das Ziel „65% Erneuerbare Energien“ eingehalten, und dieses auch wissenschaftlich nachgewiesen wird. Denken könnte man hier z.B. Windthermie mit Windrad und mechanischer Wärmepumpe.
Insofern ist das Gebäudeenergiegesetz ein extrem technologieoffenes Gesetz. Wer sich jetzt immer noch hinstellt, und faktenfrei von einem zwangsweisen Wärmepumpengesetz fabuliert, hat entweder das Gesetz nicht gelesen, betreibt aus ideologischen bzw. ökonomischen Gründen Propaganda, oder ist schlicht borniert.
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 1: Der Inhalt des GEG
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 2: Wärmenetze
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 3: Wärmepumpe
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 4: Stromdirektheizungen
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 5: Solarthermie
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 6: Feste, flüssige, gasförmige Brennstoffe