12.01.2024
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 5: Solarthermie
Ein Bericht von Götz Warnke
Räume heizen mit solarer Wärme ist wohl die älteste Form der technischen Nutzung von Solarenergie: in der passiven Ausführung gibt es das seit einigen Jahrhunderten in Form von Gewächshäusern; die aktiven Solarthermie-Gebäudeheizungen beginnen mit den „Solar Houses“ des Massachusetts Institute of Technology (MIT) ab 1939 in den USA, während man in Bayern noch in den späten 1970er entsprechende Anlagen zwangsweise von den Dächern solch’ frevelhafter Fossilenergie-Verweigerer abbaute.
Die GEG-Anforderungen an die Solarthermie-Option werden in § 71e GEG inhaltlich sehr kurz und schlicht aufgeführt: entweder müssen die eine Wärmeträger-Flüssigkeit führenden Kollektoren (Luftkollektoren sind nicht vorgesehen!) mit dem europäischen Prüfzeichen „Solar Keymark“ zertifiziert sein, oder mit einer CE-Kennzeichnung, sofern diese nach europäischem Recht erforderlich ist. Letztlich soll diese Regelung nur verhindern, dass minderwertige bzw. leistungsschwache Solarthermie-Kollektoren eingebaut werden.
Die Kürze ist nicht überraschend, hat doch die Solarthermie in Vergangenheit und Gegenwart ihre Leistungsfähig hinreichend unter Beweis gestellt:
- Solarthermie (ST) hat eine mehr als doppelt so hohe Flächeneffizienz wie Fotovoltaik (PV).
- ST erzeugt direkt Wärme, die für eine Wärmenutzung nicht noch einmal mit entsprechenden Energieverlusten umgewandelt werden muss.
- ST ist – in senkrechter, waagerechter oder dachschräger Position – an fast jedem Haus einsetzbar.
- ST-Kollektoren können sich auch im schneereichen Winter durch das Umkehren der Strömungsrichtung der Wärmeträger-Flüssigkeit von selbst wieder frei tauen.
- Und: ST funktioniert auch bei bewölktem Himmel.
Doch diese Vorteile werden auch von Schwierigkeiten und Nachteilen begleitet: Da Wärme den größten Anteil am Energiebedarf eines Hauses hat, benötigt auch die Solarthermie große, solar nutzbare Flächen am Haus und im Garten. Doch dem stehen zunehmend die kleinen Grundstücke, die Doppel- und Reihenhäuser sowie die zergliederten Walm- und Mansarddächer entgegen.
Zudem sind viel Dachflächen schon mit Fotovoltaik-Anlagen belegt (Flächenkonkurrenz). Denn wie die Fotovoltaik erzeugt zwar auch die Solarthermie den Hauptteil der Energie im Sommerhalbjahr, doch der Strombedarf ist gleichmäßiger über das Jahr verteilt: Kochherde und Staubsauger werden ebenso ganzjährig benutzt wie E-Autos geladen. Und wenn mal Stromüberschüsse entstehen, kann man sie immer noch über das öffentliche Stromnetz für wenig Geld verkaufen.
Für die Energiemengen, die die Solarthermie auf den Privatgrundstücken im Sommer erzeugt, gibt es hingegen allenfalls Abnehmer im Brauchwasserbereich: Geschirrspüler und Waschmaschine lassen sich an die hausinterne Warmwasserleitung anschließen; lauwarmes Wasser ist für Gartenpools möglich, aber fürs Autowaschen verboten. Ansonsten bleibt das Dusch- und Waschwasser – kein Wunder also, dass in den Feriengebieten z.B. an Nord- und Ostsee viele Ferienhäuser über Solarthermie-Anlagen zur Warmwasserbereitung verfügen, da hier die tägliche Wärmeerzeugung mit dem abendlichen Duschbedürfnis der Gäste bestens harmoniert. Netze, in die man analog zur Fotovoltaik die Energie einspeisen könnte, fehlen für die ST fast immer – oder es handelt sich um fossilbefeuerte, heiße Fernwärmenetze, deren Temperaturen die Kollektoren kaum erreichen können.
Insofern benötigt die Solarthermie unbedingt saisonale Speicher, die die Sommerwärme zum Heizen in den Winter „transportieren“ können. Solche Heißwasser-Speicher haben je nach Einfamilienhaus-Größe und -Isolierung ein Volumen von ca. 20 Kubikmetern (= 20.000 Liter); im o.a. Solar House des MIT von 1939 waren es sogar 65.000 Liter. Planung und Errichtung eines solchen Speichers sind bei Neubauprojekten kein Problem – mittlerweile gibt es solche Häuser sogar „von der Stange“!
Nicht der Neubau ist das Problem...
Doch es geht ja hier gerade nicht um den Neubau, sondern um die Heizungswende im Bestand. Wer nicht gerade über ein größeres, zugängliches und mit noch freien Flächen versehenes Grundstück verfügt, für den dürfte es bezüglich des Saisonalspeichers kompliziert bis teuer werden. Zwar gibt es kleinere saisonale Speicher wie eTanks oder Eisspeicher, denen die Wärme über konventionelle ST-Kollektoren, Energiezäune und PVT-Kollektoren zugeführt wird. Doch um die Wärme wieder aus diesen Speichern zu holen, benötigt man zusätzlich eine Wärmepumpe. Eine solche Hybridheizung aus Solarthermie und Wärmepumpe ist zwar nach dem GEG zulässig, aber technisch nicht mehr reine Solarthermie. Eine mögliche Speicherlösung für Solarthermie pur wäre ein kostengünstiger, kompakter Sorptionsspeicher, der als thermochemischer Speicher eine hohe Energiedichte hat und Wärme tatsächlich saisonal speichern kann. Aber solche Speicher als Haus-Lösungen finden sich eher im Prototyp- oder Demonstrations-Stadium als auf dem freien Markt.
Hinsichtlich der Energieautarkie ist die Solarthermie die Option mit dem höchsten Autarkiegrad – wenn es gelingt, die im Sommer erzeugte Wärme saisonal zu speichern und möglichst verlustfrei in den Winter zu transportieren. Denn bei der im Hausumfeld erzeugten Wärme entstehen keine Umwandlungsverluste, keine Transportverluste und -probleme, keine Konflikte mit Netzbetreibern. Der Strombedarf der Heizungs-Umwälzpumpe ist gegenüber dem einer Wärmepumpe verschwindend gering. Und das Finanzamt kann auch nicht „mitspielen“.
Nicht zu vergessen: Energieautarke Häuser in unseren Breiten haben fast immer eine Solarthermie-Anlage.
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 1
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 2: Wärmenetze
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 3: Wärmepumpe
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 4: Stromdirektheizungen
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 5: Solarthermie
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 6: Feste, flüssige, gasförmige Brennstoffe