28.04.2017
Mieterstrom umstritten
Am Mittwoch (26. April) hat das Bundeskabinett den vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten Gesetzentwurf zur Förderung von Mieterstrom beschlossen. Die Bedenken der DGS, wie sie bereits in ihrer kritischen Stellungnahme vom 30. März anlässlich des Referentenentwurfs vom 17. März veröffentlicht wurden, sind leider allesamt bestätigt worden. Es ist sogar festzustellen, dass weitere nachteilige Regelungen in dem Gesetzentwurf enthalten sind. Nachdem sich in den nächsten Wochen Bundestag und Bundesrat mit dem Entwurf befassen werden, möchte man das Gesetzgebungsverfahren noch vor der Sommerpause abgeschlossen haben.
Die Reaktionen zum sogenannten Mieterstromgesetz, mit dem Bundeswirtschaftsministerin Zypries die Energiewende in die Städte bringen möchte und mit dem Mieter an der Energiewende beteiligt werden sollen, sind zwar überwiegend positiv, jedoch findet sich in nahezu jeder bislang veröffentlichten Stellungnahme eine deutliche Einschränkung. Zufrieden scheinen die wenigsten zu sein.
Enges Korsett für wenig Förderung
Charakteristisch für den Mieterstrom wird auf jeden Fall sein, dass die örtliche Stromversorgung im Mietshaus einer Reihe besonders strengen Regelungen unterworfen sein soll. Z.B. soll ein Stromliefervertrag – mit Ausnahmen – nicht an den Mietvertrag gekoppelt und nur auf die Dauer eines Jahres fest abgeschlossen werden dürfen, nicht – wie jeder Netzstromvertrag – über bis zu zwei Jahre. Gerade der örtlich erzeugte Strom kann aber nicht – wie der Netzstrom – flexibel neue Kunden suchen. Außerdem soll eine Preisgrenze gelten, und zwar sowohl für den PV-Strom als auch für den zugekauften Reststrom, d.h. der gesamte an die Mieter verkaufte Strom darf nicht teurer als 90% des Grundversorgungstarifs sein. Dieses enge Korset muss sich auferlegen, wer letztlich eine sehr geringe Förderung erhalten will, die bei derzeit mit 3 bis 4 ct. noch spürbar ist, aber bei dem zu erwartenden weiteren Sinken der Fördersätze insgesamt ins marginale abrutschen könnte. Bezieht man die Tatsache ein, dass für jede kWh mit 3 bis 4 ct. geförderten Strom EEG-Umlage von derzeit 6,88 c zu zahlen ist, liegt eigentlich gar keine Förderung durch das EEG mehr vor.
Wohnungsunternehmen sind raus
Ein weiterer Wehrmutstropfen: Die ursprünglich vorgesehene steuerlichen Erleichterungen für Wohnungsbaugenossenschaften und –unternehmen sind nun gänzlich aus dem Gesetzentwurf verschwunden. Diese können von Körperschafts- und Gewerbesteuer befreit sein, wenn Sie sich auf die nicht gewerbliche Wohnungsvermietung beschränken. Der Verkauf des Stroms an die Mieter gilt jedoch als gewerblich und gefährdet diese Privilegien mit Wirkung für das gesamte Unternehmen. Solange dies der Fall ist, werden solche Vermieter also Mieterstromprojekte selbst nicht umsetzen, sondern – wie bisher – Dächer an Dritte vermieten, die den Strom den Mietern anbieten. Der „Mieterstrom“ wird damit möglicherweise nur ein weiterer Tarif des örtlichen Stromversorgers werden, statt dass wirklich dezentrale Lösungen sich entwickeln. In einem Vorentwurf war es noch vorgesehen, das Steuerrecht entsprechend anzupassen.
Kritik von allen Seiten
Auch der Bundesverband Solarwirtschaft, der den Kabinettsbeschluss an sich begrüßt, fordert, dass noch einige Nachbesserungen vorzunehmen seien. Beispielsweise könne man nicht nachvollziehen, warum solarer Mieterstrom nur förderwürdig werden solle, wenn er auf dem gleichen Gebäude geerntet wird, in dem der belieferte Mieter wohnt bzw. arbeitet. Darauf weisen auch die Grünen hin. Ihrer Ansicht nach springt das Mieterstromgesetz springt schlichtweg zu kurz, wenn eine Förderung von Mieterstrom nur innerhalb eines Hauses möglich sei. Damit würden Bewohner von Häusern ohne geeignete Dachfläche oder auch ganze Häuserblocks weiter „in die Röhre schauen“. Für besonders unsinnig hält man die Regelung, dass Gewerbebetrieben die Teilhabe am Mieterstrom verweigert wird. Schließlich würden gerade Supermärkte, Werkstätten oder Bürogebäude häufig über große Dachflächen verfügen und könnten anliegende Gewerbetreibende gut mit sauberem Solarstrom versorgen. Aus dem gleichen Grund fordert beispielsweise die Naturstrom AG, dass es auch bei großen Wohnblöcken möglich sein sollte, Sonnenstrom über eine direkte Verbindung ins Nachbarhaus zu liefern. Denn nicht immer eigneten sich bei Wohnkomplexen beispielsweise mit Vorder- und Hinterhaus alle Dachflächen für Photovoltaikanlagen. Bislang schließt der Gesetzesentwurf solche Quartierslösungen aus. Klärungsbedarf sieht man dort außerdem bei den Bestimmungen zu den Mieterstromverträgen sowie beim Zählerwesen. Zwei weitere Einschränkungen: Die Deckelung von 500 MWp pro Jahr und die Begrenzung auf Anlagenleistung von 100 kWp.
Fazit
Um es mit Dr. Andreas Horn zu sagen: „Das Gesetz für Mieterstrom ist insgesamt gefährlich und behindert dauerhaft Mieterstromprojekte. Deshalb lieber kein Mieterstromgesetz, als dieses Mieterstrom-Verhinderungsgesetz.“
Matthias Hüttmann, Peter Nümann
Links
Gesetz zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des EEG
Sonnenkraft Freising: Mieterstromgesetz stoppt sich selbst
Sonnenkraft Freising: Wahlkampfgetöse mit eingebautem Selbstzerstörungsmechanismus
Stellungnahme der DGS zum Referentenentwurf des Gesetzes zur Förderung von Mieterstrom