11.02.2022
Solidarische Proteste weltweit wegen Ölkatastrophe an Perus Küste
Ein Bericht von Tatiana Abarzúa
Am 4. Februar beteiligten sich in Peru – und in 18 weiteren Ländern wie Argentinien, Ecuador, Nigeria, Spanien, Deutschland – viele Menschen an Demonstrationen gegen die durch fossilen Extraktivismus verursachte Zerstörung von Lebensräumen. Der aktuellste Anlass der solidarischen Proteste ist die ökologische Katastrophe, die sich am 15. Januar an der peruanischen Pazifikküste ereignete. Hier liegt die Raffinerie La Pampilla, die größte des Landes, die etwa die Hälfte des peruanischen Kraftstoffverbrauchs abdeckt. Nach dem Entladen eines Schiffs des spanischen Konzerns Repsol an La Pampilla liefen an den Stränden von Ventanilla nördlich der Hauptstadt Lima tausende Barrel Rohöl aus.
24 Strände sind jetzt massiv ölverseucht. Perus Präsident Pedro Castillo bezeichnete die Ölkatastrophe als „eines der größten Ökozide“, die sich bislang an Perus Küste ereignet haben. Geschätzt fast zwei Millionen Liter Öl (12.000 Barrel) haben sich entlang einer Küstenfläche von etwa 11.600 Hektar Größe ausgebreitet.
Die Verantwortung von Repsol
Tine Van Den Wall Bake, Sprecherin des spanischen Unternehmens, sagte peruanischen Medien gegenüber, Repsol sei nicht der Hauptverantwortliche für die Ölkatastrophe. Mitarbeiter hätten am 14. Januar mit Be- und Entladearbeiten begonnen und sich, nach dem Vulkanausbruch auf Tonga, mit der Einheit für Seeverkehr in Verbindung gesetzt. Die habe bestätigt, „dass es keine Warnung für die Küste gab und wir mit der Ladung fortfahren können“ so Bake.
Ganz anders hat das Giacomo Pisani wahrgenommen, der Kapitän des betroffenen Öltankers „Mare Doricum“. Er äußerte deutliche Kritik am Unternehmen. So sei etwa die technische Hilfe, die er aufgrund der hohen Wellen angefordert hatte, erst sechs Stunden später eingetroffen. Zudem habe Repsol erst einen Tag nach dem Unfall Taucher ausgesandt, um die Leitung zu überprüfen.
Schwermetalle aus dem Rohöl werden viele Jahre im Ökosystem verbleiben
Die Ölpest gefährdet einen sehr artenreichen Teil der peruanischen Küste. Viele Seevögel verhungern. „Wenn die Vögel vergiftet im Meer treiben, haben sie keine Kraft mehr zu schwimmen, zu jagen, zu fliegen“, sagt der Tierarzt Giancarlo Diaz. Außerdem sei Unterkühlung eine häufige Todesursache, da die Federn ihre isolierende Wirkung verlieren. Neben der Tierwelt und zwei Meeresschutzgebieten ist auch die Lebensgrundlage von über tausend Fischern in der Region bedroht, wie der Guardian berichtete. „Schwermetalle aus dem Rohöl werden viele Jahre im Ökosystem verbleiben, Fische, Weichtiere und andere Meerestiere für den menschlichen Verzehr gefährlich machen und das gesamte marine Nahrungsnetz beeinträchtigen“, beschreibt Christel Scheske, Projektkoordinatorin der Meeres- und Küsten-Governance-Initiative der peruanischen Gesellschaft für Umweltrecht, die Situation.
Solidarischer weltweiter Aktionstag
Nach Angaben von beteiligten Bündnissen fand der Aktionstag an 50 Orten weltweit statt. In Redebeiträgen und auf Plakaten bezeichnen die Klimaschutzbewegten das Verhalten der transnationalen Öl- und Gaskonzerne aus Ländern der nördlichen Hemisphäre – wie Shell, Repsol, Wintershall und Equinor – als neokolonialistisch. Die Protestierenden kämpfen gegen die Vernichtung von Lebensräumen im globalen Süden.
Eine Botschaft an die Botschaft
Einer der Protestorte war Berlin. Vor der spanischen Botschaft fand eine Kundgebung statt, mit mehreren Redebeiträgen, Musik und Tanzperformance. Eine der Redner*innen las einen Brief an die spanische Botschaft vor, für den das Demonstrationsbündnis Unterschriften einsammelte. In diesem Brief fordern sie die spanische Regierung auf, sie solle vom Unternehmen Repsol verlangen, die Verantwortung für die Ölverseuchung an der peruanischen Küste, und der damit verbundenen Zerstörung von Ökosystemen und Tötung von Tieren zu übernehmen. Der Ölkonzern solle die Kosten der Säuberungsarbeiten übernehmen und Entschädigungszahlungen an die Betroffenen leisten. Das Protestbündnis sieht die spanische Regierung in der Pflicht, das Verhalten landeseigener Firmen im Ausland kritisch zu überprüfen.
Von der spanischen Vertretung aus marschierten die Demonstrierenden zur norwegischen Botschaft, um die Pläne des norwegischen Konzerns Equinor für Tiefseebohrungen und Fracking in Argentinien zu kritisieren, und danach über das Brandenburger Tor zur Abschlusskundgebung vor der Vertretung der EU-Kommission.
Bemerkenswert war die Vielfalt an Initiativen, die sich an diesem Protesttag versammelt hatten. Die Vernetzung ging über Nationen, Generationen und Gruppen hinweg: Neben der peruanischen Community waren unter anderem die Frauenkollektive MigrArte Perú, La Primera Vértebra und Trenzando Fuerzas dabei, aber auch Movimiento Wiphala Alemania, Fridays for Future, Parents for Future, Extinction Rebellion, Ende Gelände und Omas for Future.