14.09.2018
Wetter ist nicht Klima aber das Klima beeinflusst das Wetter
Am 4. September 2018 veröffentlichte Kate Marvel einen Artikel in "Scientific American". Kate Marvel ist Klimawissenschaftlerin an der Columbia University und dem NASA Goddard Institute for Space Studies. Sie promovierte in theoretischer Physik an der Cambridge University und arbeitete an der Stanford University, der Carnegie Institution und dem Lawrence Livermore National Laboratory.
Lassen Sie sich nicht täuschen: Wetter ist nicht Klima
Aber das Klima beeinflusst das Wetter
Ich werde jetzt etwas Kontroverses sagen. Als Klimawissenschaftler prognostiziere ich einen anhaltenden, spürbaren und starken Abkühlungstrend auf der gesamten nördlichen Hemisphäre. Die Kälte wird bald einsetzen, wenn es nicht bereits geschehen ist. Der Trend wird zumindest bis zum Ende des Jahres anhalten. Einige Regionen werden Frost bekommen, es wird schneien, und Klimawandelleugner werden sich freuen. Die Ursache ist ein Phänomen, das zwar mysteriös ist, aber der Wissenschaft bekannt ist. Wir nennen es "Winter".
Ich werde nicht betrübt sein, wenn das Ende dieses Sommers gekommen ist. Es war brutal: Hitzewellen in London und Tokio, sengende Temperaturen und schmelzender Permafrost in der Arktis, Waldbrände in Kalifornien und Griechenland. In einer Stadt im Oman herrschten nachts Temperaturen von über 42 °C. Ich frage mich, ob dies das Jahr sein könnte, in dem die Welt endlich in der Realität des Klimawandels aufwacht. Und dann erinnere ich mich an letzten Sommer, als der Hurrikane Houston überflutete und Puerto Rico und die Virgin Islands verwüstete. Und das Jahr zuvor: das heißeste jemals registrierte. Hier geschieht eindeutig etwas. Ich denke, wenn wir darüber reden, müssen wir vier Dinge im Auge behalten.
Wetter ist nicht gleich Klima
Wie Marshall Shepherd es brillant ausdrückte: "Wetter ist Deine Stimmung, Klima Deine Persönlichkeit." Das Wetter ist kurzfristig und lässt sich nicht weit im Voraus vorhersagen. Ich habe keine Ahnung, wie das Wetter in New York City am 20. Januar 2021 sein wird. Aber ich bin ziemlich zuversichtlich, dass es kühl wird, denn die Winter in New York sind kalt. Das Klima ist nur das durchschnittliche Wetter über eine lange Zeit. Ein herrlich warmer Januartag lässt New York nicht zu einem Winterurlaubsparadies werden und ein kalter Tag, Monat oder sogar ein kaltes Jahr bedeutet nicht, dass sich das Klima nicht erwärmt.
Das Wetter wird durch das Klima beeinflusst
Aus diesem Grund sind viele Menschen nervös, wenn sie über extreme Wetterereignisse in einem klimatischen Kontext sprechen. Aber ein sich änderndes Klima kann das Wetter "aufladen" und bestimmte Arten von Extremereignissen wahrscheinlicher machen. Ein Beispiel: Die Wasserdampfmenge, welche die Atmosphäre aufnehmen kann, steigt mit der Temperatur. Erhitzen Sie es um 1° C so steigt der Feuchtigkeitsgehalt um etwa 3 Prozent. Das Ergebnis sind intensivere Regenfälle. Ebenso treten Hitzewellen häufiger auf, wenn der Planet als Ganzes wärmer wird.
Ist ein sintflutartiger Sturm oder eine schlimme Hitzewelle, ein Beweis dafür, dass der Klimawandel stattfindet? Natürlich nicht. Jedoch sprechen zahlreiche langfristige Beweislinien dafür. Denn der Klimawandel wird starke Niederschläge noch intensiver und Hitzewellen heißer und häufiger werden lassen. Es ist vernünftig zu vermuten, dass der Klimawandel bei den jüngsten Ereignissen eine Rolle spielt.
Stellen Sie die richtige Frage!
Lance Armstrong ist sehr gut darin, Fahrrad zu fahren. Sogar völlig sauber, würde er viele Rennen gewinnen. Es ist sogar nicht einmal unvorstellbar, dass er siebenmal die Tour de France gewonnen haben könnte. Aber wir wissen, dass er gedopt hat, und vor allem wissen wir, was Doping bewirkt. Deshalb sind wir überzeugt, dass es richtig war, ihm seine Titel abzuerkennen.
Wenn ein Athlet positiv auf eine verbotene Substanz getestet wird, versuchen wir nicht genau herauszufinden, welche Platzierung er erreicht hätte, wenn er sauber an den Start gegangen wäre. Wir versuchen nicht herauszufinden, ob er am Ende den einen oder anderen Titel behalten darf oder auf den dritten oder neunten oder sechzigsten Platz herabgestuft wird. Auch wenn wir vielleicht eine statistische Analyse zu jedem einzelnen Wettkampf durchführen könnten, sind wir uns einig, dass dies nicht die richtige Frage wäre.
Genauso verhält es sich mit Klima und Wetter. Hurrikanes, Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren sind schon einmal passiert und würden wieder passieren, auch wenn es keine Menschen gäbe. Wir können und wollen mit ausgeklügelten Statistiken das erhöhte Risiko dieser Ereignisse in einem sich erwärmenden Klima berechnen. Aber "wäre das ohne den Klimawandel passiert?" ist selten eine Ja-oder-Nein-Frage. Stattdessen sollten wir uns fragen, was wir mit dem Klima machen. Denn wenn immer häufiger Wetterrekorde gebrochen werden, sollte man den Verdacht haben, dass es sich um Doping handelt.
Es ist nie nur das Klima
Extreme Ereignisse spielen auf einem leeren Planeten keine Rolle, und der Klimawandel findet in einer unberührten Welt nicht statt. Es ist unsere Präsenz, die Wetterereignisse in Katastrophen verwandelt. Und unser Tun ist komplex. Der Klimawandel wird zu mehr Waldbränden führen, aber auch die Art und Weise, wie wir Land bewirtschaften, trägt erheblich zu ihrer Schwere bei. Erwärmte Meeresoberflächentemperaturen können stärkere Hurrikane antreiben, aber wo wir uns entscheiden zu leben und zu bauen, wird ebenso den Schaden mitbestimmen, den sie verursachen.
Der Klimawandel findet in der Welt statt, die wir erschaffen. Es ist ein komplexer Ort, der von mächtigen politischen, demographischen und wirtschaftlichen Kräften geprägt ist. Der Klimawandel ist fast nie der einzige Faktor, der zu den Kosten von Naturkatastrophen beiträgt. Aber das bedeutet nicht, dass es keine Rolle spielt.
Wenn also dieser Sommer auf der Nordhalbkugel in den Winter übergeht, sollten Sie an die armen Klimawissenschaftler denken, die wieder einmal sinkenden Temperaturen erklären müssen, um Verwandte und unaufrichtige Politiker zu überlisten. Aber was noch wichtiger ist, denken Sie an die Feuer und Hitzewellen und Dürren dieses wütenden Sommers. Sie sind ein Zeichen dafür, dass Dinge noch kommen werden.
Wir haben den Text für Sie frei übersetzt, lesen Sie hier das Original.