31.01.2020
Wasserstoffwirtschaft - nur mit Erneuerbaren!
Kommentar von Heinz Wraneschitz
Wasserstoff wird momentan hochgejubelt, auf Neudeutsch „gehypt“. H2 gilt vielen als die einzig wahre Lösung aller Energie- und Klimaprobleme. Hauptargument: Bei der Nutzung des Energiegases, ob in Brennstoffzellen oder in Motoren entsteht nur Wasser, sonst nichts. Vor allem aber: Kein klimaschädliches CO2. Und so schießen allerorten Pläne für Wasserstoffregionen aus dem Boden. Erst letzte Woche habe ich bei DGS-News berichtet: Andreas Scheuer (CSU) will unser Land zum „HyLand“ machen. Kurz vor Weihnachten 2019 hat der Bundesverkehrsminister 16 Wasserstoffregionen in Deutschland gekürt. Und Bayern fühlt sich eh schon als Wasserstoffland.
Erst dieser Tage hat die „Lebensraum Tirol Holding“ eine für das österreichische Bundesland beschlossene Wasserstoffstrategie präsentiert. Aber natürlich sind auch die Lausitz, die Stadt Köln nebst dem Rheinland, der Landkreis Schaumburg, ja sogar ganz Mitteldeutschland Wasserstoffregionen. Aber ist dank H2 wirklich gleich alles „H2-Well“, wie das Kürzel dieser „Wasserstoffquell- und Wertschöpfungsregion Main-Elbe-LINK, der Region zwischen Thüringen, dem südlichen Sachsen-Anhalt und Nordfranken“ suggeriert?
Vielleicht ist es ganz hilfreich, dass die Suchmaschine duckduckgo als ersten (Werbe-)Begriff „Potenzstörung behoben“ anzeigt, wenn man nach Wasserstoffregion“ sucht. Tatsächlich wirkt es in vielen Fällen wie rein testosterongesteuerte Werbung, Schau, Reklame, was da als saubere Wasserstoffregion verkauft werden soll. Denn zwar steht fast immer „CO2-frei“ drauf auf der Webseite. Doch woher der Energieträger Wasserstoff kommt, ist oft nicht klar und vielen gar schnurzpiepegal.
Der Kölner „HyCologne“-Planer Albrecht Möllmann erklärt sogar ausdrücklich: „Wir haben sehr früh die einmalige Situation in der Region erkannt, dass in der Chemischen Industrie vor Ort Wasserstoff als Nebenprodukt zur Verfügung steht.“ Und weiter – Zaunpfahl-mäßig: „Mit Shell ist ein internationales Unternehmen in der Region zuhause, das sich Wasserstoffnutzung auf die Fahnen geschrieben hat.“ Wer es nicht weiß: Die Europäischen Union finanziert Shells „weltweit größte Wasserstoffelektrolyse-Anlage am Standort Wesseling“ kräftig mit. Direkt daneben: Ein Gaskraftwerk zur Stromerzeugung. Und dann wird bei den Kölnern von „emissionsfreien Bussen, H2-Verbrennungsmotoren, Brennstoffzellen“ gejubelt.
Doch es darf nicht nur um die faktisch CO2-freie Verwendung von H2 gehen. Nein! Wir müssen auch über Wirkungsgrade reden. Denn sowohl bei der Elektrolyse als auch bei der Nutzung von H2 in Brennstoffzellen und - noch problematischer – in Verbrennungsmotoren bleiben die massiven Verluste oft außen vor. Meist wird auf dieses Thema nicht eingegangen. Und nicht zuletzt – oder eigentlich zuerst: Wir müssen die umweltverträgliche Erzeugung von Wasserstoff sicherstellen. Und die geht eben NUR mit Erneuerbaren Energien.
Allen, die jetzt sofort „Umwelt-Verräter“ schreien sei klar gesagt: Ich habe überhaupt nichts gegen Wasserstoff. Denn ich bin dafür, dass jegliche saubere Energietechnik unverkrampft betrachtet und weiterentwickelt werden kann. Mit einer Einschränkung: Die Technik muss in der breiten Anwendung nachhaltig sein. Womit natürlich alle fossilen Brennstoffe außen vor sind, genauso wie Kernenergie. Meine Ablehnung gilt deshalb auch für Wasserstoff, der aus Erdgas reformiert oder sonst irgendwie umwelt-unverträglich gewonnen wird.
Und deshalb nützt es auch wenig, wenn die Bundesrepublik, das Land Nordrhein-Westfalen und die Niederlande im HY3-Projekt gemeinsam eine „Machbarkeitsstudie für Möglichkeiten zur großtechnischen Herstellung von grünem Wasserstoff“ in Auftrag geben: Es hilft nur der massive Ausbau der Erneuerbaren Stromerzeugung. Allein mit Überschuss-Ökostrom ist die Wasserstofferzeugung nachhaltig.