27.03.2020
Corona: Wege aus der Wirtschaftskrise
Die Corona-Krise ist bei weitem nicht nur, aber eben auch eine Wirtschaftskrise, von der noch niemand weiß, wie lange sie dauern wird. Wenn wir nach Auskunft der Epidemiologen eine Durchseuchung von über 60 % der Bevölkerung (= 50 Mio. Einwohner in D) benötigen, damit die Epidemie von selbst zum Stoppen kommt, dann brauchten wir, um eine Durchseuchung („Herden-Immunität“) innerhalb eines Jahres zu erreichen, dazu eine durchschnittliche tägliche Neuinfektionsrate von rund 140.000 Menschen – das hält das Gesundheitssystem nicht aus.
Wenn wir eine durchschnittliche tägliche Neuinfektionsrate von ca. 5.000 Personen hätten – wie derzeit etwa Italien, -- dann bräuchte man knapp 30 Jahre für eine wirkungsvolle Durchseuchung Deutschlands, und das hielte unsere Volkswirtschaft nicht aus. Es bleibt nur die Hoffnung auf die baldige Entwicklung antiviraler Medikamente.
Doch schon jetzt, kurze Zeit nach Beginn der Corona-Epidemie, befinden wir uns in einer gigantischen Wirtschaftskrise: Fabriken fahren ihre Produktion herunter, Läden müssen schließen, die Tourimuswirtschaft liegt danieder, der Konsum bricht ein, Arbeitnehmer bangen um ihren Arbeitsplatz, Gewerbetreibende um die Existenz ihres Unternehmens, Freiberufler fürchten das leere Bankkonto, Vermieter die ausfallenden Mieten, verschuldete Bürger die Privatinsolvenz. Dazu kommt, dass sich Deutschland und die Weltwirtschaft schon vor dem Auftreten von Covid-19 in einer beginnenden Rezession befanden. In der Corona-Krise braucht die Wirtschaft staatliche Rettungsschirme in Form von Finanzhilfen ebenso dringend wie die Schwersterkrankten die Beatmungsgeräte. Schon am vergangenen Wochenende hatte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder Pi-mal-Daumen vom Bund ein 100 bis 150 Mrd. Euro teures Hilfspaket gefordert; jetzt zum Ende der Woche plant die Bundesregierung bereits Hilfen vom mehreren 100 Mrd. Euro in ihrem Corona-Notpaket ein. Doch selbst das wird nie und nimmer reichen, wenn die Pandemie zwei Jahre oder länger dauert, wie der Berliner Virologe Christian Drosten befürchtet.
Woher soll all‘ das Geld kommen, wenn man den staatlichen Rettungsschirm über einen längeren Zeitraum aufspannen muss? Auch eine Bundesregierung hat zur Finanzierung neuer Aufgaben grundsätzlich nicht viel mehr Möglichkeiten als Bürger, und diese Möglichkeiten bestehen vor allem in der Alternative zwischen „Neuverschuldung“ und „Sparen“. Die deutsche Bundesregierung hat sich in einem ersten Akt zum „Neue Schulden machen“ entschieden, und daher die Schuldenbremse des Grundgesetzes erst einmal außer Kraft gesetzt. Mag das wegen der schnellen Umsetzbarkeit auch nahe liegen, so kann es doch wegen der zunehmend einbrechenden Steuereinnahmen und der Generationengerechtigkeit keine Dauerlösung sein: Denn unsere Schulden wird irgendwann die „Generation Greta“ zurückzahlen müssen, die wir jetzt schon mit einem zunehmend destabilisierten Erdklima für alle Zeiten knechten.
Bei der Alternative „Sparen“ gibt es teilweise sehr merkwürdige Vorschläge, so u.a. von einem Autoredakteur des Magazins Focus, der offensichtlich zugleich „Fachmann“ für Wirtschafts- und Umweltpolitik ist, und fordert, die EU solle sich ihren „Öko-Luxus“ in Form von CO2-Strafen für ständig verfehlte CO2-Autofottenziele, von Dieselfahrverboten etc. als spätrömisch-dekadent sparen. Abgesehen von der blamablen Situation, dass die Bundesregierung ihren selbst auferlegten CO2-Zielen nur gerade mal mit Hilfe einer Jahrhundert-Pandemie nahe kam, gibt es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen zunehmender Umweltzerstörung und stärkerer Verbreitung von Epidemien. Vorschläge im Stil eines Mantafahrers-im-Geiste helfen da nicht weiter.
Sparen ist dann wirkungsvoll, wenn man sich die größten Ausgaben-Posten ansieht; bei einer Volkswirtschaft bedeutet das zu schauen, wo die größten Summen ins Ausland abfließen, wofür das meiste Geld ausgegeben wird, und dies evtl. völlig überflüssig und unsinnig ist. In der deutschen Außenhandelsbilanz existiert vor allem ein Posten, der in diesem Umfang dort nur aus ideologischen Gründen steht, und eigentlich in seiner Größe völlig überflüssig ist: der Import von fossilen Energien sowie einzelnen, angeblich regenerativen Energieformen (Palmöl). Über 60 Mrd. Euro geben wir für Energieimporte aus – jährlich, und auch nur so lange, wie die Energiepreise nicht wieder steigen. Und das alles nur, weil diese Bundesregierung im Interesse von großen Energie-, Finanz- und Autokonzernen, Gewerkschaften sowie deren aller Lobbyisten am fossilen Pfad festhalten will. Mehr noch: die Bundesregierung möchte diesen Pfad sogar noch ausbauen, mit LNG-Terminals in Norddeutschland sowie der neuen Gasleitung Nordstream 2 für russisches Erdgas. Dabei sind wir schon jetzt – die klima- und landschaftszerstörende Braunkohle einmal ausgenommen – völlig abhängig von den ausländischen Lieferanten der Fossil-Energien: bei Steinkohle zu 88 %, bei Gas zu 96 %, bei Mineralöl zu 97 %, und bei Uran zu 100 %.(S.13) Und wo landen all‘ die Milliarden, die wir jährlich gemäß der Fossil-Ideologie unserer Regierung ins Ausland transferieren? Zum großen Teil bei russischen Kleptokraten und Oligarchen, bei Länder verwüstenden US-Kohlekonzernen, und bei Terrorfinanziers am Persischen Golf!
Dabei geht es auch ganz anders: wir können unseren Strom mit Windkraft, Photovoltaik, Wasserkraft und Biogas selbst machen, unsere Wärme mit Wärmepumpen, Freiflächen-Solarthermie-Anlagen und den Kollektoren auf dem Dach erzeugen und unsere Fahrzeuge auf Elektromobilität umstellen – immerhin hat nach Analyse der Unternehmensberatung McKinsey mehr als die Hälfte der Autokäufer ein E-Auto bereits in Erwägung gezogen.
Wenn die Regierung ihre ideologische Borniertheit ablegen würde, wären die Abschaffung des 52-GW-Deckels, die Aufhebung des „atmenden“ Deckels sowie die Beerdigung der völlig unsinnigen 1.000-Meter-Abstand-Diskussion für Windkraftanlagen ein richtiger, erster Schritt in Richtung auf ein regeneratives Energiesystem. Dieser und weitere entsprechende Schritte könnten tausende von dringend benötigten Arbeitsplätzen schaffen. Sie würden sofort der Umwelt wie dem Klima helfen, und so künftige Kosten für die Schadensbegrenzung vermeiden. Und sie könnten den Abfluss von großen Geldmengen ins Ausland stoppen – Gelder, die wir hier dringend für die Bewältigung der Corona-Krise benötigen.
Götz Warnke