30.04.2021
Die Wärmewende kommt auf leisen Sohlen
Ein Bericht von Matthias Hüttmann
31. Symposium Solarthermie und Innovative Wärmesysteme: Vor ziemlich genau einem Jahr hatten wir es an dieser Stelle schon geschrieben. Unter der Überschrift „Heimlicher Solarwärmeboom im Schatten des Virus“ berichteten wir darüber und formulierten vorsichtig und spekulativ. Denn damals erfuhren wir aus gut informierten Kreisen, dass die Auftragslage bei der solaren Wärme überdurchschnittlich gut zu sein schien. Teilweise lag die Bestellrate schon zu diesem Zeitpunkt bei einem Vielfachen der sonst üblichen Menge. Heute kann man konstatieren: Es war kein Strohfeuer!
Wir hatten damals überlegt, ob es auch damit zu tun haben könnte, dass die Kunden in ihrem „Hausbüro“ mehr Zeit zum Nachdenken haben. Denn, so unsere steile These: Sinnt der ein oder andere vorausschauender als üblich und sieht eine Wirtschaftskrise schon am Horizont nahen, könnte das verstärkt zu Autarkieüberlegungen und dem Wunsch nach Vermögenserhalt führen. Aber ebenso hatten wir natürlich die geänderte Förderung im Blick.
Was bereits vielversprechend klang, war damals noch Zukunftsmusik und ist heute Realität: Es gibt tatsächlich eine CO2-Abgabe auf fossile Energien. An der Tankstelle hat das jetzt bei den meisten bereits zu einem Aha-Erlebnis geführt. Ganz nach dem Motto: „Marmor, Stein und Eisen bricht - alle Kosten werden steigen, nur die Solarthermie nicht.“
Das schon ein wenig Tragische dabei: Wegen derselben Umstände wie 2020 gab es auch dieses Jahr leider kein physisches „Symposium Solarthermie und Innovative Wärmesysteme“. Das ist wirklich besonders schade. Ausgerechnet jetzt, da es endlich etwas gemeinsam zu feiern gegeben hätte, geht das nur am Bildschirm. All die Jahre der Stagnation, nicht zu sagen Depression, diskutierten die Teilnehmer auf den Fluren und im klösterlichen Bierstüberl. Immer mit der Überzeugung, dass die Technologie der solaren Wärme doch so vorteilhaft sei, aber es leider nicht gelingt, die Botschaft in der Breite zu tragen. Auch wenn es sehr gut war – und auch am heutigen Freitag sicher noch sein wird - das zweite Online-Symposium ist hoffentlich trotzdem das letzte seiner digitalen Art. Denn was nutzt es, sich fachlich auszutauschen, wenn der persönliche Kontakt nur virtuell stattfindet. Das ist natürlich auch dem Veranstalter Conexio bewusst. So hat er sich im Vorfeld offensichtlich sehr viel Gedanken gemacht und eine neue Plattform präsentiert, bei der man sich auch, fast wie im richtigen Leben, in Grüppchen gesellen kann, um miteinander zu reden. Dabei sieht jede*r jede*n, man kann sich flugs zu jemand anderem wechseln oder wird spontan von jemanden angesprochen, sollte man zu lange alleine herumzustehen. Aber es ist auch schon wieder irgendwie drollig, wenn Technologie versucht, so etwas wie Netzwerken abzubilden. Es macht Spaß und funktioniert gut. Es ist aber letztendlich doch nur eine zweidimensionale Abbildung.
Zurück zum Titel: Die Zuwächse der Solarthermiebranche sind auch 2021 nach wie vor enorm. Nach dem Boomjahr 2020 ist der Absatz an Solarkollektoren auch im ersten Quartal 2021 um 23 Prozent angestiegen, das zumindest meldet die Heizungstechnikbranche, sprich der BDH gleich zu Beginn des Symposiums. Dieser Umsatz entspricht im Übrigen einer Leistung von mehr als 90 MW. Somit liegt man in etwa im gleichen Bereich wie 2020, als bei einem Zuwachs von 26 Prozent über das Jahr hinweg rund 450 MW installiert wurden. Von Seiten des BDH sieht man vor allem die verbesserte Förderung als maßgeblichen Grund. Insgesamt, das ist im Übrigen auch eine positive Entwicklung, hat die Modernisierung der Heizungen stark an Fahrt gewonnen. Wenn auch meistens nur Kessel installiert wurden, die zwar „Renewable Ready“ sind, aber tatsächlich - um in dem Terminus zu bleiben- „Renewableless“.
Die Hoffnung ist groß, dass der Aufschwung länger anhalten wird. Ein Zugpferd könnte dabei die zum 1. Januar 2021 in Kraft getretene „Bundesförderung für effiziente Gebäude - (BEG EM)“ sein. Sie ersetzt die bisherigen Programme „Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energien im Wärmemarkt (MAP), das Anreizprogramm Energieeffizienz (APEE), das Heizungsoptimierungsprogramm (HZO) und die Förderung von Einzelmaßnahmen im KfW-Programm „Energieeffizient Sanieren“. Im BEG EM werden Anschaffungskosten, die Ausgaben für die Installation und Inbetriebnahme sowie Ausgaben für notwendige „Umfeldmaßnahmen“ bezuschusst, bei Solarkollektoranlagen sind das 30 %. Beim gleichzeitigen Austausch einer alten Ölheizung erhöht sich die Förderung um weitere 10 Prozent. Erfolgt der Einbau der förderfähigen Heizungsanlagen im Rahmen einer Sanierungsmaßnahme als Teil eines geförderten individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP), erhöht sich die Förderquote nochmals um 5% Prozent. Das Ganze soll aber sogar noch besser werden, allerdings erst wenn die kommenden Koalitionsverhandlungen dies auch ermöglichen. So könnten gar Betriebskostenzuschüsse bezahlt werden. Eine entsprechende Richtlinie ist in der Entwurfsphase.
Das ist alles sehr erfreulich, war jedoch auch mehr als dringend nötig. Zu lange wurde von den Potentialen gesprochen. Was wir gerade sehen - das muss leider auch deutlich gesagt werden-, ist nur ein erstes laues Lüftchen. Das machte der BSW auch deutlich, indem er betonte: Es könne eben nicht alles mit Elektrizität gemacht werden, und dass das aktuelle Wachstum der Solarthermie bei weitem nicht ausreiche, um den Klimazielen gerecht zu werden. Der Einschätzung von BSW-Geschäftsführer Carsten Körnig nach müsse die installierte Kollektorfläche bis 2030 vielmehr auf 45 GW verdreifacht werden. Dafür sei ein Anstieg der jährlich installierten Leistung auf das sieben- bis achtfache nötig, die aktuell etwa 25 Prozent sind nach wie vor viel zu wenig.
Fazit
Über das Symposium selbst zu berichten ist müßig: Zu vielfältig waren auch diesmal die Themen, um sie alle aufzuzählen. Nur dies: Es wurde sehr viel über Fernwärmenetze, Prozesswärme und Solarwärme für Heizwerke gesprochen. Aber auch PVT- (Photovoltaik-Thermie-Kombi-)Kollektoren werden immer mehr zum Thema. Ein Trend scheint klar: Solarthermie rückt wieder mehr in den Vordergrund, aber nicht unbedingt dort, wo man sie auf den ersten Blick erwartet. Stadtwerke und Wohnungsbaugenossenschaften, aber auch die Industrie scheinen hier deutlich weiter zu sein, als so mancher Einfamilienhausbesitzer. Vielleicht liegt es auch daran, dass dort genauer gerechnet wird.