19.05.2017
Mantelverordnung über gemeinsame Ausschreibungen von PV und Wind beschlossen
„Aus guten Gründen hat sich die Bundesregierung bisher für technologiespezifische Ausschreibungen entschieden, wie wir sie im EEG geregelt haben. Das erhöht die Versorgungssicherheit und sorgt für eine bessere regionale Verteilung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien. Dennoch wollen wir mit einem Pilotvorhaben praktische Erfahrungen mit einer technologieübergreifenden Ausschreibung sammeln.“ Das Ergebnis werde man evaluieren und daraus Schlüsse für die weitere Entwicklung der Ausschreibungen ziehen, erklärte Rainer Baake, Staatsekretär im Bundeswirtschaftsministerium den Vorstoß aus seinem Haus, und bemüht sich gar nicht erst, den darin liegenden Widerspruch weg reden zu wollen: Obwohl technologiespezifische, also getrennte Ausschreibungen von PV und Wind „gut für die Versorgungssicherheit“ sind, wolle man trotzdem mit dem Feuer, beide Technologien gegeneinander auszuspielen, hantieren. Das Bundeskabinett hat am 17. Mai 2017 nun einen diesbezüglichen Entwurf einer Mantelverordnung zur „Einführung gemeinsamer Ausschreibungen von Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen an Land“ verabschiedet. In Kraft treten soll vorerst ein Pilotverfahren mit einem Ausschreibungsvolumen von insgesamt 400 Megawatt im kommenden Jahr. Sie sollen bis 2020 laufen.
Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) lehnt gemeinsame Ausschreibungen hingegen ab. Die Verordnung schaffe keine fairen Wettbewerbsbedingungen. „Sinnvoller wäre es, ergänzend zu technologiespezifischen Ausschreibungen die Kombination verschiedener Erneuerbaren-Technologien auf geeignete Weise anzureizen“, kontert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW, in einem Gespräch mit dem pv magazine noch am gleichen Tag. Demgegenüber begrüßt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) den Kabinettsbeschluss. Er stärke den Wettbewerb und erhöhe den Anreiz, Kostensenkungspotenziale zu erschließen. Gemeint ist damit nicht der Wettbewerb zwischen dem Ökostrom und den Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken, sondern die Idee, die Erneuerbaren in Konkurrenz zueinander zu bringen.
Was steckt nun hinter diesen Positionen, da sich ja beide mit dem Etikett Energiewendefreunde schmücken und doch gegensätzliche Ansätze vertreten? Wem nützt eine Konkurrenzsituation zwischen PV und Wind? Für die fossile Stromerzeugung scheint das recht leicht zu beantworten, sie wird mehr und mehr vom Ökostrom und der Forderung einer Dekarbonisierung an die Wand gedrückt und sieht es als Entlastung an, wenn die Erneuerbaren sich untereinander bekriegen würden. Will man den Gegenvorschlag des BSW verstehen, stattdessen erneuerbare Verbundlösungen zu fördern, muss man den technologischen Entwicklungsstand der Erneuerbaren betrachten.
Nach einer ersten, erfolgreichen Phase der Entwicklung der einzelnen EE-Technologien von Wind, PV, Solarthermie, Wärmepumpen und Speichern führt der weitere Weg zur Kombination dieser bisher singulären Lösungen. Man spricht von Hybridisierung oder Verbundlösungen. Dieser auch in anderen Industrien zu beobachtende Trend hat als Treiber die Informations- und Kommunikationstechnologien; sie sind das Bindeglied und der Kit zwischen den Singulärtechnologien. Als Beispiel wird gerne das Smartphone genannt, das ehemals singuläre Anwendungen in einem einzigen Gerät zusammenfasst und eine kleine technologische Revolution erzeugt hat.
Im Wärmebereich sind Hybride schon seit Jahren Stand der Technik, obwohl vielfach noch fossile Komponenten dabei ihren Platz behaupten. Auch wenn z.B. die Bivalenz von Gaskessel und Solarthermie - ein Terminus Technikus der den gleichen Tatbestand ausdrückt - heute im Sinne des Klimaschutzes als nicht mehr ausreichend erscheint, zeigen neue Kombinationen mit Wärmepumpen, Speichern und Solarthermie, dass rein regenerative Verbundlösungen die Erneuerbaren auf eine neue qualitative Ebene anheben. Das Beispiel aus dem Wärmebereich in den Stromsektor übertragen, zeigt, dass die Verbindung von PV, Wind und elektrischen Speichern in der Lage ist, die natürlichen Fluktuationen der Erneuerbaren zu überwinden. Damit liefert der Verbundansatz die Lösung für eine konstante und stabile EE-Stromversorgung. Er liefert zugleich den Schlüssel für die vielbeschworene Dezentralität, sowie die Grundlage für die Sektorkopplung auf rein erneuerbarer Basis.
Zusammengefasst könnte man sagen, dass es kein Zufall ist, wenn sich die Geister an der Frage einer Kombination der Erneuerbaren scheiden. Auch wenn Manchem in der Bürgerenergiebewegung die Bedeutung dieses Meilensteins vielleicht noch nicht ganz klar sein mag, das „fossile Imperium“, um mit Claudia Kemfert zu sprechen, hat dies offenbar sehr wohl verstanden und versucht die Entwicklung der Erneuerbaren hier ein weiteres Mal zu behindern. Wenn Rainer Baake die neue Mantelverordnung als Experiment abtut, so muss man dem entgegenhalten, dass es sich um einen Versuch handelt, wie man die technologische Entwicklung mit politischen Mitteln abwürgen könnte. Ein Spiel mit dem Feuer.
Neuster Knaller des BMWi: Gemeinsame Ausschreibungen von Photovoltaik und Windkraft, DGS News vom 17.03.2017
Pressemitteilung des BMWi vom 17.05.2017 zur Mantelverordnung gemeinsamen Ausschreibungen