25.08.2017
Die DGS Sprachprüfsteine
Die Solargemeinde und die Bürgerenergie brauchen eine neue sprachliche Identität: Vielen Solarfreunden erschienen im Jahr 2011 die Regierungsbeschlüsse zur Energiewende als ein Meilenstein auf dem Weg zur endgültigen Durchsetzung der Erneuerbaren. Der jahrzehntelange Kampf schien von Erfolg gekrönt, nun würde Kanzlerin Merkel nicht nur die Atommeiler abschalten, sondern der gesamten Kohleverstromung den Rest geben. Doch das Gegenteil trat ein. An die verbale Zusicherung des „Ja zur Energiewende“ wurde ein „aber“ geknüpft, welches eine schleichende Umwertung einleitete, welche die politische Offensive zur Eingrenzung der Erneuerbaren tarnen sollte. Eröffnet wurde dieser „Wertewandel in der Energiewende“ mit einem Reigen neuer Wortschöpfungen, die dem positiven Begriff der Energiewende jeweils eine zweifelhafte Eigenschaft anhängten.
Spezialist war der damalige Umweltminister Altmaier, der zu Beginn des Jahres 2014 sagte, „Energiewende ja, aber sie wird zu teuer – wir brauchen eine Strompreisbremse“. Danach kam das „… ja, aber sie dauert zu lange, wir brauchen eine Brückentechnologie“. So ging das über einige Stationen weiter, erinnert sei hier an die „Gefährdung der Netzstabilität“ durch die Fluktuation der Erneuerbaren, der mit Netzausbau und Flexibilisierung des Verbrauchs (Demandside-Management) begegnet werden müsse. Der saubere Diesel und die Energieeffizienz gehören ebenfalls zu diesen zielgerichteten Wortschöpfungen. Den Höhepunkt dieser von vielen gar nicht so wahrgenommenen Unterwanderungskampagne zelebrierte die Kanzlerin persönlich auf dem Neujahrsempfang des Bundesverbandes Erneuerbare im Januar 2015. Der Ausbau von Solar- und Windenergie ginge zu heftig und schnell, die Energiewende brauche eine „Atempause“.
Initiative für ein solares Wording
Inzwischen hat sich die Erkenntnis breit gemacht, dass die „alten“ fossilen Energien und die Klimaskeptiker auf Frontalangriff geschaltet haben und die vollständige Ausbeutung aller bekannter fossilen Ressourcen im laufenden Jahrhundert anstreben. Aus Sicht der Erneuerbaren ist das eine Niederlage, die zu einer grundlegenden Neuorientierung führen muss. Diese wird sich nicht aus dem Ärmel schütteln lassen, aber einzelne Elemente lassen sich heute bereits entwickeln. Die DGS, in der bereits länger über das Thema Sprache und Metaphern diskutiert wird, möchte einen der ersten Beitrag leisten und für sprachliche Klarheit zwischen Befürwortern und Gegnern der Erneuerbaren sorgen. Wir wissen, Sprache drückt Denken aus. Begriffe sind Eckpfeiler unseres Denkens. Uns sind von der Gegenseite viele Begriffe geklaut und verdreht worden. Dies waren bzw. sind, dass sie ohne Probleme gelang, weil viele meist so wertneutral mit andern Inhalten gefüllt und umfunktioniert werden konnten. Um uns neu zu orientieren, brauchen alle, die „Solar für alle und für immer“ wollen, eine gemeinsame Sprache.
Um unser gegenwärtiges Dilemma zu verdeutlichen, hier einige prominente Beispiele:
- Energiewende – wohin soll die Wende führen und wer bestimmt?
- Energetische Sanierung – mit welcher Energie und warum sanieren?
- Energieeffizienz – welche Technik soll effizienter werden?
- Zielt Energieeffizienz auf Erzeugung oder Verbrauch?
- Wärmewende – zu Solar oder effizienter Verbrennungstechnik?
- Sektorkopplung – auf Basis von Kohlestrom und Elektroheizungen?
- E-Mobilität – mit Kohlestrom?
- Netzausbau – Stromautobahnen oder dezentral in Verteilnetzen?
- Klimawandel – Ist es nicht eine Klimakrise?
Es gilt für unsere zukünftige Ausdrucksweise eindeutige Begriffe zu finden und zu verwenden, die unser Anliegen klar und parteiisch ausdrücken und eine klare und unveränderbare Assoziation weckt. Und sie muss mit einer positiven Wertigkeit verbunden sein. Man könnte auch sagen, wir brauchen eine neue Medienkompetenz. Beispiele für alternative Metaphern, welche diese Ansprüche erfüllen und von uns vorgeschlagen werden:
- Alle reden von Wärmewende, wir wollen die Solare Modernisierung
- Den Begriff Energiewende wollen wir durch Solarisierung ersetzen
- Statt Elektromobilität wollen wir emissionsfreie Mobilität
- Anstelle von Hybridlösungen das Aus der Verbrennungstechnologie
- Solarisierung von Wirtschaft und Gesellschaft statt Sektorkopplung.
Sprachprüfsteine zielen über die Wahlen hinaus
Der Vorschlag der DGS für Sprachprüfsteine ist nicht zu verwechseln mit Wahlprüfsteinen, die sich an wahlkämpfende Politiker richten. Wir wollen über die Zeit des Wahlkampfes hinaus alle Freunde der Solarisierung zum Nachdenken anregen, um zu einer neuen sprachlichen Einheit zu finden. Wir alle wissen, die Erneuerbaren befinden sich auf industriellem Niveau und sind im Einsatz wirtschaftlich. Ihre Entwicklung wird weiter gehen und die Verbrennungstechnologien in absehbarer Zeit ad Absurdum führen. Und außerdem ist die individuelle Energieerzeugung Bürgerrecht und Bürgerfreiheit. Der Maßstab des gesellschaftlichen Fortschritts wird nicht wirtschaftliches Wachstum, sondern der Abbau der Klimagase durch Solarisierung sein. Warum sollen wir das nicht durch unsere Sprache ausdrücken?
Unsere Fragen an die Solargemeinde, ihre Organisationen aber auch Bundestagskandidaten lauten: Wollen Sie...
- künftig von der Solarisierung unserer Gesellschaft sprechen?
- E-Mobility als Emissionsfreie Mobilität propagieren?
- im Wärmesektor die solare Modernisierung fordern?
- solare Standards für Heizen, WW‑Erzeugung und Prozesswärme erreichen?
- Energie oder CO2 einsparen?
- die Infrastruktur solar vernetzen und solar modernisieren?
- gesellschaftlichen Fortschritt am CO2-Abbau messen?
- individuelle Energieerzeugung als Grundrecht und bürgerliche Freiheit einfordern?
- Dekarbonisierung bei Strom, Wärme und Verkehr fordern
Die wichtigsten Antworten werden wir in den DGS News veröffentlichen und hoffen auf eine lebendige Resonanz.
Das Präsidium der DGS