09.06.2023
Schon wieder: Kleine Änderungen im Energierecht
Eine Kurzdarstellung von Jörg Sutter
Erneut werden einige Gesetze in Details geändert, um die Energiewende voranzubringen. Aktuell geht es um kleine Änderungen im EEG, EnFG (Gesetz zur Finanzierung der Energiewende) und dem WindBG, dem Gesetz zur Festlegung von Flächenbedarfen für Windenergieanlagen an Land. Am letzten Tag im Mai versendete das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) eine Formulierungshilfe, eine Woche später (07.06.) sind die Regelungen schon vom Bundekabinett verabschiedet worden.
WindBG
Hier soll kurzfristig der §3 des WindBG geändert werden, welcher die Länderöffnungsklausel enthält. Darauf hatte sich der Koalitionsausschuss am 28. März verständigt. Der §3 regelt die Verpflichtung der Bundesländer bis Ende des Jahres 2027 eine Mindestzahl an Flächen für die Windenergienutzung zur Verfügung zu stellen. Bis Mitte 2024 müssen die Länder auch einmalig berichten, wie weit die Flächenausweisung bis dahin vorangekommen ist. Zukünftig sollen zwei unterschiedliche Zielzahlen erreicht werden, eine bis 2027 und eine bis 2032. Und es wird klargestellt, dass die enthaltenen Termine von den Ländern selbstverständlich auch schon früher erreicht werden können. In der Begründung der Gesetzesänderung findet sich dieser Satz: „Mit der Neufassung des § 3 Absatz 1 Satz 2 WindBG wird in einem zweiten Teilsatz angeordnet, dass im Fall der landesrechtlich erhöhten Flächenziele und vorgezogenen Stichtage diese die in § 3 Absatz 1 Satz 1 WindBG in Verbindung mit der Anlage 1 vorgesehenen Flächenbeitragswerte sowie die in Satz 2, erster Teilsatz WindBG vorgesehenen Stichtage ersetzen“. Herrlich, oder?
EnFG
Hier wird nur eine Anpassung der Härtefallregelung zur Besonderen Ausgleichsregelung an beihilferechtliche Lage (§ 67 Abs. 2 EnFG) vorgenommen. Der bislang geforderte Nachweis der individuellen Stromkostenintensität entfällt nun, weil dies auch in europarechtlichen Vorgaben herausgenommen wurde.
EEG
Beim EEG werden mehrere Änderungen angepackt, je eine ist für Biogas und Wind relevant, eine für Photovoltaik.
- Biogas
Auch für den kommenden Winter soll bei Biogasanlagen für die komplette Bemessungsleistung die Einspeisevergütung nach EEG ausgezahlt werden. Diese Regelung wurde eingeführt, um einer Leistungsbeschränkung im letzten Winter entgegenzuwirken. Die Verlängerung für den kommenden Winter soll verhindern, dass z.B. Biogasanlagen nicht mit der vollen möglichen Leistung betrieben werden. Diese Änderung bedarf nach Verabschiedung auf Bundesebene auch noch der Freigabe der EU-Kommission. - Wind
Windparks werden zum größten Anteil in den formalen Ausschreibeverfahren der Bundesnetzagentur realisiert. Nun sind auch im Windbereich im vergangenen Jahr die Kosten explodiert, so dass derzeit noch bezuschlagte Projekte aus Ausschreibungen von 2021/22 gebaut werden könnten. Rund 5.000 MW Windkraftleistung stehen in der „Warteschleife“, weil der Zuschlag zwar da ist, die Projekte aber zu den damals angegebenen Kosten nicht realisiert werden können. Um zu verhindern, dass diese Projekte gar nicht gebaut werden, sollen diese Zuschläge nun zurückgegeben werden können und die Projekte wieder in aktuelle Ausschreiberunden eingehen. Dann können die höheren Kosten angesetzt werden und hoffentlich ein Großteil der Projekte nach einem neuerlichen Zuschlag in die Umsetzung gehen. - Photovoltaik
Der für uns spannendste Punkt betrifft den § 100 Abs. 14 EEG und das Netzanschlussverfahren im Zusammenhang mit der EU-Notfallverordnung. Die EU-Notfallverordnung wurde im August 2022 verabschiedet, ein möglicher Stopp von russischen Gaslieferungen war der Hintergrund. Hier wurde ein Bündel von Maßnahmen verabschiedet, darunter auch die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für PV-Freiflächenanlagen und eine Genehmigungsfiktion für PV-Anlagen unter 50 kWp.
Hier hat sich schon länger die Frage gestellt, wie und wann diese Regelungen bei uns konkretisiert werden, jetzt werden hier genaue Anforderungen getroffen, die eine schnellere Umsetzung von PV-Anlagen erlauben sollen. Artikel 4 Satz (3) der Notfallverordnung lautet: „Beim Verfahren zur Genehmigungserteilung für die Installation von Solarenergieanlagen, einschließlich für Eigenversorgern im Bereich der erneuerbaren Energien, mit einer Kapazität von höchstens 50 kW gilt die Genehmigung als erteilt, wenn die zuständigen Behörden oder Stellen innerhalb eines Monats nach der Antragstellung keine Antwort übermittelt haben, sofern die Kapazität der Solarenergieanlagen die bestehende Kapazität des Anschlusses an das Verteilernetz nicht übersteigt.“
Jetzt wird der § 100 EEG 2023 um einen Satz 14 ergänzt: „§ 8 Absatz 5 Satz 3 ist auf Netzanschlussbegehren, die ab dem [einsetzen: Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes] und vor dem 1. Juli 2024 für eine oder mehrere Solaranlagen mit einer installierten Leistung von insgesamt höchstens 50 Kilowatt entsprechend anzuwenden, wenn sich diese auf einem Grundstück mit bereits bestehendem Netzanschluss befinden und die insgesamt installierte Leistung an diesem Verknüpfungspunkt die Kapazität des bestehenden Netzanschlusses nicht übersteigt“. Der zitierte §8 Absatz 5 betrifft den Netzanschluss. Netzbetreiber sind verpflichtet, innerhalb von vier Wochen einen Zeitplan und den Ablauf der Bearbeitung an den Bauwilligen weiterzugeben. Bislang gibt: werden diese vier Wochen durch den Netzbetreiber nicht eingehalten, gilt die Anlage als genehmigt und kann erreichtet werden. Die jetzige Neuregelung erhöht hier die Leistungsgrenze: Nicht nur bis 10,8 kWp, sondern zukünftig bis 50 kWp soll diese fiktive Genehmigung gelten.
Problem in der Praxis könnte die Formulierung „die Kapazität des bestehenden Netzanschlusses nicht übersteigt“ sein; das kann ja der Bauwillige ja typischerweise nicht wissen. Außerdem ist diese Aufweitung nur bis zum 1. Juli 2024 begrenzt, also gerade mal für ein Jahr.