28.04.2023
Die PV-Pflicht in Baden-Württemberg richtig umsetzen
Eine Kurzanalyse von Jörg Sutter
Das Land Baden-Württemberg hat eine neue Veröffentlichung herausgebracht, die die Umsetzung der Solarpflicht erläutert. Mit diesem Praxisleitfaden soll den betroffenen Gebäudeeigentümern – ob Neubau oder Dachsanierung – geholfen werden, um den Überblick über die verschiedenen Anforderungen Erfüllungsmöglichkeiten und konkrete Anforderungen zu behalten. Darin werden Fragen beantwortet wie: Worin besteht die Solarpflicht genau? Welche Flächen sind für die Installation einer Photovoltaikanlage geeignet? Wie wird die Erfüllung der Solarpflicht nachgewiesen? Wie kann erzeugter Solarstrom wirtschaftlich genutzt werden?
Wer denkt, das Land erklärt hier die wichtigsten Punkte auf 20 bis 30 Seiten, liegt falsch: 119 Seiten umfasst die Broschüre, die jedoch auch großzügig bestückt sind. Die ersten 10 Seiten dienen der Begrüßung, Grußwort, Inhaltsverzeichnis und einigen grundlegenden Begründungen, warum PV und die Solarpflicht für das Land im Südwesten wichtig sind.
Auf weiteren 12 Seiten wird die PV-Pflicht erläutert und in die vier Anwendungsbereiche unterschieden: Neubau Wohngebäude, Neubau Nichtwohngebäude, Dachsanierung und Parkplätze. Alle vier Bereiche sind von der Pflicht betroffen, jedoch mit unterschiedlichen Anforderungen. Diese Bereiche wurden auch zeitlich in der PV-Pflicht nach und nach eingeführt. Der letzte Baustein (bei grundlegenden Dachsanierungen) wurde zum 01.01.2023 eingeführt. „Grundlegend“ bedeutet hier, dass entweder die Dacheindeckung oder die Dachabdichtung vollständig erneuert wird.
Im Abschnitt 7 der Broschüre werden nun die verschiedenen, in der PV-Pflicht genannten Kriterien genauer ausgeführt und erläutert. Neben der groben nach Süden reichenden Dachausrichtung gehört auch ausreichend Sonne dazu: „Eine Teildachfläche ist hinreichend von der Sonne beschienen, wenn diese nicht oder nur geringfügig verschattet ist. Teildachflächen gelten als nur geringfügig verschattet, wenn die Jahressumme der auf sie fallenden Einstrahlungsmenge mindestens 75 Prozent im Vergleich zu der Einstrahlungsmenge einer unverschatteten Fläche mit einer Neigung von 35 Grad in Richtung Süden beträgt“, so die Landesverordnung. Ergibt eine Simulationsberechnung einen Minderertrag von 25 Prozent oder mehr, so kann ein Befreiungsantrag gestellt werden. Die Prozentangaben beziehen sind dabei ausdrücklich auf die einfallende Strahlung, in einer PV-Anlage denkbare technischen Unterstützungen wie Optimierer sind hier nicht relevant.
Der Abschnitt 8 beantwortet die Frage, welche Mindest-PV-Flächen zu bringen sind, hier bietet die PV-Pflicht insgesamt drei verschiedene Verfahren, dem Bauherr bleibt die Auswahl frei überlassen. So kann bei Wohngebäuden ein Pauschalverfahren (auf Basis der überbauten Gebäudefläche), ein Standardnachweis (auf Basis geeigneter Dachflächen) oder ein erweiterter Nachweis auf Basis solargeeigneter Teildachflächen gewählt werden.
Ab Seite 52 wird allgemein auf die PV eingegangen, der Stand der Technik, die Zuverlässigkeit und der finanzielle Nutzen herausgestellt. Noch immer arbeitet die PV-Pflicht in Baden-Württemberg ohne Sanktionen, das heißt ohne Bußgelder oder ähnliches, wenn die Solarpflicht nicht erfüllt wird. Schon zur Einführung des Gesetzes wurde klargestellt, dass das Land hier auf Einsicht (und die schwäbische Mentalität „do sparet ma än Haufe Gelt demit“) setzt. Auch Hinweise zu Anmeldung, Nutzung von Batteriespeichern und Wärmepumpen sowie der Kombination mit Ladestationen für Elektrofahrzeuge werden beschrieben.
Ein ausführliches Wirtschaftlichkeitsbespiel unterstreicht den Nutzen einer Eigenversorgungsanlage und in einem weiteren Abschnitt zu Recht und Steuern wird auf die konkrete Umsetzung und die aktuellen steuerlichen Regelungen eingegangen.
Im Kapitel 12 wird es schlussendlich ganz konkret: Ein „Navigator“ bietet auf vielen Seiten die Möglichkeit, das eigene Projekt Schritt für Schritt zu betrachten und Anforderung und Umsetzmöglichkeiten zu bestimmen und gleich zu dokumentieren. Eine Checkliste kann zum „Abhaken“ der im Verlauf notwendigen Schritte genutzt werden.
Fazit
Dieser Praxisleitfaden hält, was er verspricht. Er gibt konkrete Hilfestellung und begleitet Bau- oder Sanierungswillige bei der Analyse ihrer Verpflichtung und den möglichen Schritten zur konkreten Umsetzung eines PV-Projektes. Der „Praxisleitfaden zur Photovoltaik-Pflicht Baden-Württemberg“ ist als pdf kostenfrei hier auf der Website des Umweltministeriums verfügbar.