27.01.2023
Schnee auf den PV-Modulen – räumen oder nicht?
Eine Beschreibung von Jörg Sutter
In einigen Gegenden in Deutschland ist nun doch der Winter eingebrochen, zumindest ein bisschen. Nicht nur teils negative Temperaturen, sondern auch einiger Schneefall vor allem in höheren Lagen konnten die Wetterdienste vermelden. Dieser Schnee liegt teilweise auf den Solaranlagen – doch wie damit umgehen? Soll der geräumt werden oder bleibt der einfach liegen? Dazu die folgenden Erläuterungen und Empfehlung.
Schnee ist nicht gleich Schnee
Wenn wir uns die Auswirkungen des Schneebelags überlegen, ist zuerst festzuhalten, dass Schnee nicht gleich Schnee ist. Es gibt lockeren Pulverschnee, dichteren Schnee und auch sehr nassen Schnee. Die Art des Schnees und auch die Dicke der Schneeschicht bestimmen, welche Auswirkung eine Schneebedeckung auf eine Photovoltaikanlage hat.
Bei einer nur dünnen Schicht aus Pulverschnee sind keine negativen Auswirkungen zu erwarten. Wenn nur ein Zentimeter auf den Modulen liegt, dann bedeutet das nur ein sehr geringes zusätzliches Gewicht und bei Pulverschnee ist diese dünne Schneeschicht auch noch ein wenig lichtdurchlässig. Es kann also sein, dass an einem Wintertag die PV-Anlage einschaltet und auch einen minimalen Stromertrag erbringt – trotz des weißen Belages auf den Solarmodulen. Dachbewohner:innen kennen das von einer dünnen Schneeschicht auf einem schrägen Dachfenster.
Ist die Schneeschicht dicker und der Schnee dichter, dann sind die Module vollständig im Dunkeln, der Ertrag ist in dem Fall auch null. Da kommt dann die Frage auf, ob die Anlage nicht besser von Schnee befreit werden soll.
Abraten von Schneeräumen
Grundsätzlich raten wir von einer Schneeräumung ab. Das einzige Argument dafür wäre, dass dann – zumindest an einem Sonnentag – einige Kilowattstunden zusätzlich geerntet werden können, diese werden bei bedeckten Modulen einfach nicht generiert. Aber mal ehrlich: Wie lange bleibt der Schnee – zumindest in tieferen Lagen – auf den Modulen liegen? Aktuell nur wenige Tage, und das sind meist auch sehr trübe Tage, an denen eh‘ kaum eine Solarernte möglich gewesen wäre. Bezogen auf den Jahresertrag der PV-Anlage sprechen wir also typisch von einem Mehrertrag von vielleicht ein bis zwei Prozent – das ist völlig zu vernachlässigen.
Die Nachteile überwiegen: Das Schneeräumen auf einer Solaranlage ist nämlich meist nicht einfach, sondern kann schwierig bis gefährlich werden. Kaum eine Dachfläche ist gefahrlos mit einem Besen erreichbar, um die Modulfläche abzufegen. Meist wäre schon das Aufstellen einer Leiter notwendig – und das bei rutschigem und feuchten Untergrund? Nein, das sollten Sie nicht machen. Und auch wenn sich die Anlage auf einem Flachdach befindet, an die vermeintlich besser „dran zu kommen“ ist, wird das Risiko nicht geringer: tückische Eisflächen auf der Dachfolie können allein schon das Laufen auf dem Dach gefährlich machen, ein Ausrutschen nicht nur zum schmerhaften Sturz auf den Boden, sondern auch zu schweren Verletzungen führen, wenn bei Fallen die Module oder die Unterkonstruktion im Weg sind. Gar nicht darf an Schneeräumung in der Nähe des Dachrandes gedacht werden, wenn ein Risiko bestehen würde, vom Dach zu fallen. Und selbst wenn es scheinbar ungefährlich aussieht: Es reicht schon, wenn auf einem Flachdach Blitzfangleitungen in 10 Zentimetern hohem Schnee verborgen sind – das sind Stolperfallen, auf dem ganzen Dach verteilt. Schon ein gebrochener Knöchel ist das schlicht nicht wert! Und bei Freiflächen kann auch schon das Befahren am Berg zur Fläche oder auf den nicht geräumten Wegen zu einer Herausforderung werden.
Auch kann das Abräumen selbst die Anlage technisch schädigen: Ein richtiger Schneeschieber hat eine metallische Frontkante, die Glas zerkratzen und die Gummiabdichtung am Modulrand zerstören kann. Das muss ein weiteres gewichtiges Argument sein, gar nicht erst an das Räumen zu denken. Und wie schnell könnte auch der Schneeschieber ausrutschen und an der Blitzschutzanlage, an einer Wandantenne oder andern technischen Gerätschaften in der Nähe der Anlage Schaden anrichten?
Geht das nicht technisch?
Vor rund 10 Jahren kam ein deutscher Wechselrichterhersteller auf die Idee, sein Produkt als Alleinstellungsmerkmal mit einer Abtaufunktion auszustatten. Die Betreiber:innen konnten damals das Gerät in den „Rückwärtsbetrieb“ schalten. Dann wurde vom Wechselrichter Netzstrom aus dem Stromnetz gezogen, um einen Stromfluss durch die Module zu erzwingen, der dann die Module erwärmt und den Schnee abgeschmolzen hat.
Doch diese Erfindung währte nur kurz: Bald ging der Hersteller in die Insolvenz, andere haben diese Idee nicht übernommen. Das hat auch mit den Modulherstellern zu tun: Diese produzieren Module zur Stromerzeugung und keine Elemente, die auf dem Dach als Toaster verwendet werden sollen und dürfen. Zuletzt: Auch die nötige größere Stromentnahme aus dem Netz ist nicht ohne weiteres möglich bzw. erlaubt.
Im Bereich von Regenrinnen ist bei gewerblichen und öffentlichen Gebäuden auch gelegentlich auf dem Dach eine Regenrinnenheizung zu finden, ausgeführt mit metallischen Drähten oder Blechen, die durch Abschmelzen dafür sorgen können, dass Regenabläufe frei bleiben und es nicht bei Tauwetter, wenn der Abfluss noch durch Eis zugesetzt ist, zu Überschwemmungen kommt. Doch diese Anlagen müssen eingebaut, betreiben und gewartet werden – und sie verbrauchen auch noch satt Strom. Alles sind Geldfaktoren und wirtschaftlich gegen die wenigen Erträge an Tagen mit verschneiten Solarmodulen nicht aufzuwiegen,
Extrembetrachtung
Eine kleine Ausnahme möchten wir hier noch angeben: Wenn ein gewaltiger Schneefall über Tage angekündigt ist und sich der Schnee nach der Wetterprognose auf über einen oder gar zwei Meter auftürmen würde, dann gibt es noch einen Aspekt, der für das Räumen spricht: Der Schutz der PV-Anlage und des Gebäudes. Das Gebäude, aber auch die PV-Konstruktion sind – je nach Standort in Deutschland – auf eine genormte Schneelast ausgelegt. Übertrifft die Schneehöhe die Normwerte deutlich, dann droht eine Beschädigung der Anlage und auch des Hauses, im schlimmsten Fall könnte das Dach einbrechen. Das ist aber in unseren Breiten und bei der Wetterlage der vergangenen Jahre mehr als unwahrscheinlich, ich möchte daher ausdrücklich keine Angst vor diesen Wetterextremen machen. Doch auch weniger Schnee kann in speziellen Situationen schädigen: Wenn auch nur ein halber Meter Schnee fällt, dann antaut und die Temperaturen nachts in den Frostbereich fallen, dann bildet sich aus dem schönen Schneebelag schnell ein Eisblock. Dieser kann beim nächsten Tauwetter ins Rutschen kommen und Module schädigen. Bilden sich solche Eisblöcke unter den Modulen, können diese vor allem die Verkabelung ruinieren – ein rutschender Eisklotz ist schlicht stärker als das eingefrorene Kabel, das nur in der kleinen Modulanschlussdose eingeschraubt ist.
Fazit
Auch wenn es in der Betreiberseele leicht schmerzt: Der Schnee sollte typischerweise auf den Modulen einfach liegengelassen werden. Dann gibt es kein Risiko für die Beschädigung der Anlage, anderer Teile auf dem Dach und auch kein Verletzungsrisiko des Betreibers oder der Betreiberin. Und die Vorfreude auf wärmere Tage hat dann einen weiteren Aspekt. Mit extremen Schneehöhen brauchen wir aktuell eher nicht rechnen.