11.02.2022
DGS-Vorschläge zum Regierungs-Osterpaket
Eine Vorstellung von Jörg Sutter
Die Regierungskoalition hat vereinbart, „Hürden und Hemmnisse“ für die erneuerbaren Energien zu beseitigen und das auch im Koalitionsvertrag niedergeschrieben. Erste Maßnahmen sollen schon im so genannten „Osterpaket“ verabschiedet werden und zum Sommer in Kraft treten. Dazu hat die DGS ein umfangreiches Vorschlagspapier vorgelegt, in dem besonders die Möglichkeiten zum Abbau von Hemmnissen bei der Photovoltaiknutzung genannt sind.
Das „Osterpaket“ soll Gesetzesänderungen umfassen, die einerseits den schnelleren Zubau der erneuerbaren Energien begünstigen, andererseits auch Rücksicht auf die steigenden Energiekosten bei den Bürgern nehmen. Als konkreter Bestandteil des Pakets wurde schon die Abschaffung der EEG-Umlage genannt, auch wenn dieser Punkt derzeit noch im Detail geprüft wird. Das Osterpaket soll später in diesem Jahr noch um das „Herbstpaket“ ergänzt werden, das dann zum Jahresende in Kraft treten soll und weitere Verbesserungen enthalten wird, die ab Anfang 2023 Gültigkeit bekommen.
Papier mit acht besonders wichtigen Punkten (hier können Sie es herunterladen)
Die DGS hat auch in den vergangenen Jahren immer wieder auf Missstände und auf schlechte Rahmenbedingungen aufmerksam gemacht, sei es durch Stellungnahmen zu konkreten Gesetzesvorhaben oder öffentliche Äußerungen. Das aktuelle DGS-Vorschlagspapier, das hier als pdf abgelegt ist, enthält insgesamt acht Punkte, die aus Sicht unseres Verbandes unbedingt notwendig sind, um den PV-Ausbau in Deutschland schnell weiter voranzubringen.
Unsinnige Beschränkungen aufheben
Zu allererst benennt die DGS konkret die EEG-Förderbeschränkung auf 50% der Strommenge für große Dachanlagen als unsinnig und bremsend für den PV-Ausbau, insbesondere, weil das Probleme bei der Projektfinanzierung machen kann. Projekte, für die ein großer Eigenversorgungsanteil möglich ist, können langfristig unsicher werden, wenn eine Einspeisung des Stroms nicht wirtschaftlich ist, z.B. weil der Gewerbebetrieb im Gebäude seine Produktion am Standort beendet und lokal weit weniger Strom als bisher benötigt wird. Gleichermaßen wird aktuell im EEG die Stromnutzung in Eigenversorgung untersagt, wenn die PV-Anlage einen Ausschreibezuschlag erhalten hat. Begründet wurde diese Einschränkung mit „Wettbewerb“; vor allem seit der Verabschiedung der EE-Richtlinie der EU kann diese Einschränkung aber nicht mehr hingenommen werden und gehört schlicht abgeschafft.
Abschaffung der EEG-Umlage
Es klang so einfach: Die EEG-Umlage wird abgeschafft, damit erledigen sich viele operative Probleme der Eigenversorgung, PV-Projekte werden einfacher. Eine Finanzierung aus dem Bundeshaushalt entlastet gleichzeitig die Stromkunden in Deutschland. Doch in der aktuellen politischen Diskussion zeigt sich, dass das nicht ganz so einfach sein könnte.
Die DGS begrüßt die Idee der Abschaffung grundsätzlich. Wir weisen aber darauf hin, dass die Eigenversorgung in der EU-Richtlinie viel weiter gefasst ist als im EEG-Gesetzestext und z.B. auch für Energiegemeinschaften gilt, welche die Energie unter den Mitgliedern verteilen (wie es seit kurzem auch in Österreich möglich ist).
Die DGS ist sich bewusst, dass durch die Abschaffung der EEG-Umlage der Vorteil der Eigenversorgung gegenüber dem Stromeinkauf aus dem Netz verringert wird. Doch eine einfache Regelung, die als Eigenversorgung alles begreift, was sich aus Sicht des Stromnetzes hinter dem Netzverknüpfungspunkt abspielt, würde viele Projekte und Anlagenkonzepte deutlich vereinfachen und so einen weiteren Zubau ermöglichen.
Wirtschaftlichkeit von Kleinanlagen
Zentral für den Ausbau im Bereich der kleinen PV-Anlagen (bis 100 kWp) wird sein, ob die Regierung auch die bisherige Degression („Atmender Deckel“) anfasst. Aktuell sinkt die feste Einspeisevergütung von Monat zu Monat für Neuanlagen um rund 1,5 %. Dem gegenüber stehen steigende Anlagenkosten, steigende Material- und Handwerkerpreise. Schon im vergangenen Jahr hat die HTW Berlin in einer Studie hier solar.htw-berlin.de/studien/deckelstudie/ darauf aufmerksam gemacht, dass die Volleinspeisung immer weniger lukrativ wird. Dabei muss vor allem berücksichtigt werden: Nicht bei jedem Gebäude ist die Nutzung des Solarstroms als Eigenverbrauch auch möglich. Soll viel neue PV-Leistung in Zukunft zugebaut werden, so muss auch die Volleinspeisung wieder lukrativ werden, um alle Dachpotentiale ausnutzen zu können.
Administrative Hemmnisse in EEG und EnWG
Die DGS gibt konkrete Vorschläge zum Abbau von bürokratischen Hemmnissen, die den PV-Ausbau behindern. Dazu gehören die EEG-Umlage-bezogenen Mess- und Meldepflichten bei der Eigenversorgung, aber auch die im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) festgeschriebene Personenidentität von Erzeuger und Verbraucher bei der Eigenversorgung. Eigenversorgung muss einfacher werden, eine Neudefinition des Begriffes könnte hier vieles leichter und auch rechtssicherer machen.
Mieterstrom vereinfachen
Die Mieterstrom-Regelungen im EEG wurden eingeführt, um die Photovoltaik auch auf Mietsgebäude zu bringen und so Mieter von günstigerem Strom profitieren zu lassen. Bislang ist der Anteil der Mieterstrom-Projekte in Deutschland jedoch marginal, zu viele Hemmnisse und bürokratische Verpflichtungen sind mit einem solchen Projekt verbunden. Beispiele sind die Begrenzung auf maximal 100 kWp, die Begrenzung auf Wohngebäude (Gewerbehallen dürfen keinen Mieterstrom liefern), der Zwang, alles Strommengen viertelstündlich zu messen oder die maximale Vertragslaufzeit: Alles führt zu umständlichen Abläufen und der Nicht-Realisierung vieler Projekte. Den „kleinen Mieterstrom“ gibt es gleich gar nicht. Dabei wäre es so naheliegend, auch in einem Zweifamilienhaus Strom vom Dach direkt in die Einliegerwohnung weiterzugeben. Hier muss unbedingt durch Erleichterungen Abhilfe geschaffen werden, um diese Gebäudesparte der Mietsgebäude – ob klein oder groß – wirklich anzureizen.
Verhalten der Netzbetreiber
Nicht in einem konkreten Regelungsvorschlag, aber einer Bitte, auch diesen Themenkomplex anzufassen, nennt die DGS das EEG-konforme Verhalten der Netzbetreiber als Schwachstelle eines zügigen Ausbaus. Sind Netzprüfungen zu langsam, Messkonzepte zu kompliziert, Abrechnungen falsch erstellt, werden den PV-Interessenten Steine in den Weg zu neuen PV-Projekten gelegt. Deshalb muss hier nicht zuletzt die Komplexität des EEG reduziert werden, damit eine vernünftige Abwicklung der dort vorgegebenen Punkte für Netzbetreiber und Stromversorger überhaupt realistisch und einheitlich umsetzbar ist.
PV auch am Gebäude
Der letzte im Papier genannte Vorschlag betrifft die gebäudeintegrierte Photovoltaik: Bis heute werden kaum PV-Anlagen dachintegriert aufgebaut, noch weniger Projekte nutzen die Fassade zur Stromerzeugung. Der Grund: Solche Projekte sind komplexer und damit teurer, eine spezielle Einspeisevergütung für integrierte Anlagen könnte das Interesse und die Umsetzung beflügeln und damit weitere Flächen für die Solarstromerzeugung nutzbar machen.
Hoffnung und Dank
Die DGS und auch ich persönlich hoffen, dass unsere Vorschläge im politischen Berlin gehört werden und zumindest teilweise Eingang in das Osterpaket und die späteren Gesetzesänderungen finden werden. Ich danke allen Beteiligten, die an der Erstellung dieses Papiers gearbeitet haben, ganz herzlich für ihr Engagement. Wir müssen uns bewusst sein: Ein derart starker Ausbau, wie es das Pariser Klimaabkommen von uns fordert und die Politik jetzt auch umsetzen möchte, kann nur gelingen, wenn die Hürden klein und die Hemmnisse weitgehend beseitigt sind.