11.06.2021
Ein Stück Solar für 0 Euro? PV-Angebote online
Eine Beschreibung von Jörg Sutter
Eine neue Photovoltaikanlage kostet eine Stange Geld – ist das richtig? Viele Angebote gerade auch online werben mit null oder fünfzig Euro-Solaranlagen. Damit können hohe Anschaffungskosten vermieden werden, ein Schnäppchen sozusagen. Und es wird nach nur wenigen Angaben „ganz einfach“ ein passender Anbieter gefunden. Doch was ist von diesen Angeboten zu halten? Einige Aspekte sollen hier beleuchtet werden.
PV-Anlagen für Null Euro
Wichtig zu Beginn: Diese Angebote betreffen grundsätzlich Eigenheimanlagen mit Spitzenleistungen bis ca. 10 Kilowatt. Bei größeren Anlagen – auch z.B. im gewerblichen Bereich – sind professionelle Mietangebot durchaus schon lange üblich, bei Kleinanlagen kam das als Trend erst in den letzten Jahren auf, abgesehen von Ausnahmen wie dem Vorreiter DZ-4, der das schon seit 2012 anbietet.
Aufgrund des Zuschnitts auf Endkunden ist die Bewerbung entsprechend plakativ: „Jetzt Solaranlage für 0,- Euro Anschaffung sichern“, „mit rundum sorglos-Paket“ oder „Mann erfindet 50-Euro-Solaranlage“, lauten die Werbesprüche, die zum Klick auf eine Online-Anzeige ermutigen sollen.
Ist eine Installation einer PV-Anlage mit guten Komponenten für null oder fünfzig Euro machbar? Natürlich nicht. Es handelt sich bei diesen Angeboten nicht um Schenk- oder Kaufangebote, sondern um Mietangebote für PV-Anlagen (im Solarthermiebereich macht das meines Wissens derzeit niemand bundesweit). Die PV-Anlage, die auf das Haus gebaut wird, gehört dem Nutzer dabei nicht selbst, sondern Eigentümer ist eine Fremdfirma, die die Anlage auf eigene Rechnung errichtet und meist über einen Zeitraum von 20 Jahren an den Hausbesitzer vermietet. Der Hausbesitzer kann dann – wie bei einer eigenen Anlage - den Solarstrom nutzen, um damit seine Stromrechnung zu reduzieren und den überschüssigen Strom ins Netz einspeisen. Eine Miete der PV-Anlage ist also nur eine etwas andere Form der Finanzierung. Und wie bei Autos und anderen Gegenständen gilt: Miete oder Leasing ist meist teurer als die direkte Anschaffung.
Leads sind oft das Ziel
Werbeaussagen wie oben finden sich auch bei vielen Portalen, die online nichts anderes machen als „Leads“ generieren, also Datensätze von Interessenten sammeln und weiterverkaufen. Ein Beispiel: Ein Link auf „Solaranbieter vergleichen“ in einer aktuellen Werbemail von Aroundhome leitet den Nutzer auf die Seite solaranlage.de. Dort werden formularartig erst einmal Daten gesammelt: Postleitzahl, die geplante Nutzung des Stroms, die Anzahl der Personen im Haushalt und so weiter. Bei der Finanzierung werden als Möglichkeiten „Mieten“ und „Kaufen“ genannt. Das System sucht dann drei passende Anbieter aus, die man erhalten kann – selbstverständlich nur, wenn man seine Kontaktdaten zur Verfügung stellt und sich damit als Interessent „outet“. In der Fußzeile der letzten Seite (siehe Bild 3) findet man dann den Hinweis, dass der Service kostenlos ist und alles über Provisionen der genannten Anbieter finanziert wird. Doch gemäß den AGB findet nicht eine einfache Zusendung per Mail statt, sondern der Interessent wird zuerst „um die Anfrage zu spezifizieren“ telefonisch oder per Mail von einem Produktberater von Around kontaktiert. Auch der ausgesuchte Anbieter schickt gemäß den AGB kein Angebot, sondern kann zuerst um einen Ortstermin bitten oder weitere Angaben telefonisch anfragen. Bitte nicht falsch verstehen: Ein Termin, um die genaue Situation vor Ort zu erfassen, ist selbstverständlich notwendig, um ein seriöses Angebot abgeben zu können. Das wird aber eben nur versteckt kommuniziert, die Werbung suggeriert, dass man nach wenigen Klicks gleich ein gutes Angebot konkret in Händen hält.
Und noch eine interessante Verbindung: Einer der Mitgründer von Aroundhome, Mario Kohle, hat 2017 den online-Anbieter Enpal gegründet, der rein auf die Vermittlung von Solaranlagen spezialisiert ist und mit seiner „50-Euro-Solaranlage“ inzwischen am Markt so stark präsent, dass er inzwischen über 400 Mitarbeiter beschäftigt. 2021 will Enpal 10.000 Anlagen umsetzen.
Zweifelhafte Werbesprüche und keine Haftung
Klar ist: Werbung stellt immer positiv dar und wird auch oft etwas übertreiben. Aber bei Aussagen wie „Preissturz bei Solaranlagen im Juni“ darf man schon skeptisch werden. „Gleichzeitig steigt die Anzahl der Sonnenstunden in jedes Jahr“, so Aroundhome (früher: Käuferportal) als reine Falschinformationen in schlechtem Deutsch in der aktuellen Werbemail.
Das Thema Haftung ist auch schnell erledigt: „Für Pflichtverletzungen, die sich im Rahmen eines etwaigen zustande gekommenen Schuldverhältnisses zwischen Kunde und Partner ergeben, ist Around nicht verantwortlich“, so die AGB des Aroundhome-Anbieters. Im Klartext: Aroundhome schlägt zwar geeignete Anbieter vor, doch für die Eignung übernimmt das Portal keinerlei Verantwortung. Weiter noch: Es wird sogar nicht einmal die Abgabe von konkreten Angeboten zugesagt. Hier wird deutlich: Ein reiner Verkauf von „Leads“ steht im Vordergrund, nicht die qualitativ gute PV-Anlage beim Kunden.
Auch über angebotedirekt24.de flattert dem Autor in diesen Tagen Werbung in den Email-Eingang: Unter der Marke „Eigensonne“ wird geworben: „In Sekundenschnelle erhalten Sie ihr erstes Renditeergebnis und innerhalb kürzester Zeit ein auf Sie zugeschnittenes Angebot“, so das Versprechen. In der Preisliste werden zwar konkrete Festpreise angegeben, die Anlagengröße jedoch nur als „ca.“-Wert. Und auch beim ca.-Wert werden im günstigsten Angebot bei „ca.“ 4 kWp über 10.000 Euro aufgerufen, also über 2.500 Euro pro kWp, das ist schon happig (auch wenn die Umsatzsteuer da schon drin ist).
Und spätestens bei der dargestellten Beispielrechnung eines Mietangebotes ist auch hier Skepsis angesagt: Eine Einsparung von 28.000 Euro wird kommuniziert – über 30 Jahre Laufzeit. Dabei wird zugrunde gelegt, dass die Stromkosten um 3 % pro Jahr weiter steigen werden. Doch wir wissen alle: wir wollen zukünftig viel Strom aus Solar und Wind decken - und dieser wird immer günstiger. Mit welcher Begründung soll also für das Jahr 2035 ein Kilowattstundenpreis von 45 Cent pro kWh (!) für Haushaltsstrom angesetzt werden? „Unsere Solarmiete ist deshalb für alle geeignet, die sich unabhängig von steigenden Stromkosten machen möchten“, so die Aussage von Eigensonne. Naja, eine Werbeaussage eben. Gänzlich unabhängig kann man ja mit einer PV-Anlage nicht werden. Und zu guter Letzt räumt der Anbieter auch noch ein, gelernt zu haben: „Begrünte Dächer haben sich für uns in der Vergangenheit als kompliziert herausgestellt, weshalb wir uns entschieden haben, auf diesen keine PV-Module mehr zu montieren“. Das ist zu lesen, wenn man sich ein wenig Zeit auch für die Informationsseiten hinter den plakativen Werbesprüchen nimmt.
Einige Vor und Nachteile der Miete
Das Versprechen der Anbieter: Alles ist ganz einfach. Aber das gilt nur, wenn man seine Autonomie im Bereich des Stroms aufgibt und sich den Bedingungen des Anbieters unterwirft: Er bestimmt die Bedingungen des Vertrages (z.B. Laufzeit, Miethöhe, enthaltene Serviceleistungen) und auch die verwendeten Komponenten und den Installationsbetrieb. Auch das Verfahren zu Ende der meist 20jährigen Mietzeit wird vorgegeben: Meist wird die Anlage dann (unabhängig vom Zustand und der Funktionsfähigkeit) dem Hauseigentümer für einen symbolischen Euro überlassen.
Der Vorteil der Anlagenmiete ist klar: Investitionskosten fallen nicht an und müssen auch nicht finanziert werden. Es wird bequem per monatlicher Abbuchung bezahlt, was unter dem Strich oft eine Kostenreduzierung (durch den gesparten Stromeinkauf) bedeuten kann. Inwieweit der fixe Betrag in 10 Jahren eher ein Hindernis oder eine Belastung darstellt, das kann nur der Blick in eine Glaskugel beantworten.
Die Anbieter locken auch damit, den Papierkram der Anmeldung beim Netzbetreiber und der Bundesnetzagentur zu übernehmen. Doch auch das wird nicht umsonst gemacht, sondern selbstverständlich in die Mietsumme eingepreist. Und was ist, wenn die Anlage mal nicht funktioniert? Da sollte man vorher die Verträge auch genau gelesen haben, um keine Überraschungen zu erleben. In der Anfangszeit gab es oftmals Ärger, weil der Mietzins von einigen Anbietern schon abgebucht wurde, obwohl die Anlage noch gar nicht in Betrieb genommen war. Heute muss erst ab Inbetriebnahme bezahlt werden, ein Anbieter berechnet auch eine vollständige Monatsmiete gar nicht, falls eine ausgefallene Anlage nicht innerhalb einer Woche repariert werden kann.
Diese Absicherung wird wiederum durch mangelnde Flexibilität erkauft, auf die auch noch aufmerksam gemacht werden muss: Während ein Anlagenbesitzer kurzerhand seine Anlage später erweitern, mit Stromspeicher ausstatten oder auch mit einer Wallbox fürs Elektroauto ergänzen kann, muss der Anlagenmieter das erst mit seinem Anbieter abklären, der das im Zweifelsfall auch verweigern könnte.
Die Verbraucherzentrale hat sich im April Miet-Angeboten angeschaut und kam hier durchweg zu einem negativen Urteil, vor allem hinsichtlich der finanziellen Aspekte: Hier [Link www.verbraucherzentrale.sh/pressemeldungen/energie/photovoltaik-zum-mieten-doppelt-draufgezahlt-10336 ] wurden die Werbeaussagen der Anbieter ebenfalls deutlich kritisiert.
Ein deutlicher Nachteil ist bei den Mietangeboten fast immer, dass der Interessent beziehungsweise Kunde kaum Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der verwendeten Komponenten beziehungsweise der Qualität hat, beides wird vom Anlagenvermieter vorgegeben und nur selten im Vorfeld auch (z.B. schon auf der Website) kommuniziert.
Und noch ein Nachteil: Teilweise werden nun PV-Anlagen angeboten, aber nur einige Anbieter bieten dazu auch einen passenden Stromspeicher mit an. Das hat zur Konsequenz, dass es bei einigen Mietangeboten mit der „Freiheit“ und der „Unabhängigkeit“ nicht weit her ist, wenn nur eine Autarkiequote von 30 Prozent erreicht wird und trotz PV-Anlage weiter 70 Prozent des bisherigen Verbrauchs weiter vom Stromversorger zugekauft werden müssen. Die Abhängigkeit vom Stromanbieter wird also nur reduziert und durch eine neue Abhängigkeit vom PV-Anbieter ersetzt.
Trotzdem: Ist man sich dieser Aspekte bewusst, kann auch die Miete einer kleinen Haus-PV-Anlage eine denkbare Variante sein.
Erfahrung gemacht?
Wer von Ihnen, liebe Leser und Leserinnen, hat denn mit einem solchen Anbieter schon gute oder auch schlechte Erfahrung gemacht? Oder haben Sie Interesse und wir sollen uns einen Anbieter mal genauer ansehen? Bitte mailen Sie einfach an sutter(at)dgs.de. Bei Interesse werden wir das Thema dann gerne in einem der kommenden DGS-News nochmals aufgreifen.