Aktuelle kleine EEG-Novelle

Eine Analyse von Jörg Sutter

Am Dienstag dieser Woche wurde im Bundeskabinett eine „kleine“ EEG-Änderung durchgewunken, die nun möglichst rasch Gesetz werden soll. Warum diese Reform? Wen betrifft sie im Solarbereich und welche Auswirkungen haben die neuen Regelungen? Bekommt das EEG 2021 jetzt endlich die EU-Freigabe? Das wollen wir hier beantworten.

Hintergrund
Hat das Wirtschaftsministerium nun endlich die Ausbauziele angehoben und die Bürokratie reduziert, um die Energiewende nach vorne zu bekommen? Mitnichten. Hintergrund der aktuellen Änderungen ist schlichtweg die ablehnende Haltung der EU zu einigen Regelungen im Gesetz.

Denn das aktuelle EEG 2021 hat noch immer keine Freigabe der EU-Kommission, bestimmte Regelungen darin dürfen deshalb bis heute noch nicht angewendet werden, obwohl das Gesetz bereits seit 1. Januar in Kraft ist. Am schmerzhaftesten ist das derzeit für die Teilnehmer an Ausschreibungen der Bundesnetzagentur für PV-Großanlagen und Wind, denn dort werden aufgrund der fehlenden Freigabe für die in diesem Jahr schon durchgeführte Ausschreiberunden keine Ergebnisse kommuniziert – eine unsägliche Hängepartie für die Anbieter. 

Und jetzt bildet sich schon ein kleiner Ausschreibestau: Der 1. Juni ist die Abgabefrist für die zweite Freiflächenausschreibung in diesem Jahr. Da aber die Ergebnisse der ersten Runde noch nicht vorliegen, kann auch noch nicht festgelegt werden, wie viele Acker- und Grünlandflächen in benachteiligten Gebieten für die 2. Runde zur Verfügung stehen. Also noch mehr Verunsicherung - und Gift für eine vorausschauende Planung.

Lange Prüfungszeiten bei der EU sind ja nichts neues - das Wirtschaftsministerium hatte trotzdem erst im Sommer vergangenen Jahres den Entwurf des EEG 2021 auf den Tisch gelegt, die Verabschiedung erfolgte erst kurz vor Weihnachten. Die EU prüft daher bis heute und hat schon konkrete Ablehnungen signalisiert.

Inhalte der Kleinreform
Die wichtigste Änderung betrifft den Weiterbetrieb nach Ende der EEG-Förderung im Bereich der Windkraft, PV ist hier nicht betroffen. Die hier vom Wirtschaftsministerium ins EEG 2021 geschriebene Lösung mit Ausschreibungsrunden als Auffanglösung wird seitens der EU nicht akzeptiert. Für 2021 wurde das nun mit einem Trick gerettet, indem hier Gelder der europäischen Corona-Wirtschaftshilfen für die Windbranche eingesetzt werden, für 2022 werden die geplanten Ausschreibungen jedoch einfach gestrichen. Ja, das ist wieder genau die Planungs- und Investitionssicherheit, die das Altmaier-Ministerium immer so gern betont. Und es setzt noch einen drauf: Aufgrund der Erholung der Marktpreise an den Strombörsen sei ja gar keine Unterstützung mehr nötig, also streichen wir das auch noch gänzlich ohne schlechtes Gewissen.

Projektierer und Installateure im PV-Bereich sind von der aktuellen Kleinreform nur durch eine Änderung der Zubaumengen betroffen. Ja, dies ist positiv zu bewerten, die Mengen wurden angehoben. Aber leider nicht langfristig und mit dem Ziel einer steten Fortschreibung der Energiewende, sondern nur für das kommende Jahr, um ein Signal zu setzen und das Ende der Legislatur zu „überbrücken“.

Keine Änderung bei kleinen PV-Anlagen
Die Anhebung der Ausbauziele betrifft den Bereich der kleineren und größeren Hausanlagen überhaupt nicht. Von den angekündigten 4,1 Gigawatt (GW) zusätzlicher Sonder-Ausbaumenge gehen 2 GW in die Ausschreibungen der Freifläche, 2 GW in die Ausschreibung der großen Dachanlagen (über 300 kWp Anlagengröße). Weitere 100 MW werden bei den Innovationsausschreibungen aufgestockt, bei denen es um die Errichtung von Agri-PV oder schwimmenden PV-Anlagen zusammen mit einem Stromspeicher geht.   

Eine Konsequenz daraus: da die Kleinanlagen mit Festvergütung hier nicht tangiert werden, ist auch jede Hoffnung vergebens, dass sich dadurch die monatliche Degression der Vergütung reduzieren könnte. Bis zum Redaktionsschluss am gestrigen Donnerstagmittag hat die Bundesnetzagentur noch nicht verkündet, ob die derzeitigen 1,4 % Monatsabsenkung auch für die Zeit von Mai bis Juli anzuwenden sind.

Verbesserung bei Mieterstrom
Eine kleine Verbesserung beim Thema Mieterstrom wurde im Dezember bereits angekündigt und soll aktuell umgesetzt werden: Wohnungsbauunternehmen sind von Gewerbesteuerzahlungen befreit, wenn sie nur durch Vermietung Einnahmen erzielen. Bei der Umsetzung eines Mieterstromprojektes wird aber auch Strom verkauft. Viele Unternehmen aus der Branche haben sich bislang mit solchen Projekten zurückgehalten, weil das Risiko bestand, dass dann alle Umsätze gewerbesteuerpflichtig werden. Jetzt soll die steuerliche Regelung so angepasst werden, dass solche Projektumsetzungen „gefahrlos“ möglich sind, sofern die Einnahmen unter 10% der Mieteinnahmen bleiben. Der Applaus aus der Immobilienbranche ist sicher, kritisch haben sich schon Stadtwerke geäußert, die nun fürchten müssen, bei der Umsetzung von PV-Mieterstromprojekten nicht mehr wie bisher als Partner dabei zu sein.

Weitere Änderungen
Die EEG-Umlage soll für die Jahre 2023 und 2024 weiter abgesenkt werden: Maximal 5 Cent soll die Umlagehöhe dann betragen, die Kosten werden hauptsächlich aus dem Topf getragen, in den die Einnahmen aus dem neuen Brennstoffemissionshandel fließen.

In dem Papier „Formulierungshilfe“, die vom Bundeskabinett am Dienstag verabschiedet wurde, sind weiter folgende Punkte beschrieben:

• Erhöhung der Ausschreibemenge Windkraft ab 2023
• Änderung in §9 und 10 (techn. Einrichtungen) zu Ist-Abruf bei Bestandsanlagen >100 kWp
• Planfeststellungsbeschluss wird in §37 (Freiflächen-PV) ergänzt
• Die Übergangsvorschriften in § 100 werden teils neu gefasst, zum einen, da weitere Punkte von der EU nicht beanstandet sind, zum andern zur Klarstellung spezieller Fallkonstellationen.  

Auch die Aufgaben der Clearingstelle EEG/KWK wird neu gefasst, wie sich das im Detail auf die konkrete Arbeit auswirken wird, ist aktuell nicht abzuschätzen. Aber eine Änderung des §81 verwundet, dort heißt es: „Die Clearingstelle und die Behörden, die für Aufgaben nach diesem Gesetz zuständig sind, wirken im Interesse einer einheitlichen Anwendung dieses Gesetzes und einer schnellen Herstellung von Rechtssicherheit konstruktiv zusammen.“ Eigentlich sollte das selbstverständlich sein, ist es aber wohl nicht. Jetzt wird das einfach im Gesetz so festgelegt - und basta. Die Gesetzesbegründung beschreibt, um was es geht: „Durch die konstruktive Zusammenarbeit sollen abweichende oder divergierende Auslegungen des EEG 2021 durch die verschiedenen Akteure vermieden werden“. Subjektiv übersetzt heißt das für mich: Wir als Wirtschaftsministerium wollen in Zukunft weiter komplizierte und unverständliche Regelungen im EEG verfassen, aber eine unterschiedliche Interpretation soll es nicht mehr geben, die Clearingstelle EEG/KWKG hat immer Recht, sie wird ja auch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie betrieben.

Nicht überraschend ist, dass mit dem aktuellen Text zahlreiche redaktionelle Fehler des EEG 2021 korrigiert werden, die uns auch z.T. schon aufgefallen waren. Links und Verweise, die ins Leere laufen, Schreibfehler und redaktionelle Klarstellungen sind zuhauf in der aktuellen Kleinreform aufgelistet, das ist der unausgegorenen schnellen Erstellung im Sommer geschuldet.  

So geht es weiter
Die Gesetzesänderung des EEG 2021 soll im „Huckepack“ mit der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und weiteren Änderungen verabschiedet werden – und das so schnell wie möglich. Über die EU-geforderten Änderungen ist es wohl sinnlos, im parlamentarischen Verfahren noch zu diskutieren. Und die Erhöhung der Ausbauziele geht ja auf die Initiative der Regierungskoalition zurück, so dass auch hier kein Veto der Parlamentarier zu erwarten ist.

Kommt damit endlich die EU-Freigabe? Ja, davon ist auszugehen, aber wie lange das noch dauert, kann noch immer nicht eingeschätzt werden. Die Zeitspanne „in einigen Wochen“ aus einer Antwort der EU-Kommission an die DGS bietet leider auch keinen konkreten Anhaltspunkt. Aber sicher ist: Aus dem EU-Prüfverfahren sind einzelne Abschnitte des EEG ganz abgespalten worden (z.B. die Wasserstoffförderung), diese werden völlig getrennt geprüft. Auch wenn in den kommenden Wochen eine Freigabe kommt, wird diese sich nur auf weitere Teile des EEG 2021 beziehen, nicht auf das gesamte Gesetz. 

Mit dieser kleinen EEG-Änderung kann jetzt auch davon ausgegangen werden, dass es bis zur Bundestagswahl im September zu keinen weiteren Änderungen mehr kommen wird, denn eine Abstimmung über weitere strittige Punkte, die seit Dezember im Entschließungsantrag der Regierungsparteien schlummern, werden sicherlich in Zeiten des Wahlkampfes nicht mehr gelöst.