02.04.2021
4, 5 oder 6 Cent? Stadtwerke bieten für Ü20-Strom
Eine Angebotsbeschreibung von Jörg Sutter
Immer mehr Stadtwerke bieten ihren Kunden mit Ü20-PV-Anlagen an, den Strom weiter abzunehmen. Erste Anbieter hatten wir hier schon vorgestellt. Teilweise sind die Bedingungen so gut, dass unter Berücksichtigung der laufenden Kosten ein wirtschaftlicher Weiterbetrieb ermöglicht wird. Das sind gute Argumente für die Betreiber - und ein neues Kundenbindungsinstrument der Stadtwerke.
Auch wenn die Wirtschaftlichkeit für viele Betreiber nicht unbedingt im Mittelpunkt der Überlegungen steht: Neben der möglichen gesetzlichen Weitereinspeisung - die sich kaum lohnt - und der Umstellung der alten PV-Anlage auf Eigenversorgung, stellt das EEG 2021 als dritte Möglichkeit die vereinfachte Direktvermarktung (§10 b, Satz 2) als Möglichkeit zur Verfügung. Vorteil: Wird diese Möglichkeit genutzt, muss die Anlage technisch nicht umgebaut werden, sondern kann weiterhin mit bestehender Technik und vorhandenem Zähler weiterarbeiten. Selbstverständlich sind auch viele weitere Möglichkeiten denkbar.
Vereinfachte Direktvermarktung für Ü20
In §10 b des EEG 2021 sind, auch mit Hilfe einiger Querverweise, die Anforderungen an die Direktvermarktung beschrieben, die bereits seit Jahren für große PV-Anlagen gelten: Es muss viertelstündlich die Ist-Einspeisung der Anlage gemessen werden und der Direktvermarkter muss in der Lage sein, die Anlage technisch abzuregeln, wenn das notwendig sein sollte. Hier muss der Anlagenbetreiber die Technik samt Kommunikation einbauen.
Für kleine Ü20-Anlagen ist solch ein Technikumbau unsinnig, zumal ein Vermarkter bei Fehlplanung der Strommengen sicherlich keine 2 kWp-PV-Anlagen, sondern eher große Anlagen abregeln würde. Der Gesetzgeber hat daher in Satz 2 des §10 b vorgesehen, dass von den Vorgaben abgewichen werden kann, wenn der Netzbetreiber dem Kunden ein entsprechendes vertragliches Angebot macht.
Und inzwischen machen das etliche Stadtwerke, wie eine neue Übersicht des DGS-Projektes PVLOTSE hier zeigt. Nach Bundesland geordnet sind hier die uns derzeit bekannten Stadtwerke gelistet, welche konkrete Lösungen für typische Ü20-Anlagen bis 10 kWp anbieten. Die gesetzliche Weitereinspeiseoption wird zum Teil ebenfalls auf den verlinkten Angebotsseiten im Internet genannt, wird aber an dieser Stelle nicht betrachtet, da diese Möglichkeit ja bundesweit zu einheitlichen, im EEG 2021 geregelten, Konditionen zur Verfügung steht. Alle dargestellten Angebote gelten nur für Kunden im jeweiligen Versorgungsgebiet und sind teilweise auch mit der Buchung eines Ökostromtarifs für die Reststrom-Versorgung gekoppelt.
Ein Blick auf die Angebote zeigt: Die Angebote sind durchaus sehr verschieden. Sie unterscheiden sich nicht nur in der Höhe des Preises, der für den eingespeisten Strom vergütet wird, sondern auch bei der Frage, wie lange der genannte Preis festgelegt ist. Hier werden unterschiedliche Laufzeiten angeboten. Bei einigen Stadtwerken ist es auch möglich, die Anlage auf Eigenversorgung umzurüsten und dann nur den Reststrom vergütet zu bekommen, das kann dann besonders wirtschaftlich für den Betreiber werden, daher ist das in der Tabelle ebenfalls vermerkt, sofern es klar dargestellt wurde.
Für den Ü20-Betreiber ist interessant: Ist mein Stadtwerk schon mit einer Lösung am Markt, die ich konkret nutzen kann? Uns ist bekannt, dass auch einige Stadtwerke derzeit an solchen Angeboten arbeiten und dazu noch nichts veröffentlicht haben, das aber planen. Finden Sie als Ü20-Betreiber ihr Stadtwerk nicht in der Tabelle, kann sich trotzdem ein Blick auf deren Website oder ein kurzer Anruf bei der Kundenbetreuung lohnen.
Auch außerhalb der genannten Angebote unterstützen einige Stadtwerke ihre Ü20-Kunden: Beispielsweise haben die Stadtwerke Soest zwar kein Direktvermarktungsangebot, dennoch wurden pragmatisch alle ihre Ü20-Betreiber angeschrieben um diese aktiv bei der Umstellung auf Eigenversorgung zu unterstützen.
Unser Tipp: Kontaktieren Sie ihr Stadtwerk bzw. ihren Netzbetreiber und fragen Sie nach. Lassen Sie sich Vertragsunterlagen zusenden und lesen sie diese in Ruhe durch; teilweise finden Sie auch alle Unterlagen schon auf der jeweiligen Internetseite zum Download. Achten Sie bei der Durchsicht besonders auf die Höhe der Vergütung, die Laufzeit und auch mögliche Gebühren oder technische Anforderungen. Wichtig ist auch, dass ein Wechsel in die Direktvermarktung rechtzeitig vor der Umstellung gemeldet werden muss, das geht nicht „von heute auf morgen“. Eine Ummeldung beim Marktstammdatenregister ist, anders als bei der Umstellung auf Eigenversorgung, dabei nicht notwendig.
Wir erwarten, dass die Tabelle in den kommenden Wochen und Monaten noch länger wird, denn es werden weitere Angebote dazukommen. Wir freuen uns auch über eine kurze Nachricht über Angebote, die noch nicht in der Tabelle stehen und ergänzen diese gerne: Eine Mail an den Autor (sutter(at)dgs.de) unter Angabe des Links zum Angebot genügt. Vielen Dank!