29.01.2021
Wie steht´s mit den Batterien?
Ein Status-Überblick von Jörg Sutter
In den kommenden Zeilen möchten wir in einem kleinen Rundumschlag die verschiedenen Aspekte der Batteriespeichertechnik erläutern. Marktentwicklung, Preise, neue Fabriken und Förderungen, aber auch die für Kunden interessante Kombination eines Heim-Batteriespeichers mit einer PV-Anlage sollen mit neuen Informationen und Verweisen unterlegt werden.
Neue Marktkraft für Stromspeicherung – und fallende Preise
Der Markt für Batteriespeichersysteme ist auch im vergangenen Jahr gut durch die Krise gekommen und hat sich gleichzeitig deutlich weiterentwickelt. Schon Mitte 2020 hat sich die Speicherbranche laut dem Branchenverband BVES als krisenresistent und weiterwachsend herausgestellt, die Anfang 2020 aufgestellten Prognosen wurde übertroffen. Genaue Zahlen für das Jahr 2020 wurden leider noch nicht veröffentlicht. Über 200.000 Batteriespeicher im Heimbereich waren nach Angaben des BSW Solar schon im Frühsommer des Jahres 2020 in den Kellern eingebaut.
Immer mehr Produkte vom Hörgerät bis zum Elektroauto brauchen Akkus. Kein Wunder, dass die Produktion weltweithochgefahren wird und die Preise stetig absinken. Lithium-Ionen-Akkus beherrschen inzwischen den Weltmarkt, die Preise dafür sind weiter gesunken, nach Angaben von Bloomberg wurde in China für Elektrobusse nun erstmals Preise für Batteriepacks von unter 100 US-Dollar pro kWh aufgerufen. Bloomberg erwartet diesen Wert für das Jahr 2023 als Branchendurchschnitt und ein weiteres Absinken bis auf unter 60 US-Dollar pro kWh bis zum Jahr 2030. Und so interessant auch viele Ankündigungen zu denkbaren neuen Batteriematerialien sind: Derzeit werden weltweit in großer Menge Lithium-Ionen-Akkus produziert und ein technologischer Wechsel wird sicher erst in breiterem Maßstab vorgenommen, wenn sich die derzeit laufenden Produktionsanlagen wirtschaftlich amortisiert haben. Allein für die neue Produktion von Tesla in Brandenburg, die ja derzeit erst entsteht, wurde in der Presse - allerdings für Batterieproduktion und Elektroauto-Produktion zusammen - vier Milliarden Euro als Investitionsvolumen genannt.
Die Randbedingungen
Während der Zuwachs bei den Elektroautos dynamisch verläuft, wachsen die stationären Speicher zwar auch, aber die schon oft kritisierten schlechten Rahmenbedingungen bleiben bislang leider erhalten. Auch die aktuelle EEG-Novelle zum EEG 2021 hat hier keine der Erleichterungen gebracht: Zu den Forderungen hin zu besseren Bedingungen gehört die Abschaffung der Doppelbelastung mit EEG-Umlage bei Großspeichern, die Vereinfachung der komplizierten energierechtlichen Sichtweise eines Speichers als Stromverbraucher und gleichzeitig Stromerzeuger und etliches mehr. Einzig die Änderung der Grenze der Eigenversorgung von 10 auf 30 kW wird sicher dazu führen, dass PV-Anlagen in diesem und dem kommenden Jahr im Ein- und Zweifamilienhaus nicht mehr mit 9,9 Kilowatt Modulleistung, sondern größer gebaut werden. Dementsprechend größer kann auch der dazu passende Speicher gewählt werden.
Für Hersteller und Forschungseinrichtungen werden die Randbedingungen aktuell verbessert: Die EU hat durch die Kommission jetzt zum zweiten Mal Milliardenhilfen zur Unterstützung der Batterieproduktion in Europa genehmigt. Bisher beziehen auch deutsche Speicherhersteller und Automobilbauer ihre Batteriezellen meist aus Asien, in den kommenden Jahren werden aber auch in Europa Produktionen aufgebaut, um die Abhängigkeit von Panasonic, CATL, BYD und LG Chem (die vier größten Hersteller für Elektroauto-Akkus) zu reduzieren. Bemerkenswert ist dabei, dass die derzeit größten entstehenden Produktionen in Deutschland die neuen Werke von Tesla in Brandenburg und CATL am ehemaligen Sitz von SolarWorld in Arnstadt südlich von Erfurt sind. Also weniger Abhängigkeit? Gut, die Produktion ist in Deutschland. Aber sonst? Gefördert werden aber z.B. auch BMW und die Zulieferer ElringKlinger und SGL Carbon.
Stichwort Förderung: Auch einige Förderprogramme der Bundesländer für Batteriespeicher (Heimspeicher) werden fortgesetzt oder neu aufgelegt: Seit Ende November 2020 gibt es in Niedersachsen Geld für Batteriespeicher, Baden-Württemberg hat das Förderprogramm für netzdienliche Speicher um weitere 10 Mio. Euro aufgestockt. Der Trend, dass jede zweiter neue Photovoltaik-Hausanlage mit Batteriespeicher umgesetzt wird, geht sicher auch in diesem Jahr weiter.
Stationäre Großprojekte
Ganz viele Batteriepacks werden zukünftig auch für Speicher-Großprojekte benötigt, die in den kommenden Monaten und Jahren als Speicher zu großen Erneuerbare-Energien-Anlagen und zur Stromnetz-Unterstützung gebaut werden. So zum Beispiel der Netz-Booster, der im Baden-Württembergischen Kupferzell (nahe Künzelsau) gebaut werden soll: Dort werden zukünftig 120 Batteriecontainer Lastschwankungen von 250 Megawatt abfangen; die Batterieanlage soll diese Leistung im Extremfall eine Stunde lang bereitstellen können.
Daneben sind viele Speicherprojekte in Planung, die im Rahmen der Innovationsausschreibung des EEG 2017 bereits Zuschläge im vergangenen Jahr erhalten haben und daher wohl größtenteils auch in den kommenden Monaten realisiert werden. In dieser Ausschreibungskategorie werden z.B. große PV-Freiflächen, die gemeinsam mit einem Speicher am gleichen Netzverknüpfungspunkt erreichtet werden, gefördert. Hans Urban, Speicher-Berater und vielen DGS-Mitglieder durch seine frühere Tätigkeit bei Schletter bekannt, hat hier einige wichtige Aspekte zu den Großspeichern und ihrer Möglichkeiten im Stromnetz zusammengefasst.
Die Wiederverwertung von Batterien
Nach den Erfahrungen im Solarbereich und anderen Branchen stand die Entwicklung von Stromspeichern schon recht früh vor der Frage der Wiederverwertung, die Hersteller haben dieses Thema aufgenommen. Aufgrund der geringen Mengen der erhaltenen Rohstoffe und des hohen Aufwands zur Separierung der Bestandteile ist auch heute ein Großteil der Wiederverwertung bei Batteriespeichern noch auf die thermische Verwertung – sprich Verbrennung – fokussiert. Dazu trägt auch das Problem bei, dass die Hersteller nicht nur sehr unterschiedliche Zellformate, sondern auch unterschiedliche Zellchemie verwenden, die ein sortenreines Recycling von nicht mehr funktionsfähigen Speichern nahezu unmöglich macht.
Doch die Anstrengungen werden intensiviert, gerade durch die großen Mengen und den gleichzeitigen Rohstoffmangel bei der Elektromobilität. So hat der finnische Konzern Fortum in dieser Woche eine weitere Recycling-Anlage eröffnet, um aus ausrangierte E-Auto-Batterien wertvolle Bestandteile zurückzugewinnen. Hier können – zum Beispiel durch Kooperation mit speziellen Autoherstellern – nahezu identische Batterien in großen Mengen hineingegeben und verarbeitet werden – ein großer Vorteil für einen echten, materialsortierenden Recyclingprozess.
Und für den interessierten Kunden?
Für den gibt es zwei spannende Veröffentlichungen: Eine ist schon verfügbar, die andere wird in diesem Jahr später als in den Vorjahren erscheinen. Beginnen wir mit dem letzteren: Der neue „Stromspeicher-Inspektion 2021“- Bericht der HTW Berlin: Hier sind die Hersteller bis Ende April aufgerufen, teilzunehmen (Mail an pvspeicher(at)htw-berlin.de genügt). Wie in den Vorjahren werden auch in diesem Jahr verschiedene Wechselrichter/Speicherkombinationen untersucht und vor allem hinsichtlich des erreichbaren Wirkungsgrades miteinander verglichen. Und das kann für die Entscheidungsfindung bei der Auswahl sinnvoll sein, geht es doch bei weniger Wirkungsgrad gleich um einen realen finanziellen Verlust in jeden einzelnen Betriebsjahr. Also entweder jetzt noch den Inspektor-Bericht des letzten Jahres durchlesen oder noch eine Weile warten.
Seit 2014 publiziert Carmen e.V. eine Marktübersicht Batteriespeicher, die seither grundlegende Eigenschaften und Kennzahlen der am Markt verfügbaren Systeme zeigt und damit als Orientierungshilfe für Interessierte dient. Hier Link findet sich die 2020-Auswertung, die im Dezember letztmalig aktualisiert wurde. In der kommenden Woche findet dazu eine Online-Veranstaltung statt, bei der die aktuelle Batteriespeicher-Marktsituation beleuchtet wird.