17.01.2020
Der Deckel muss weg! Und zwar schnell! Und bedingungslos!
Ach, könnte man doch der Bundespolitik einmal trauen. Könnten man sich doch einmal auf die Zusage des derzeitig gültigen EEG verlassen, in dem in §49, Satz (6) festgelegt wurde: „Die Bundesregierung legt rechtzeitig vor Erreichung des in Absatz 5 bestimmten Ziels [Anmerkung: Das ist die Erreichung der 52 GW] einen Vorschlag für eine Neugestaltung der bisherigen Regelung vor“.
Ende des vergangenen Jahres hat die Politik durchaus auch den Willen betont, den PV-Deckel abzuschaffen. Und nun? Stand heute ist die rechtzeitige Abschaffung des PV-Deckels nicht in Sicht. Er soll – wenn es nach den Aussagen des CDU-Wirtschaftsflügel geht – in die Mühlen der parteipolitischen Auseinandersetzung der GroKo und der dortigen Sandkastenspielchen genommen werden. Erst wenn die SPD den gelben Sandeleimer hergibt, bekommt sie auch den Plastikrechen. „Rosinenpickerei gibt es mit uns nicht“, so Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag.
Welche Auswirkungen und Belastungen eine weitere Verzögerung - wir sind heute über „rechtzeitig“ schon weit hinaus - für die betroffenen Firmen und das Vertrauen der Investoren leistet, wird schlicht ignoriert. Ich durfte schon vor Jahren die Erfahrung machen, wie ungläubig Unternehmenschefs von Mittelständlern reagieren, wenn man ihnen sagt, dass die gesetzlich gesicherte Vergütung nach EEG für zwei Monate im Voraus aufgrund des atmenden Deckels nicht vorausberechnet werden kann. Wer soll denn in dieser Situation heute große Investitionen für die kommenden Monate oder gar Jahre planen?
Mit dem Kohleausstieg geht es seit dem Abschlussbericht der Kohlekommission – vorgelegt vor nunmehr einem Jahr – auch nur langsam voran. Am Mittwoch dieser Woche fand dazu ein Spitzentreffen der betroffenen Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Merkel in Berlin statt, bei der zeitliche Ausstiegsplan aus der Kohleverstromung besprochen und verabschiedet wurde. Typisch: Der Zeitplan wurde zwar verabschiedet, die Öffentlichkeit kannte die geplanten Ausstiegstermine der einzelnen Kraftwerke jedoch bis Mittwoch noch nicht – am gestrigen Donnerstag wurde der Ausstiegspfad Braunkohle nun veröffentlicht. Soweit zu Transparenz und dem gesellschaftlichen Konsens des Kohleausstiegs, der politisch immer beschworen wurde. Und wollen wir wetten, ob die Zusage, die Kommissionsergebnisse „Eins-zu-Eins“ umzusetzen, der von vielen Seiten der Bundespolitik formuliert wurde, Bestand haben wird? Um das einzuschätzen zu können, sei gerne auch auf die entlarvenden Aussagen auf der Bundespressekonferenz vom 13.1.2020 verwiesen (dort im Video ab Minute 35). Ich wette klar dagegen.
Und die „Durchbruch“-Einigung beim Kohleausstieg diesen Mittwoch betrifft bisher nur die Politik als solches: Nach Angaben des Regierungssprechers Seibert in der Bundespressekonferenz laufen die Gespräche mit den Kraftwerksbetreibern ja noch, auch eine aktuelle Pressemeldung des Bundeswirtschaftsministeriums bestätigt das. Das heißt daher noch lange nicht, dass es so kommen wird, wie es jetzt beschrieben ist. Wichtig in unserem Zusammenhang ist jedoch die Anmerkung zum Gespräch am Mittwoch, dass die beschlossenen Abschaltpläne nun noch im Januar in einen Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes gegossen werden, das bis zum Sommer verabschiedet werden soll. Auch diesen Zeitplan hat auch das Bundeswirtschaftsministerium in einer Presseerklärung am gestrigen Donnerstag nochmals bestätigt.
Nun verbinden wir: Die Aufhebung des PV-Deckels soll mit Kohleausstieg im Paket kombiniert werden, der Kohleausstieg soll bis Sommer verabschiedet werden (real wird es dann ja eh wieder Herbst).
Bei allem Respekt: Aber das wird der Situation, dass die 52 GW schon in diesem Frühjahr erreicht werden könnten (siehe Bild), in keiner Art und Weise gerecht. Und die GroKo-Abgeordneten, die das so fordern und keine schnellere Abschaffung des Deckels wollen, seien daran erinnert, dass sie selbst bei der Verabschiedung der verschiedenen EEG´s der vergangenen Jahre immer folgender Formulierung zugestimmt haben: „Die Bundesregierung legt rechtzeitig vor Erreichung des in Absatz 5 bestimmten Ziels [Anmerkung: Das ist die Erreichung der 52 GW] einen Vorschlag für eine Neugestaltung der bisherigen Regelung vor“.
Die Abschaffung des PV-Deckels muss vorgezogen und rasch erledigt werden, sonst nimmt die Solarbranche - nicht nur Hersteller und Installateure, sondern auch massiv das Vertrauen von Kunden und Investoren - gewaltigen Schaden. Und dass der Ausbau der Photovoltaik einen großen Beitrag zur Energiewende liefern kann, soll und muss, ist ja nicht nur einfach so daher geschrieben.
Also: Ran an die Arbeit in Berlin. Das Ziel ist: Abschaffung des Deckels bis Mitte Februar. Ja, Februar 2020. Nicht 2035 oder 2038. Und gleich danach eine Ausweitung und Festlegung der Ausbaupfade und Zubauzahlen für die kommenden Jahre. Und die Abschaffung der EEG-Umlage, die Umsetzung des EU-Winterpakets und eine unbürokratische Mieterstromregelung, die uns Minister Altmeier ja auch schon für Herbst 2019 versprochen hatte. Dann – und nur dann - kann der Solarstrom in Deutschland richtig vorankommen.
Jörg Sutter