02.03.2018
BEE-Neujahrsempfang mit neuer Präsidentin
Der traditionelle Neujahrsempfang des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE) 2018 war wieder einmal das Ereignis im gesellschaftlichen Leben der Energiewendefreunde. Erneut kamen rund 1.300 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Medien und Verbändelandschaft in Berlin zusammen, um sich auf das energiepolitische Jahr einzustimmen. Festredner Peter Altmaier, schon beinahe Stammgast, betonte in seiner Rede die steile Lernkurve der Erneuerbaren Energien und die enorme Kostendegression, die allen Stromverbrauchern zu Gute käme. Das hatte er schon vor Jahren gesagt, wie überhaupt seine Rede Berliner Beobachtern verdächtig bekannt vorkam. Zum Thema Erneuerbare scheint der designierte Bundeswirtschaftsminister nicht viel mehr als einen Standardvortrag im Köcher zu haben. Und doch war in diesem Jahr etwas anders. Der Wechsel in der Präsidentschaft des BEE wurde aktuell und auf offener Bühne zelebriert. Der scheidende Präsident, Dr.-Ing. E.h. Fritz Brickwedde, übergab das BEE-Präsidentenamt an Dr. Simone Peter, die bis vor Kurzem noch zusammen mit Cem Özdemir die Grüne Partei geführt hatte.
Und sie hielt, gewissermaßen als erste Amtshandlung, gleich eine politische Rede, in der sie deutlich machte, dass sie den im flachen Gewässer dahin dümpelnden Dampfer BEE zu einer flotten und kampffähigen Fregatte machen wolle. „Erneuerbare Energien sind der zentrale Klimaschutzfaktor und gewinnen in dieser Hinsicht zunehmend an Bedeutung“, bekräftigt die neue BEE-Präsidentin gerade auch den Zusammenhang zur Klimapolitik. Die Erneuerbaren Energien seien der Grund, warum es überhaupt einen relevanten CO2-Einspareffekt gäbe, der aber durch den fossilen Verkehr, die Kohleverstromung und fossil befeuerte Heizungen wieder aufgefressen werde. Sie forderte einen forcierten Ausbau Erneuerbarer Energie, vor allem auch bei Wärme und Verkehr, eine CO2-Bepreisung sowie Sektorenkopplung. Peter hob darüber hinaus die starke Rolle der Bürgerenergie „als zentralen Schlüssel“ hervor, „wenn wir die Energiewende als Mitmachwirtschaft verstehen wollen“.
Das waren Töne, die man beim BEE seit längerem so nicht gehört hatte. Aber es war nicht einfach eine „Hello-Wach-Rede“, die sie vor der versammelten Energiewende-Prominenz abspulte. Peter weiß, wovon sie spricht. Denn sie ist vom Fach. Erneuerbare Energien standen bereits am Anfang ihrer politischen Karriere, als sie von 2001 bis 2004 zunächst im Dienste der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien (Eurosolar) e.V. bei Hermann Scheer in die Lehre ging.
Von 2004 bis 2009 baute sie als erste Geschäftsführerin die Agentur für Erneuerbare Energien e.V. (AEE) auf. Und auch als Saarländische Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr war sie von 2009 bis 2012 mit der Umsetzung der Energiewende im Stahl- und Kohleland an der Saar betraut.
„Die Erneuerbaren Energien brauchen heute mehr denn je eine starke, gemeinsame Vertretung. In den nächsten Jahren wird es darum gehen, alle Kräfte zu bündeln – politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Nur in Zusammenarbeit und mit Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger schaffen wir rasch eine moderne, klimaschonende und bezahlbare Energieversorgung auf Basis von Sonne, Wind und Co“. Damit spielte sie auf die ungelöste Frage an, inwieweit die Industrieverbände der Erneuerbaren den Weg zu einer gemeinsamen Vertretung finden würden oder weiterhin als singuläre Verbände für singuläre Technologie hinter der Entwicklung zurückblieben. Und sie machte damit gleich zu Beginn ihrer Amtszeit deutlich, dass der Anspruch des BEE, eine solche Vertretung zu werden, nicht vom Tisch ist.
Denn weder die Erderwärmung noch der internationale Wettbewerb würden auf Deutschland warten. Nach wie vor seien hier das Know-how und das Potenzial vorhanden, um die Energiewende voranzutreiben. Es gelte den „Stillstand der vergangenen Jahre zu überwinden“ und den Industriestandort Deutschland zukunftsfähig aufzustellen. Die Große Koalition forderte sie deshalb auf, das Klimaziel 2020 noch zu erfüllen und den Klimaschutzpfad in Richtung 2030 und 2050 gemäß den internationalen Verpflichtungen zu beschreiten. „Wir brauchen neben dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien im Stromsektor auch klare Ausbaupfade im Wärme- und Verkehrssektor“, so die neue BEE-Präsidentin. Damit ist einerseits ein Rahmen gesetzt, in dem Simone Peter den Verband zu führen gedenkt. Andererseits wird abzuwarten sein, wie schnell sich solche Veränderungen einleiten lassen. Denn auch der Industrieverband BEE ist längst ein Tanker, bei dem man einen langen Bremsweg einplanen muss, bevor es zu einer Kursänderung kommen kann. Es wäre zu hoffen, dass diese der neuen Präsidentin gelingt.
Klaus Oberzig