08.12.2017
Wem gehört der Himmel?
Die Erklärung der Menschenrechte ist zu wenig: George Adamson formulierte einst: „Darüber, wer die Welt erschaffen hat, lässt sich streiten. Sicher ist nur, wer sie vernichten wird.“ Übersetzt ins Heute heißt das: Um die Katastrophe noch abwenden zu können, ist ein radikales Umdenken erforderlich. Insbesondere gilt es eine revolutionäre Erkenntnis zu erlangen: Alle begrenzten Ressourcen wie Atmosphäre, Meere oder Böden müssen völkerrechtlich verbindlich geregelt werden. Denn noch heute kann sie jeder eigenmächtig als Deponieraum nutzen.
Gemeinschaftseigentum
In der Ökonomie spricht man von „Common-Pool-Ressourcen“, die als Gemeinschaftseigentum von jedem in Anspruch genommen werden können. In unseren Maßstäben erscheinen sie oftmals unendlich groß. Und auch wenn gemeinhin angenommen wird, dass die Erde dem Menschen gehört, ist das natürlich Blödsinn. Jedoch funktioniert das Leben auf unserem Planeten gemäß dieser Prämisse. Deshalb muss auch die Atmosphäre zu einem gemeinsamen Eigentumssystem (Common Property System) der Menschheit werden. Damit ist der Zugriff auf die Ressource Luft nicht frei, da sie kein öffentliches Gut mehr ist. Um klimapolitische Ziele zu erreichen, bedarf es verbindlicher Nutzungsrechte, da nur so der Erhalt und Verbrauch des gemeinsamen Eigentums geschützt ist. Ändert man nichts an den Eigentumsverhältnissen, kommt es unweigerlich zu Überlastung, Überbeanspruchung, Verschmutzung und letztendlich Zerstörung. Sicherlich lässt es sich trefflich über den Begriff des Besitzes streiten, aber die Festlegung auf ein klimapolitisches Ziel erfordert globales Gemeinschaftseigentum. Eine Begrenzung des Temperaturanstiegs festzulegen, ohne entsprechende völkerrechtliche Regelungen zu treffen, ist wenig erfolgversprechend.
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08.12.2017
Von Wärmepumpen und Wärmewenden
Am 26.11.2017 veröffentlichte das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (Fh-ISE) eine Presseinformation. Darin wird Wärmepumpen (WP) eine deutlich verbesserte Energieeffizienz attestiert. Eine Langzeitbeobachtung komme zu dem Ergebnis, so die Meldung, dass die Jahresarbeitszahlen (JAZ) von Luft-Wärmepumpen um etwa 20 Prozent gesteigert werden konnten. Für das ISE belegen die Feldtests deshalb, dass Wärmepumpen auch im Gebäudebestand effizient arbeiten können. Dr. Falk Auer von der Lokalen Agenda 21 - Gruppe Energie Lahr (Schw.) ist anderer Meinung und nimmt dazu wie folgt Stellung:
1. Fraunhofer-ISE und die Willkür beim Primärenergiefaktor
Das ISE stellt in den letzten zwanzig Jahren eine Verbesserung der Energieeffizienz von Elektro-Wärmepumpen fest. Das ist zum Teil auch der Fall, zumindest was die Technik betrifft. Trotzdem kommen Luft-WP im Mittel nach wie vor kaum über das schwache Energieeffizienzziel von JAZ = 3,0 hinaus, auch nicht beim ISE.
Die Technik ist es also nicht, die den Einsatz auch der weitgehend energie-ineffizienten Luft-WP befeuert, sondern der politische Wille der Bundesregierung, mit Strom nicht nur den Verkehr, sondern auch die Wohngebäude zu elektrifizieren. Damit das auch gelingt, haben die Beamten des Bundeswirtschaftsministeriums - willkürlich und damit ohne jeden sachlichen Grund, die Erneuerbaren und der CO2-Ausstoß stagnieren nämlich seit Jahren - bereits in der EnEV2016 den Primärenergiefaktor von 2,4 auf 1,8 herabgesetzt. Die strombasierten Heizsysteme erhalten dadurch einen beträchtlichen, jedoch ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil. Der Grund für diese Maßnahme: Der Überschussstrom aus Kohle- und Atomkraftwerken, z.Zt. etwa 10% pro Jahr, soll im Winter die Wärmepumpen antreiben. Und damit das auch klappt, benötigen wir nach dem Abschalten der Atomkraftwerke im Jahr 2022 für den Kohlestrom drei Stromtrassen von Norden nach Süden. Keiner sollte der Mär glauben schenken, dass die Trassen für die Windenergie notwendig sind. Schließlich würgt die Bundesregierung derzeit auch diese, nach der Photovoltaik und der Biomasse, noch ab.
2. Neueste Ergebnisse des Fraunhofer-IBP zur Energieeffizienz von Wärmepumpen
Das ISE geht in seiner Veröffentlichung nicht auf die neuen Ergebnisse eines Monitorings des Fraunhofer Instituts für Bauphysik (IBP) ein. Klar, sie passen nicht in die aktuelle Pressemitteilung. Die Mehrzahl der dort zwei Jahre lang untersuchten 16 Elektro-Wärmepumpen enttäuschte nämlich, weil sie bei weitem nicht die erwarteten Jahresarbeitszahlen erreichten. Die Ironie: Das IBP gehörte zusammen mit dem ISE bis 2015 dem Forschungsverbund Erneuerbare Energien (FVEE) an. Heute sind in dem FVEE die Fraunhofer Institute ISE und IWES Mitglied.
Die IBP-Ergebnisse in Kürze: Heutige Elektro-Wärmepumpen arbeiten deutlich schlechter als die Lokale Agenda 21 - Gruppe Energie Lahr und das ISE vor zehn Jahren ermittelten! Man sollte eigentlich meinen, dass sich seitdem die Jahresarbeitszahlen durch zunehmende Erfahrung verbessern. Doch nach wie vor machen Berater, Planer, Handwerker und Hersteller nicht nur die gleichen Fehler, sondern sogar noch mehr! Nur so ist es zu erklären, dass z.B. gemäß IBP heutige Luft-Wärmepumpen um mehr als 20% schlechter arbeiten als damals. Die mittlere JAZ sank nämlich von 2,8 (Agenda) / 2,9 (ISE) auf 2,2 unter Berücksichtigung der Speicher (Bilanzgrenze 3).
3. Fazit
Der Lobbyismus ist das eine, die Realität das andere - wie auch in anderen Bereichen. Das ISE schwärmt von Verbesserungen (plus 20%) und die Fachkollegen aus der gleichen Forschungsgesellschaft stellen parallel dazu Verschlechterungen (> minus 20%) fest. Wo liegt die Wahrheit? Vermutlich dazwischen, wenn alles fachgerecht geplant, eingebaut und betrieben wird, was immer noch nicht der Fall ist, wie erneut auch das IBP feststellt.
Es bleibt also dabei: Luft-Wärmepumpen tragen trotz aller Werbung, Schönrederei, Realitätsverlusten seiner Befürworter und einer Vergewaltigung beim Primärenergiefaktor kaum zum Klimaschutz bei. Wenn es schon eine Wärmepumpe sein muss, dann sei Bauleuten zu erdgekoppelten geraten. Der Grund: Nur diese sind in der Lage, Jahresarbeitszahlen von im Mittel mehr als 4,0 auch in der Praxis zu erreichen, also einem Wert, den auch klimaschutzorientierte Energieexperten fordern. Große Sprünge bei der Energieeffizienz sind zukünftig aber kaum mehr zu erwarten. Dieser Hoffnung schiebt die Physik einen Riegel vor. Stichpunkt: CARNOT’scher Wirkungsgrad. Das sollte man nicht nur Vertriebsleuten, sondern zunehmend auch Ingenieuren in Erinnerung rufen.
Falk Auer, Lokale Agenda 21 - Gruppe Energie Lahr (Schwarzwald)
www.agenda-energie-lahr.de
Schlussbericht über "Drei Luft - Groß-Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern in Lahr (Schwarzwald)"
In dem Zusammenhangmöchten wir auf einen kritischen Kommentar zur Studie „Wärmewende 2030 – Schlüsseltechniken zur Erreichung der mittel- und langfristigen Klimaschutzziele im Gebäudesektor“ hinweisen, der gerade erst in der SONNENENERGIE erschienen ist.
Diese Studie geht von der Zielsetzung der Bundesregierung aus, bis 2050 die Treibhausgasemissionen um 80 bis 95% zu senken. Als Zwischenziel sind bis 2030 die Emissionen um 55% zu mindern. Zur Zielerreichung sollen die energetische Gebäudesanierung, der Ausbau von Wärmenetzen und der Einsatz von Elektro-Wärmepumpen dienen. Die Verfasser dieses Beitrags kommentieren die zuletzt vorgeschlagene Maßnahme kritisch, weil für die Elektrifizierung des Wärmesektors – ähnlich wie auch im Verkehrsbereich – in nur 13 Jahren keine ausreichende elektrische Leistung und nicht genügend Ökostrom zur Verfügung stehen wird. Das gilt insbesondere für die energieineffizienten Luft-Wärmepumpen im Winter: Zum Artikel: SONNENENERGIE 4/17: Vollektrifizierung der Gebäudeheizung?
08.12.2017
Disruptionen werden schneller kommen als erwartet
"Wie disruptive Innovationen Kohle, Uran, Erdöl, Erdgas, konventionelle Autos und Energieversorger verdrängen", so lautet Untertitel des druckfrisch in deutscher Übersetzung erschienenen Buches "Saubere Revolution 2030" von Tony Seba. Damit verbindet der Autor zugleich die Vorhersage, dass Solartechnologie und elektrische Mobilität die herkömmlichen Technologien bis zum Jahr 2030 zersetzen und sprengen werden. Denn nichts anderes meint der aus dem Kalifornischen Silicon Valley stammende Begriff der Disruption: Innovationen fegen überholte Technologien weg. Daniel Bannasch von Metropolsolar Rhein-Neckar (Mannheim) hat die deutsche Übersetzung von "Clean Disruption of Energy and Transportation", das bereits 2014 erschienen war, besorgt. Der Autor Tony Seba, selbst Silicon Valley-Unternehmer und Stanford Dozent, legt darin seine Theorie von „Clean Disruption“ vor, die davon ausgeht, dass die Energiewende nach den gleichen wirtschaftlichen Spielregeln abläuft, wie wir sie bei Computern, Digitalfotographie oder Smartphones erlebt haben.
Firmen wie Apple, Google, Intel, Cisco, Facebook, Twitter oder Ebay unterliegen seiner Meinung nach den „Gesetzen der Informationsökonomie“. Deswegen seien sie wegen steigender Skalenerträge schnell und stark gewachsen. Das Gleiche gelte für die Solar- und Windbranche, die Teil dieser neuen Industriekultur seien. Während es bei der ressourcenbasierten Energieerzeugung um Knappheit, Raubbau und hierarchisch organisierte Monopole gehe, basiere das Geschäftsmodell bei Solar- und Windenergie auf vollständig anderen Prinzipien. Sind regenerative Erzeugungsanlagen erst einmal erbaut, stehe die saubere Energie im Wesentlichen kostenfrei und unbegrenzt zur Verfügung. Hier bei den „Null Grenzkosten“ sieht Seba die innere Ursache für die Disruptionswellen, die von dieser „informationstechnischen Revolution“ ausgingen.
lesen Sie hier die komplette Buchkritik (inkl. Bestellmöglichkeit)
08.12.2017
Workshop „Impulse für die Solarthermie“ in Hamburg
Am 6. Dezember war Moderator, Mediator und Transaktionsanalytiker Dr. Klaus Heidler aus Freiburg zu Gast im SolarZentrum Hamburg. Seine Aufgabe: Mit den 30 Teilnehmern über den Nutzen der Solarthermie aber auch Probleme und deren Ursachen zu diskutieren sowie Ansätze herauszuarbeiten. Ziel: Das Image der Solarthermie verbessern.
Der erste Teil des Workshops bestand in einem Fachvortrag, der die Ergebnisse der REMod-Studie des Fraunhofer ISE und die Rolle der Solarthermie an der Energiewende darstellte. Deutlich wurde, dass im Vergleich zum aktuellen Stand die Solarthermie mindestens um den Faktor 6 anwachsen muss. Hier waren die Teilnehmer zum ersten Mal gefragt. Gesucht war der Nutzen der Solarthermie sowie „Killerargumente“. Von den Teilnehmern wurden Argumente gesammelt und sortiert, als schwerwiegende Nachteile benannten sie beispielsweise: „seit Jahrzehnten die gleichen Probleme“ und „sobald es mehr werden soll als Trinkwassererwärmung, wird’s kompliziert“. Auf der positiven anderen Seite wurden u.a. „die umweltfreundliche Herstellung, Arbeitsplätze, regionale Wertschöpfung und kein Stress mit dem Finanzamt“ als Nutzen-Argumente identifiziert. In diesem Zusammenhang wurde auch die unzureichende Ausbildung der Akteure bemängelt: „die solare Wissensvermittlung im Studium der Architekten ist gleich Null“ und „Kaum noch Fachhandwerker“.
Im weiteren Verlauf wurde die Bedeutung eines klugen Umgangs mit den Kunden deutlich gemacht. Von „Echo- und Judotechnik“ war die Rede, von Zuhören, Ernst nehmen und dem Vorteil des Gebrauchs des Wortes „und“ statt „aber“ in der Kommunikation. „Nur wenn Sie bereit sind, den Kunden zu verlieren, können Sie ihn gewinnen“ war einer der Leitsätze. Insgesamt war es eine recht lebendige Veranstaltung mit viel Platz für Diskussion und einem durchweg positiven Feedback der Teilnehmer. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an Herrn Dr. Klaus Heidler!
Bernhard Weyres-Borchert
Anmerkung: Das Team des SolarZentrum Hamburg informiert und berät zu allen Fragen der Nutzung von Sonnenenergie in und um Hamburg – produktneutral und unabhängig. Dieses Angebot ist dank der Unterstützung der Behörde für Umwelt und Energie Hamburg kostenfrei. Das Angebot wird durch die Kooperationspartner, dem Zentrum für Energie-, Wasser- und Umwelttechnik der Handwerkskammer Hamburg (ZEWU) und dem Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein e.V. der DGS ermöglicht.
08.12.2017
Vogelkiller Windkraft? Erschießt alle Katzen!
Die Windkraft hat mit immer heftigeren Widerständen zu kämpfen. Windkraftanlagen sind hässlich, verspargeln die Landschaft und machen durch ihren gefährlichen Infraschall krank - mindestens. Und dann gibt es noch Unmengen an unschuldigen Vögeln, die von den Rotoren grausam geschreddert werden. Immer wenn neue Windparks geplant werden, schließen sich besorgte Bürger zusammen, um solche Argumente auszutauschen.
Über Geschmack kann man immer streiten. Manch einer findet eine mehrere hundert Meter tiefe Braunkohlegrube schöner als einen Windpark. Akzeptiert. Möglicherweise liegt es aber auch nur daran, dass die Braunkohlegrube anders als der Windpark nicht vor der eigenen Haustür entsteht und das eigene Haus keinem Braunkohlebagger weichen muss.
Tatsächlich senden Windkraftanlagen auch Infraschall aus. Das sind niederfrequente Schallwellen unterhalb der Hörgrenze. Ob diese überhaupt schädlich sind, ist umstritten. Bevor Windkraftgegner jedoch auf Bürgerversammlungen davor warnen, sollten sie sich sehr gut überlegen, ob sie mit dem Auto dorthin fahren. Die Infraschallbelastung im Auto liegt nämlich um Größenordnungen über denen einer Windkraftanlage.
Für Vögel stellen Windkraftanlagen wirklich eine ernstzunehmende Gefahr dar. Die Zahl der getöteten Vögel durch Windkraftanlagen in Deutschland wird auf bis zu 100.000 pro Jahr geschätzt. Das ist bedauerlich. Wer aber wirklich ein Herz für Vögel hat, sollte auch auf helle Wohnungen verzichten. Rund 90 Millionen Vögel sterben jährlich in Deutschland an Glasscheiben. Auch im Straßenverkehr kommen erheblich mehr Vögel ums Leben als durch Windkraftanlagen. Der mit Abstand größte Killer für Vögel ist bei vielen Menschen allerdings der Renner bei Videoclips: Die Katze. In den USA gehen Studien von weit über einer Milliarde durch Katzen getöteten Vögel aus. Wenn Sie also eine Katze beseitigen, retten sie damit mehr Vögeln das Leben als durch eine Windkraftanlage jemals sterben werden.
Die Windkraft ist in Deutschland die wichtigste Technologie zur Bekämpfung des Klimawandels. Wollen wir die schlimmsten Klimakatastrophen vermeiden, brauchen wir einen deutlichen Ausbau der Windkraft. Natürlich muss beim Ausbau der Windkraft auch der Umwelt- und Naturschutz beachtet werden. Doch autofahrende Windkraftgegner mit Hauskatze sollten erst mal ihre Schadstoffschleuder verschrotten, ein Haus an einer Braunkohlegrube kaufen und ihre Katze erschießen, bevor sie weiter gegen die Windkraft kämpfen.
Volker Quaschning
Ertmals erschienen in der Zeitschrift agrarheute ENERGIE (Ausgabe 11/2017, S.22)
08.12.2017
Balkonkraftwerke: Unser Beitrag zum Klimaschutz
Das Jahr 2017 neigt sich dem Ende zu. Wir wollen dies zum Anlass nehmen, uns schon jetzt für das entgegengebrachte Vertrauen und Ihre Unterstützung für die DGS zu bedanken.
Wir konnten in diesem Jahr einige Erfolge in unserer Arbeit verzeichnen. So ist die Normierung von Balkonkraftwerken auf den Weg gebracht worden. Gerne möchten wir Sie auch im kommenden Jahr weiter zeitnah und aktuell mit Informationen (SONNENENERGIE und DGS-News) versorgen und unsere Beratung und Dienstleistungen für Sonnenenergie und Erneuerbare Energien weiter ausbauen. Wir setzen unsere politische Arbeit fort, die nach den aktuellen Entwicklungen in Berlin auch weiter wichtig bleibt. Momentan arbeiten wir beispielsweise an einer Produktnorm für sogenannte „steckbare Stromerzeugungsgeräte“ und einer Kennzeichnung nach DGS-Sicherheitsstandard.
Um unsere ehrenamtliche Arbeit fortführen zu können, benötigen wir Spenden
08.12.2017
Thomas Seltmann (Verbraucherzentrale NRW): Ich empfehle Stecker-Solar-Geräte, wenn …
Mit einer kleinen Photovoltaikanlage können auch Mieter Solarstrom - zum Beispiel auf dem Balkon - selbst erzeugen und so ihre Stromrechnung mindern. Welche Sicherheitsstandards dabei zu beachten sind und was im Umgang mit Vermietern und Netzbetreibern zu klären ist, erläutert Thomas Seltmann, Referent für Photovoltaik der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im Interview mit Guido Bröer, dem Chefredakteur der Fachzeitschrift Solarthemen, das auf den Internetseite des Solarserver veröffentlicht wurde.
Solarserver: Herr Seltmann, können Sie als Verbraucherschützer den Kauf einer Photovoltaikanlage für's Balkongeländer empfehlen?
Thomas Seltmann: Wir nennen diese Systeme Stecker-Solar-Geräte und sehen sie nicht als Anlage, sondern als stromerzeugendes Haushaltsgerät. Ich würde diese Empfehlung gern uneingeschränkt geben. Leider haben viele Anbieter solcher Geräte ihre Hausaufgaben noch nicht gemacht und der Gesetzgeber macht die Nutzung der Systeme bürokratischer als es sein müsste.
Solarserver: Welchen Anteil seines Stromverbrauchs kann ein normaler Zwei-Personen-Haushalt mit einem typischen Stecker-Solar-Gerät erzeugen?
Thomas Seltmann: Platz ist häufig für ein bis zwei Solarmodule mit jeweils bis zu 300 Watt Leistung. Unter realen Bedingungen wird ein Modul etwa 200 Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugen. Das ist etwa ein Viertel des Stromverbrauchs einer Person.
Solarserver: Lohnt sich das auch finanziell?
Thomas Seltmann: Unter optimalen Bedingungen kann sich ein Stecker-Solar-Gerät schon innerhalb von 10 Jahren amortisieren. Da hochwertige Solarmodule 20 bis 30 Jahre und länger arbeiten, wird es sich auch finanziell lohnen. Aber es ist eher eine langfristige Anschaffung, die keine kurzfristigen Geldvorteile bringt. Wir sehen aber auch andere Vorteile wie Lerneffekte zum bewussteren Umgang mit Strom und Energie im Haushalt, die weitere Kosteneinsparungen unterstützen.
Lesen Sie das komplette Interview auf der Seite des Solarservers
08.12.2017
Videoserie: SHC/SWC (3) - Daniel Mugnier: Solar Cooling in the MENA region
Über 400 Solar-Experten aus aller Welt trafen sich Anfang November in Abu Dhabi. Von der Doppelkonferenz "SHC2017" und "Solar World Congress" berichten die Journalistinnen Bärbel Epp (Interview) und Eva Augsten (Kamera und Schnitt) in einer Serie von Video-Interviews (auf Englisch).
Diesmal: Daniel Mugnier, Innovation Manager bei Tecsol aus Frankreich, erklärt, wie PV und Solarthermie den Energieverbrauch für die Gebäudekühlung in der Golf-Region reduzieren könnten: "Womöglich ist diese Konferenz der Anfang einer großen Geschichte", sagt er.
direkt zum Video mit Daniel Mugnier
In dieser Reihe sind bisher erschienen:
Hans-Josef Fell: Warum Einspeisetarife immer noch wichtig sind
Maria Wall: Solar Energy in Urban Planning
08.12.2017
Kleiner Medienspiegel
Zukunftshaus dank Erneuerbarer im Verbund: Die Berliner Wohnungsgesellschaft degewo konnte ihr Modellprojekt mit einer Bestandsmodernisierung mit 100 Prozent Erneuerbaren Energie erfolgreich abschließen. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein achtstöckiges Wohnhaus der 1950er Jahre. In nur 16 Monaten Bauzeit wurde es mit modernsten Nachhaltigkeitstechnologien so umgerüstet, dass es sich zu nahezu 100 Prozent selbst mit Wärme und Strom versorgen kann. Die Technikkomponenten haben zum Ziel, Strom und Wärme zu erzeugen und die Energieeffizienz zu maximieren: Eingesetzt und kombiniert werden: Solarhybrid, Photovoltaik, Stromspeicher (Redox-Flow-Batterie), Erdreichspeicher (Wärmeversorgung), Hochgedämmte Gebäudehülle (Passivhaus-Standard), Lüftung mit Wärmerückgewinnung und Flächenheizung. Die 64 Wohnungen mit einer Wohnfläche von insgesamt 3.626 m² sind nach dem Umbau im April inzwischen alle wieder vermietet: degewo Zukunftshaus – die Technik
Jordanien auf dem Weg zur Solarnation: Im Wüstenstaat Jordanien gibt es immer stärker anwachsende Investitionen in Erneuerbare Energien, insbesondere in Solarenergie. Das berichtet Hans-Josef Fell, der am vierten internationalen Investmentforum für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (IIFREEE 2017) vom 5. bis 7. Dezember am Toten Meer teilnahm. Jordanien habe zwar aktuell erst einen Anteil von 2% Erneuerbaren Energien am Gesamtenergiebedarf und 6,5% im Stromsektor, bis 2025 sollen jedoch 10% bzw. 20% erreicht werden. Das Land sei auf gutem Wege, diese Ziele weit zu übertreffen. So werden in Jordanien bis 2020 etwa 2,4 GW an Neuinvestitionen in Wind und Solarprojekte bis 2020 erwartet. Bloomberg hat Jordanien deshalb auf Nummer 1 im Ausbau der Erneuerbaren Energien in der MENA Region und auf Nummer 3 weltweit gesetzt. Es gebe aber auch noch große politische Defizite, so hält die jordanische Regierung trotz aller Kostenvorteile für Erneuerbare Energien an den erheblich teureren Plänen für den Neubau von Atomkraft fest. Welche Innovationskraft in Jordanien für spezifische Anwendungen entwickelt wird, zeigen einige erfolgreiche spezifische Projekte der letzten Monate. So wurde die weltweit erste Solarklinik eingeweiht: Solar Clinic: Einweihung in Jordanien
Weltweit erste schwimmende Windfarm erhält Speicher: Der Windpark Hywind Scotland im Norden Schottlands erhält einen Batteriespeicher. Betreiber Statoil hat den deutsch-amerikanischen Speicherspezialisten Younicos mit der Lieferung eines Batteriesystems mit einem Megawatt (MW) Leistung und einer Kapazität von 1.300 Kilowattstunden (kWh) für den Pilotwindpark beauftragt. Die Batterie wird im Speicherprojekt Batwind eingesetzt, einem Gemeinschaftsprojekt von Statoil und Masdar. Es soll im zweiten Quartal 2018 in der Küsten-Station des Windparks in Peterhead in Betrieb gehen. Mit dem Projekt soll untersucht werden, wie eine Batterie „den Wert der produzierten Energie erhöhen“ kann. Dazu soll die Batterie nicht nur einfach laden und entladen, sondern abgestimmt auf den Windpark und das Netz arbeiten. Damit wird der Fluktuation der erneuerbaren Stromerzeugung schon auf der Ebene der Erzeugung begegnet und nicht erst im Netz, so das Konzept. Die Steuerungssoftware der Batterie wird automatisch erkennen, wann Strom aufgenommen und wann abgegeben werden soll. Damit kann planmäßig eingespeist und das Netz entlastet werden: Erster schwimmender Offshore-Windpark in Betrieb
Abwärme heizt das neue Gewerbegebiet: Die MVV aus Mannheim, Standortbetreiber des Industrieparks Gersthofen bei Augsburg, liefert künftig die Fernwärme für den angrenzenden B2-Gewerbepark. Ein Teil der Abwärme aus dem Ersatzbrennstoff(EBS)-Kraftwerk soll künftig dafür eingesetzt werden, warmes Wasser in das neue Fernwärmenetz einzuspeisen. Betreiber der Fernwärmeleitung ist die B2-Gewerbepark GmbH, die das neu entstehende Gewerbegebiet entwickelt. MVV speist den Dampf in die Übergabestelle ein. Ein Wärmetauscher-Aggregat sorgt dafür, dass aus dem Dampf warmes Wasser wird. Zu den Kunden gehören ein neues Hotel und verschiedene Betriebe im Gewerbepark. Das EBS-Kraftwerk versorgt durch Verbrennung von aufbereiteten Siedlungs- und Gewerbeabfällen seit 2009 Chemieunternehmen im Industriepark mit Prozesswärme: Abwärme heizt das neue Gewerbegebiet
Automotive-Zulieferer am Wendepunkt: Automobil-Zulieferer geraten massiv unter Veränderungsdruck. E-Mobilität und autonomes Fahren bedeuten für Autobauer und Zulieferer zwar neue Chancen, aber auch eine erhebliche Umstellung. So werden Bereiche wie Batterien, Sensoren und elektrische Antriebsmodule um bis zu 1.000 Prozent wachsen, Getriebe und Auspuffsysteme hingegen um 30 bis 35 Prozent nachlassen. Das zeigt der aktuelle Deloitte-Report "The Future of the Automotive Value Chain: Supplier Industry Outlook 2025". Wie genau sich die Veränderungen auswirken können, demonstriert der Report anhand von vier unterschiedlichen Szenarien zur potenziellen Rolle des Automobils im Jahr 2025 und einer detaillierten Modellierung von Marktvolumina in den Regionen Deutschland, China und NAFTA. "Komponenten für konventionelle Antriebssysteme, aber auch generell Produkte der stahl- oder gummiverarbeitenden Industrie werden bis zum Jahr 2025 im Gesamtvolumen stark nachlassen. In Euro und Cent bedeutet das: Während beispielsweise der Markt für Batterien und Brennstoffzellen von heute 5,5 Mrd. Euro - im besten Fall - auf über 81 Mrd. im Jahr 2025 wächst, schrumpft derjenige für Getriebe von jetzt 61 Mrd. auf - im schlechtesten Fall - nur noch 39 Mrd. in sieben Jahren", erklärt Dr. Nikolaus Helbig, Partner Strategy & Operations bei Deloitte: Automotive-Zulieferer am Wendepunkt
Solaranlage pachten vom örtlichen Energieversorger: Ob es sich finanziell lohnt, eine Solaranlage vom örtlichen Energieversorger zu pachten statt eine eigene zukaufen, das hat die Verbraucherzentrale NRW mit einer Stichprobe in 13 Städten untersucht. Dabei hat sie große Unterschiede festgestellt. Beim Schlusslicht Stadtwerke Hilden etwa machte der angenommene Fünf-Personen-Beispielhaushalt über eine Pachtzeit von 18 Jahren satte 8.734 Euro Verlust. In anderen Orten hingegen konnte derselbe Beispielhaushalt ein Plus verbuchen – bis zu 869 Euro bei den Wuppertaler Stadtwerken. Insgesamt erwiesen sich in der Beispielrechnung nur 3 der 13 Angebote unter den getroffenen Annahmen als wirtschaftlich. „Pachtmodelle für Photovoltaikanlagen können finanziell attraktiv sein, das zeigen unsere Ergebnisse. Trotzdem ist es der Großteil nicht, und manch ein Pachtangebot der örtlichen Energieversorger ist schlicht inakzeptabel“, sagt Udo Sieverding, Leiter des Bereichs Energie der Verbraucherzentrale NRW. Die wirtschaftlichsten Modelle schnitten in der Untersuchung günstiger ab als die Finanzierung über einen Förderkredit und teils sogar als der Barkauf. „Dass das Pachten in manchen anderen Orten ein Verlustgeschäft von mehreren Tausend Euro ist, wird im Gesamtkonzert der lauten Werbebotschaften nicht immer deutlich genug, sondern kann darin schnell untergehen“, so Sieverding. Die Verbraucherzentrale NRW prüfe daher rechtliche Schritte gegen die Darstellung finanzieller Vorteile in einzelnen Angebotsbewerbungen: Solaranlage pachten vom örtlichen Energieversorger?
Klaus Oberzig