20.10.2017
Wertkonservative Außenpolitik oder Klimaschutz
„Der Kohleausstieg allein wird nicht reichen“, sagte die Grüne Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden am 17. Oktober bei der vierten ZEIT Konferenz Energie & Klimaschutz im Hinblick auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen im Bund. Es sei „keine Option, die Klimaziele zu verändern“. Sie versuchte damit zum Ausdruck zu bringen, dass die Grünen bei einer Jamaika-Koalition beim Klimaschutz nicht nachgeben dürften. Schon gar nicht angesichts von COP 23, der UN-Klimakonferenz, die vom 6. bis 17. November 2017 ausgerechnet in Bonn stattfindet. „Die hohe Akzeptanz, die wir für die Energiewende in der Bevölkerung haben, darf jetzt nicht verspielt werden.“
Genau dieses Dilemma hatte am Wochenende aber die Landtagswahl in Niedersachsen offenbart. Die Grünen konnten oder wollten im Bundestagswahlkampf die Energiepolitik und den Klimaschutz nicht als ihr zentrales Thema in den Vordergrund stellen. Stattdessen nahmen sie, trotz parallel ablaufender „Steilvorlagen“ in Form von Wetter- und Klimakatastrophen, die Gelegenheit nicht war ihr traditionelles Profil zu schärfen. Im Gegenteil, sie folgten dem von Kanzlerin Merkel angeführten Todschweigen dieser Thematik. Spätestens die Niedersachsenwahl machte deutlich, wie saft- und kraftlos sie inzwischen bei ihrem einstigen Kernthema geworden waren bzw. sind. Mit minus 5,3 Prozent bedeuteten die Verluste nicht nur die höchsten bei allen angetretenen Landtagsparteien, sie bedeuteten auch das Ende der rot-grünen Koalition in Hannover.
Die Auswirkungen auf die Verhandlungen für eine Jamaika-Koalition in Berlin ließen denn nicht lange auf sich warten. Denn ohne Mehrheit für ein rot-grünes Niedersachsen gibt es für die Grünen nur die Möglichkeit über eine Jamaika-Option in Hannover in der Regierungsverantwortung zu bleiben.. Wie sehr die Niederlage der Grünen erwartet oder erwünscht war, zeigte noch am Wahlabend die Reaktion des FDP-Vorsitzenden Lindner. Er schloss eine Bündnis mit der SPD und somit eine Ampelkoalition kategorisch aus und brachte die gleiche Konstellation wie im Bund ins Spiel. Auf die Frage, wieso er in der einen Konstellation mit den Grünen zusammenarbeiten könne und in der anderen nicht, gab er eine bezeichnende Antwort: Er wolle in Bund und Land einen Politikwechsel. Der ginge nicht mit der SPD. Mit den Grünen vermutlich schon.
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20.10.2017
Die Koalitionsgespräche und das deutsche Emissionsbudget
(KlimaLounge) Wir füllen die Atmosphäre mit CO2 wie eine Badewanne mit Wasser. Man kann nur eine begrenzte Wassermenge hineinlaufen lassen, bevor die Wanne überläuft. Je eher man den Hahn drosselt, desto länger kann man noch Wasser laufen lassen. So ähnlich ist es auch mit dem Deponieraum für CO2 in der Atmosphäre. Hier die wichtigsten Fakten zum deutschen Emissionsbudget. Wie viele Jahre reicht es noch?
Diese Woche beginnen die Koalitionsgespräche über die künftige Bundesregierung. Alle potenziellen Regierungspartner bekennen sich dazu, das Pariser Klimaschutzabkommen umzusetzen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, haben Bundestag und Bundesrat doch im September 2016 den Beitritt zu dem Abkommen einstimmig beschlossen. Aber was bedeutet das Pariser Abkommen konkret für unseren weiteren CO2-Ausstoß? Dringenden Handlungsbedarf ohne Aufschub, wie ein Blick auf die Zahlen zeigt.
Warum gibt es ein begrenztes Emissionsbudget?
Unsere CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe und (zu einem kleinen Teil) aus Entwaldung sind die Hauptursache der globalen Erwärmung. CO2 ist ein langlebiges Treibhausgas – einmal in die Luft entlassen, verschwindet es nicht so leicht. Zumindest ein großer Teil davon nicht – so verhindern unsere Emissionen in diesem Jahrhundert wahrscheinlich sogar die nächste, in 50.000 Jahren fällige Eiszeit, weil selbst dann noch genug CO2 in der Atmosphäre übrig sein wird. (Allerdings verteilt sich das CO2 auch auf Ozeane und Wälder, sodass die Atmosphäre eher wie eine löchrige kleinere Badewanne in einer größeren Wanne ist, deren Aufnahmefähigkeit aber ebenfalls begrenzt ist. Mehr zum Kohlenstoffkreislauf in diesem früheren Beitrag.)
Fakt ist aber: wer die globale Erwärmung begrenzen will, der kann nur noch eine begrenzte Gesamtmenge in die Luft pusten. Je größer diese ist, desto wärmer wird es auf der Erde. Im Pariser Abkommen wurde von fast allen Staaten der Erde (195 Stück) im Konsens beschlossen, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 °C zu begrenzen, wenn möglich sogar auf 1,5 °C. Dieses Ziel bedeutet automatisch eine begrenzte Restmenge an CO2-Emissionen.
Allerdings lässt sich diese nur ungenau beziffern. Erstens liegt das an der Spanne von 1,5 bis 2 °C Erwärmung, dem sogenannten Paris-Korridor. Da wir heute schon bei über 1 °C Erwärmung liegen, ist der verbleibende Spielraum irgendwo zwischen 0,5 und 1 °C – bereits ein Faktor 2. Dazu kommt: es gibt noch andere Treibhausgase sowie den kühlenden Effekt von Smog (Aerosolen) – wie wir damit umgehen beeinflusst natürlich, wie viel Spielraum beim CO2 bleibt. Hinzu kommen die verbleibenden Unsicherheiten in der Reaktion des Klimasystems. So ist es nicht verwunderlich, dass die Spanne der mit dem Paris-Korridor kompatiblen Emissionsbudgets für CO2 zwischen 150 und 1050 Milliarden Tonnen (Gigatonnen, Gt) liegt (siehe dazu den Übersichtsartikel von Glen Peters).
lesen Sie den hier den vollständigen Artikel von Stefan Rahmstorf
20.10.2017
Sunowe und der Zollbetrug: Module abschrauben ist möglich
Zwei aktuelle Verfahren in Nürnberg zeigen: Zollfahndung und Staatsanwaltschaften sind chinaorientierten Solarfirmen auf der Spur, welche die EU-weit geltenden Mindesteinfuhrpreise (MEP) nicht einhalten. Doch auch deren Kunden könnten eine Überraschung erleben.
„2014 haben wir der EU-Kommission 1.000 Seiten Belege für Preise unter MEP gegeben. Ich bin sehr froh, wenn sich jetzt erste Ergebnisse zeigen.“ Milan Nitzschke vom europäischen Hersteller- und Installateurverband EU Pro Sun nennt dabei keine Namen. Doch nun wurden zwei dieser „ersten Ergebnisse“ in und um Nürnberg öffentlich. Ein Zollbetrugsverfahren um Solarmodule von Risen Energy endete kürzlich mit Bewährungsstrafen von jeweils 16 Monaten für zwei „Mitläufer“. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt nach Gerichtsangaben noch nicht vor. Zudem konnte der für die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth (STA) „Hauptverantwortliche noch nicht festgenommen werden“.
Ebenfalls in Franken hat laut Zoll-Angaben die Firmengruppe Sunowe Photovoltaic ein „Betrugskartell mit Solarmodulen“ betrieben. Auch hier soll gegen die MEP verstoßen worden sein. Bei Sunowe soll sich der „hinterzogene Zoll“ auf 30 Mio. Euro summieren. Um das zu beweisen, hat die Zollfahndung letzte Woche 14 Geschäfts- und Wohnräume durchsucht. Seitdem sitzen drei Personen in U-Haft, darunter ein Stellvertretender Landrat. Auf dem Briefkasten des Firmensitzes steht „Sunowe Photovoltaic“ und ein weiteres Dutzend Firmennamen der Gruppe.
Offenbar günstige Solarmodulpreise sowie das Sunowe-Versprechen, „unsere Module lagern wir in Deutschland und können diese direkt ab Lager verkaufen. Der Kunde schließt seine Verträge mit einer deutschen Gesellschaft, gerne in deutscher Sprache und alle Bestimmungen unterliegen deutschem Recht“ lockten viele, „Chinesische Qualitätsmodule zum attraktiven Herstellerpreis direkt ab Deutschland“ zu kaufen. Zumal „Bestellung und Garantieabwicklung nach deutschem Recht in deutscher Sprache“ stattfände, wie auf der Sunowe-Webseite zu lesen ist.
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20.10.2017
Absichtslose Ästhetik: Die Solarhäuser von Konrad Frey
Konrad Frey war ein Pionier. Er hat datenbasiert und wissenschaftsgetrieben Solarhäuser geplant und gebaut. Bekannt sind er und sein Werk nur wenigen. Das soll ein vom Wissenschaftsfonds FWF unterstütztes Projekt des Architekturtheoretikers Anselm Wagner ändern.
"Die Architektur Konrad Freys zeichnet sich dadurch aus, dass sie ihre Form aus der Funktion heraus entwickelt", sagt der Grazer Kunsthistoriker und Architekturtheoretiker Anselm Wagner. Die Arbeit des 1934 in Wien geborenen und später in Graz und London tätigen Architekten zeichnet sich durch noch mehr aus –, sie ist Sonnenhausarchitektur im besten Sinne des Wortes. Bereits 1972 hat Konrad Frey zusammen mit Florian Beigel das erste Solarhaus Österreichs entworfen. – Basierend auf seinen wissenschaftlichen Arbeiten zur Nutzung der Sonnenenergie seit Ende der 1960er-Jahre. Frey war zweifellos ein Pionier und ist dennoch weitgehend unbekannt. "Graz ist für die Grazer Schule bekannt, wie sie Friedrich Achleitner genannt hat, und für die Dekonstruktivisten wie Günther Domenig", erläutert Wagner, der aktuell das vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte Forschungsprojekt "Die Solarhäuser von Konrad Frey: Umweltforschung und solares Wissen im Entwurf" an der Technischen Universität (TU) Graz leitet. Konrad Frey ist kein Dekonstruktivist. Er sei, betont Wagner, auch kein zeichnender Architekt, vielmehr ein Forschender.
Als Architekt übersehen
Ein Forschender, der nur wenig gebaut hat, und das noch dazu meist am Rand, in der Provinz. Abseits der Metropolen, fern der stark befahrenen Wege. "Hätte er in Wien gearbeitet, wären seine ersten Arbeiten im Umfeld der Stadt entstanden, seine Architektur wäre längst schon Gegenstand der Forschung", ist Anselm Wagner überzeugt. In den vergangenen Jahren nimmt die Debatte um Nachhaltigkeit an Fahrt auf. Doch, kritisiert Wagner, drehe sie sich in erster Linie um Ökonomie und Ökologie. Nicht aber um die Architektur. "Das hat Folgen für die Landschaft, in Form uninspirierter Null-Energie-Häuser. Die Ästhetik wird vollkommen außer Acht gelassen", kommentiert Wagner. Dabei finden wissenschaftliche Erkenntnis, Stilempfinden und ökologischer Anspruch durchaus zusammen. Das zeigen die Arbeiten Freys, der in den 1970ern am Grazer Forschungszentrum Joanneum die Energieberatung aufbaute.
Versuchsstation der Energiegewinnung
Das Haus Zankel nahe Genf und doch schon in Frankreich, in Prévessin, plante Frey ab 1976 für den damaligen CERN-Physiker Karl Zankel. Es ist in jeder Hinsicht ungewöhnlich, ist eine ausdrucksvolle Raumskulptur, ein Solarlabor, eine Versuchsstation. Es vereint aktive und passive Gewinnung von Solarenergie und funktionelle Technikbegeisterung mit postmodernem Witz. "Frey hat, wie gesagt, aus der Funktion heraus seine Formen gefunden. Er konnte gar keine Schule begründen. Es gibt keine Linie, kein Design, das er geprägt hat", erklärt Wagner. Vielmehr handle es sich bei den Bauten des Energieberaters um eine absichtslose Ästhetik. Wesentlich sei indes der Begriff des 'Environments', erklärt Forschungsleiter Wagner. "In dem Sinne, dass für Frey ein Haus nicht nur eine Wohnmaschine ist, sondern den physischen und psychischen Bedürfnissen seiner Bewohner ebenso entsprechen muss, wie es sich in seine Umgebung einfügt."
20.10.2017
Solarenergie auf dem Hausdach: Verhaltenspsychologie beeinflusst Kaufentscheidungen
In der Entscheidung, eine Solaranlage zu kaufen, steckt wohl mehr Verhaltenspsychologie, als den meisten Hausbesitzern bewusst ist. Eine Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zeigt, dass sich ein Boom beim Kauf von Solaranlagen vor der Kürzung des Einspeisetarifs nicht allein mit Modellen aus den Wirtschaftswissenschaften erklären lässt. Sehr genau können die Forscher das Investitionsverhalten dagegen voraussagen, wenn sie zusätzlich Modelle aus der Verhaltensökonomie und Kognitionspsychologie anwenden. Im Bereich der Energiesystemanalyse untersuchen DLR-Energieforscher anhand von Modellberechnungen, wie sich der Energiemarkt zukünftig entwickelt und auf Änderungen bei der Förderung reagiert. Sie bieten damit Entscheidungshilfen für Energieunternehmen und Politik bei der Gestaltung des zukünftigen Energiesystems.
Boom vor Kürzungen ist nicht alleine mit der Wirtschaftlichkeit zu erklären
Über eine Million Solaranlagen wurden in den vergangenen Jahren auf deutschen Hausdächern installiert, gefördert durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Wissenschaftler des DLR-Instituts für Technische Thermodynamik sind der Frage nachgegangen, wie Änderungen bei dieser Förderung die Kaufentscheidung der Hausbesitzer beeinflusst haben. "Wir wollten herausfinden, wann und aus welchen Gründen die Deutschen in den letzten zehn Jahren in Solaranlagen investiert haben", beschreibt Martin Klein, Doktorand in der Abteilung Systemanalyse und Technikbewertung des Instituts für Technische Thermodynamik, die Ausgangsfrage. Zunächst rechneten die Forscher aus, wie viel man mit einer Solaranlage verdient hätte und setzten diese Wirtschaftlichkeit ins Verhältnis zum tatsächlichen Zubau. "Unsere Hoffnung war, das Kaufverhalten anhand der Wirtschaftlichkeit der Anlagen nachvollziehen zu können. Dies hat aber insbesondere vor Kürzungen des Einspeisetarifs nicht funktioniert. Immer wenn der Gesetzgeber die Förderung reduzierte, gab es einen Investitionssprung - die Leute wollten wohl noch von einem vergleichsweise höheren Einspeisetarif profitieren, selbst dann, wenn die absolute Gewinnerwartung zu diesem Zeitpunkt gar nicht so hoch war."
Modelle mit Parametern aus der Verhaltenspsychologie funktionieren sehr genau
Was sich intuitiv erklären lässt, zeigte sich in bisher keinem der Modelle: Vor Kürzungen bei der Förderung der Solaranlagen lag der tatsächliche Zubau von neuen Solaranalgen zum Teil zwei bis dreimal höher als vorhergesagt. Relativ genau konnten die Forscher die Investitionssprünge in der Vergangenheit dagegen modellieren, als sie Erkenntnisse aus der Verhaltensökonomie und Kognitionspsychologie mit in die Berechnungen einfließen ließen. Die Investitionssprünge werden dabei mit einer sogenannten "kognitiven Verzerrung" erklärt, das heißt mit einer systematischen Abweichung davon, was rational zu erwarten wäre. Ein besonderer Kaufanreiz vor einer Kürzung ist demnach die Angst, dass man einen Vorteil, der wegfällt, nicht genutzt hat.
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20.10.2017
Demo zur Weltklimakonferenz am 4. November in Bonn
Ein großes Bündnis aus Umwelt-, Entwicklungs- und Erneuerbare-Energien-Organisationen ruft im Rahmen der diesjährigen Klimakonferenz (COP 23) zur Demonstration am 04.11.2017 um 12 Uhr in Bonn auf dem Münsterplatz auf: Für einen schnellen und sozialverträglichen Kohleausstieg und eine entschlossene und gerechte Klimapolitik. Auch die DGS ruft zur zahlreichen Beteiligung an der Demo in Bonn auf. Alle notwendigen Informationen finden Sie auf der Aktionsseite der Demo.
Die Weltklimakonferenz findet in diesem Jahr nur wenige Kilometer entfernt von Europas größter CO₂-Quelle statt, dem Braunkohlerevier im Rheinland. Dies nehmen wir zum Anlass, unsere Forderungen – insbesondere an die neue Bundesregierung – mit einer großen, bunten, internationalen Demonstration auf die Straße zu tragen: Für einen schnellen und sozialverträglichen Kohleausstieg und eine entschlossene und gerechte Klimapolitik hier und weltweit.
Kommen Sie am 4. November nach Bonn und bringen Sie Freund*innen und Familie mit! Wir sind die rote Linie: Unser „Stop!“ zu Kohle und der derzeitigen Klimapolitik wollen wir auf der Demo auch mit roter Kleidung bildlich machen – je mehr Menschen mit roten Jacken, Mützen oder Schals kommen, desto klarer die Botschaft!
Demonstration zur Weltklimakonferenz: 04.11.2017 - 12 Uhr - Bonn, Münsterplatz
20.10.2017
Resolution "Bürgerenergie als tragende Säule der Energiewende"
Der Bürgerenergie-Konvent hat die kommende Bunderegierung aufgerufen, Bürgerenergie als tragende Säule der Energiewende entscheidend zu stärken. Auf dem jährlichen Zusammentreffen von Menschen, die sich für eine dezentrale Energiewende in Bürgerhand einsetzen, wurde am 7. Oktober in Bochum eine Resolution mit Forderungen an die neue Bundesregierung verabschiedet.
Die versammelten TeilnehmerInnen des Konvents rufen die Politik auf, die fundamentale Bedeutung der Bürgerenergie als Form wirtschaftlicher Partizipation an der demokratischen Gesellschaft ernst zu nehmen. Die Resolution fordert von der Bundesregierung die Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen für die Bürgerenergie u.a. durch die Einführung eines CO2-Preises, die Abschaffung der EEG-Umlage auf vor Ort genutzten Strom und die Ermöglichung des Handels zwischen ProsumentInnen.
„Um die Akzeptanz der Energiewende zu erhalten, braucht es dringende Reformen des Energiemarkts. Statt die Bürgerinnen und Bürger durch immer neue bürokratische Pflichten zu gängeln, brauchen sie neue Rechte und Möglichkeiten. Wenn Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften sich mit ihren Anlagen weitgehend selbst versorgen könnten, würde eine ganz neue Dynamik für die Energiewende entfacht“, sagt Martin Rühl, Vorstandsvorsitzender des Bündnis Bürgerenergie. „Dabei liegen die Vorteile der Bürgerenergie auf der Hand: Dezentrale Energieversorgung in Bürgerhand stärkt Wirtschaft und Gesellschaft vor Ort, ist weniger anfällig gegenüber Katastrophen und Hackerangriffen und macht die Dekarbonisierung weitgehend unabhängig vom Übertragungsnetzausbau.“
Die ganze Resolution findet sich hier.
20.10.2017
Erstes Energie-Plus-Fahrzeug am Start
Noch fährt der „eDumper“[1], ein Elektromuldenkipper der Schweizer eMining AG, nur im Probebetrieb, doch bereits jetzt hat er den diesjährigen eMove360° Award in der Kategorie Elektrofahrzeuge gewonnen [2]. Mit einem Leergewicht von 45 Tonnen und einem Gesamtgewicht von 110 Tonnen ist der eDumper das größte Elektro–Pneufahrzeug der Welt – nur einige E-Loks und Elektro-Fährschiffe bringen noch mehr Masse „auf die Waage“. Zudem ist der elektrische Muldenkipper nicht nur völlig frei von Dieselkonsum und CO2-Ausstoß, sondern auch de facto ein Energie-Plus-Fahrzeug.
Möglich wird das durch seinen künftigen Dauereinsatz ab Frühjahr 2018 im Kalk- und Mergel-Abbaugebiet La Tscharner durch die französische Firma Ciments Vigier S.A. Dort transportiert der eDumper die Steine aus den höher gelegenen Steinbrüchen zur tiefer gelegenen Verarbeitungsanlage. Da der beladene Kipper bergab erheblich schwerer ist als bei der leeren Rückfahrt bergauf, kann er auf dem Weg ins Tal per Rekuperation erhebliche Energiemengen gewinnen und in seinen Akkus speichern – bei 20 Fahrten täglich rund 200 kWh. Diese können in den Arbeitspausen ins öffentliche Netz eingespeist werden.
Basis für den eDumper ist ein Schwerlastkipper KOMATSU HD 605-7, wie er überall in den Tagebauen zwischen Europa und Australien eingesetzt wird. Die eMining AG hat dann Motor und Tank entfernt, um dort einen Spezial-Elektromotor und einen Akku mit 700 kWh Kapazität einbauen zu können. Dazu kommt ein weiterer Elektromotor von 200 KW für die Kippanlage, die Bremsen und die Servolenkung.
Durch diesen Umbau kann der Muldenkipper in den nächsten 10 Jahren seines Betriebs nicht nur 500.000 Liter Diesel überflüssig machen, er erspart der Umwelt auch 1.300 Tonnen CO2. Die Firma Ciments Vigier S.A hat bereits einen Elektromuldenkipper bestellt – sie könnte damit Beispiel gebend für viele Tagebaue in den Gebirgen dieser Welt werden.
Götz Warnke
[1] http://www.emining.ch/index.php/edumper.html
[2] http://www.emining.ch/index.php/news.html
20.10.2017
Kleiner Medienspiegel
Der Vater der Zwei-Grad-Grenze“ - Schellnhuber erhält Blue Planet Preis: Der weltweit wichtigste Preis für Pioniere der Umweltforschung ist diese Woche in Tokio an Hans Joachim Schellnhuber vergeben worden. Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) erhielt den Preis für die Etablierung eines neuen Forschungsfelds, der Erdsystemanalyse, und für die Einführung äußerst einflussreicher Konzepte wie etwa dem der Kipp-Elemente. „Professor Schellnhuber hat in einem neuen Gebiet der Klimawissenschaft Pionierarbeit geleistet“, sagt Yoshihiro Hayashi, Vorsitzender des Auswahlkomitees für den Blue Planet Preis und Generaldirektor des Nationalen Museums für Natur und Wissenschaft in Tokio. Er habe bahnbrechende interdisziplinäre Forschung voran gebracht. Zusätzlich sei eine seiner größten Leistungen, das Ausmaß der Herausforderung der Klimastabilisierung sowohl einer breiten Öffentlichkeit als auch Entscheidungsträgern kommuniziert zu haben. Hayashi nannte Schellnhuber „den Vater der Zwei-Grad-Grenze für die globale Erwärmung“. Seine Aktivitäten haben letztlich weltweit eine Flut an Maßnahmen gegen die globale Erwärmung ausgelöst, die zu der Zwei-Grad-Leitplanke führte, welche von mehr als 190 Staaten beim UN-Klimagipfel COP 21 vereinbart wurde. Professor Schellnhuber und das PIK haben auf diesem Gebiet über viele Jahre hinweg eine zentrale Rolle gespielt: „Der Vater der Zwei-Grad-Grenze“: Schellnhuber erhält Blue Planet Preis (PIK)
BMWi-Statusworkshop Solarthermie in der Fernwärme: Die Solarthermie ist in der Fernwärme angekommen, so lautet die offizielle Bilanz des BMWi-Statusworkshops Ende September in Dresden. Dort stellten Forscher und Praktiker neue Technologien zur Einbindung von Solarthermie-Anlagen in die Wärmeversorgung vor. Erfolgreiche Beispiele zeigen, wie Solaranlagen in Fernwärmenetze einspeisen und dabei auch wirtschaftlich sind. Unterstützt wird die Weiterentwicklung der Wärmeversorgung durch eine aktuelle Förderung die Modellvorhaben fördert, mit dem Ziel, hocheffiziente und umweltschonende Bereitstellung von Wärme und Kälte sicherzustellen. Zur Eröffnung betonte Dr. Frank Heidrich, Unterabteilungsleiter „Wärme und Effizienz in Gebäuden, Forschung“ im BMWi, dass es ein politisches Ziel der Wärmewende sei, die Wärmeversorgung von Gebäuden und Quartieren in urbanen wie ländlichen Räumen konsequent weiter zu entwickeln. Dieses strategische Ziel sei ein bedeutender Beitrag zur gesamten Energiewende: Die Solarthermie ist in der Fernwärme angekommen (Bine)
Gurke der Woche, Solare Heizungsunterstützung ohne Pufferspeicher: Anfang September haben wir in unseren News geschrieben, dass hinter der beliebten Floskel “ alles muss bezahlbar bleiben“ oftmals eine illosorische Hoffnung steckt, nichts von seinen Privilegien und vom eigenen Status abgeben zu müssen. Denn betrachten wir die Bezahlbarkeit unserer Lebensweise nur im hier und heute und schauen nicht nach vorne ist das Gejammer irgendwann groß. Ein Unternehmen für Heiz- und Raumklima-Lösungen hat sich den Slogan der Bezahlbarkeit zu Herzen genommen und ein System zur Solare Direktnutzung auf den Markt gebracht, bei dem sowohl die Kollektorfläche reduziert als auch auf den Pufferspeicher verzichtet wird. Damit müsse der Kunde, so die Pressemeldung, nicht die Zeche für erhöhte Energievorschriften zahlen und könne trotzdem seinen Bedarf nach bezahlbaren und effizienten Systemlösungen decken. Diese Marktanforderung hat zu der Entwicklung einer "klassischen heizungsunterstützten Solaranlage mit den Vorteilen günstiger Brauchwasser-Solaranlagen" geführt. Die Verringerung des Speichervolumens und der Kollektorfläche reduziere schließlich signifikant den Installationsaufwand, die Investitionskosten fielen um rund 30 Prozent geringer aus. Von einer fossil unterstützen Solaranlage ist man damit wieder ein gutes Stück weiter entfernt: Toll! Solare Direktnutzung als wirtschaftlich attraktive Systemlösung für das Einfamilienhaus (Presseportal)
Schmetterlingsflügel inspiriert Photovoltaik: Die Flügel des Schmetterlings „Gewöhnliche Rose“ (Pachliopta aristolochiae) zeichnen sich durch Nanostrukturen aus. Diese kleinsten Löcher absorbieren Licht über ein breites Spektrum deutlich besser als glatte Oberflächen. Forschern am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist es nun gelungen, diese Nanostrukturen auf Solarzellen zu übertragen und deren Licht-Absorptionsrate so um bis zu 200 Prozent zu steigern. Die Wissenschaftler um Hendrik Hölscher und Radwanul H. Siddique bildeten die beim Schmetterling identifizierten Nanostrukturen auf der Siliziumschicht einer Dünnfilm-Solarzelle nach. Die anschließende Analyse der Licht-Absorption lieferte vielversprechende Ergebnisse: Im Vergleich zu einer flachen Oberfläche steigt die Absorptionsrate bei senkrechtem Lichteinfall um 97 Prozent und steigert sich stetig, bis sie bei einem Einfallswinkel von 50 Grad sogar 207 Prozent erreicht. Die Wissenschaftler konnten mit ihrer Forschung zeigen, dass durch die Wegnahme von Material die Lichtausbeute erheblich gesteigert werden kann: Schmetterlingsflügel inspiriert Photovoltaik: Absorption lässt sich um bis zu 200 Prozent steigern (KIT)
70 Prozent der Deutschen offen für CO2-Abgabe: Laut einer Meldung aus dem Energie-Trendmonitor 2017 von Stiebel Eltron gibt es in Deutschland eine große Mehrheit, welche alle zur Kasse bitten wollen, die klimaschädliche CO2-Emissionen verursachen. Eine große Mehrheit von 70 Prozent, so die Meldung, stünden einem solchen Prinzip zur Finanzierung der Energiewende offen gegenüber. Zudem fordere knapp jeder Zweite explizit, dass die aktuell auf dem Strompreis lastenden staatlichen Abgaben durch einen CO2-Preis ersetzt werden sollen. Wie auch immer bei dem Energie-Trendmonitor, an dem 1.000 Bundesbürger bevölkerungsrepräsentativ teilnahmen, gefragt wurde. Die Frage auf die 64 Prozent angaben, dass hohe Stromkosten sie daran hindern, auf ein klimafreundliches Heizsystem - beispielsweise die Wärmepumpentechnologie – umzusteigen, wäre durchaus interessant. Denn in dem Pressetext steht weiter: "Die staatlich regulierten Bestandteile beim Strompreis sind aktuell deutlich höher als bei klimaschädlichen Brennstoffen wie Kohle, Erdöl oder Erdgas. 70 Prozent der Deutschen empfinden dieses System zur Finanzierung der Energiewende als unfair. Die Umlegung der gesamten Kosten der Energiewende auf den Strompreis eine falsche Weichenstellung“. Das Ergebnis der Umfrage: Es gibt eine überwältigende Mehrheit für eine „all-electric-Zukunft“, was zu beweisen war, oder vielleicht besser, was bewiesen werden sollte: Energie-Trend: 70 Prozent der Deutschen offen für CO2-Abgabe (Presseportal)
Wärmespeicher-Konzept erhöht die Reichweite von Elektrofahrzeugen im Winter: Forscher des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben ein Konzept mit der Bezeichnung DuoTherm entwickelt, das die Reichweite von Elektrofahrzeugen im Winter erhöht. Dabei übernimmt ein effizienter Wärmespeicher die Heizleistung im Elektrofahrzeug. "Durch den Einsatz metallischer Latentwärmespeicher ist uns die Konzeption eines Energiespeichersystems gelungen, das in der Lage ist, Wärme auf einem sehr hohem Energieniveau zu speichern und somit die Antriebsbatterie vom Heizen des Fahrzeuginnenraums zu entlasten", erklärt Projektleiter und DLR-Wissenschaftler Mirko Klein Altstedde. Metallische Latentwärmespeicher, wie beispielsweise eine Aluminiumsilizium-Legierung, bringen nicht nur eine hohe spezifische Energiedichte, sondern zudem eine hohe Wärmeleitfähigkeit mit sich. Latentwärmespeicher nehmen bei einem Phasenwechsel, zum Beispiel von fest zu flüssig sogenannte latente oder verborgene Wärme auf und können diese wieder freigeben. Nach der Konzeptionierung des Systems soll in den nächsten Jahren die Entwicklung vorangetrieben werden: Wärmespeicher-Konzept erhöht die Reichweite von Elektrofahrzeugen im Winter (DLR)
Matthias Hüttmann