10.02.2017
Klimaschutz: Bei Gebäuden und Wärmeerzeugern muss gehandelt werden
Die Treibhausemissionen sinken nicht. Deutschland, einst selbsternannter Weltmeister im Klimaschutz, schwächelt zunehmend. Wie bei so manch erfolgsverwöhnten Sportverein, hat man es versäumt, sich weiterzuentwickeln und stagniert aufgrund seines routinierten Kaders weitgehend. Um im Sportjargon zu bleiben: Ein Trainerwechsel genügt nicht, der gesamte Verein inklusive seiner Mitglieder muss lernen auf beliebte Gewohnheiten zu verzichten. Um wieder entwicklungsfähig zu werden, sollte man vielleicht auch über einen Wechsel im Vorstand und seinem Beraterstab nachdenken, offensichtlich reden zu viele mit, die vor allem um ihre Pfründe fürchten.
Drei Meldungen zum Thema Modernisierungsquoten beschreiben das Dilemma: So schreibt die Energieagentur dena in einer Mitteilung anlässlich ihres neu erschienenen Gebäudereports: "Eine Beschleunigung ist bei der Energieeffizienz im Wärmesektor nicht erkennbar. Der Handlungsdruck steigt damit rapide an. Wir müssen immer mehr in immer kürzerer Zeit erreichen". Damit spricht Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung, die von der Bundesregierung angestrebte Verdopplung der jährlichen Sanierungsrate von 1 auf 2 Prozent an. Diese gewünschte Entwicklung zeichnet sich in den Statistiken auch 2015 und 2016 nicht ab. Weder die Entwicklung des Wärmebedarfs, noch der Umsatz bei energieeffizienten Heizungen, Fenstern oder auch Dämmstoffen lässt darauf hoffen, dass das Zwischenziel, den Wärmebedarf der Gebäude bis 2020 um 20 Prozent zu senken, erreicht werden könne. Zwar konnte der Wärmebedarf klimabereinigt von 2008 bis 2015 um 9,7 % reduziert werden, die propagierte Einsparung der klimarelevanten Emissionen von 40 % bis 2020 erscheint der dena jedoch kaum noch erreichbar, auch wenn man in Deutschland in Teilbereichen der Erneuerbaren Energien „weitgehend“ auf Kurs sei.
Ursachenforschung
Als Ursache hat man die zu kurz greifenden bisherigen Maßnahmen für mehr energetische Sanierungen ausgemacht. Damit Hausbesitzer in eine energetische Modernisierung investieren, bräuchte es bessere Anreize, eine Ausweitung der Förderinstrumente und bessere Konditionen. Die dena weisst ausdrücklich darauf hin, dass sich das energetische Sanieren lohnt und sanierte Altbauten nahezu Werte von Neubauten erreichen.
Zwei andere Meldungen beschäftigen sich mit dem Absatz von Wärmeerzeugern. Die vom Industrieverband Haus-, Heiz- und Küchentechnik (HKI) veröffentlichten Absatzzahlen für Einzelheizgeräte zeigen einen deutlichen Rückgang auf allen Ebenen. Ob bei Kamin-, Dauerbrand-, oder Pelletöfen, überall sank der Absatz. Lediglich bei Heiz- und Kamineinsätzen stieg er leicht an. Vor allem der geringe Ölpreis und mehrere relativ milde Winter aneinander gereiht werden als Ursache vermutet.
In einer Mitteilung des Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) heißt es hingegen: „Das Ordnungsrecht zementiert den Modernisierungsstau“. Diese Schlussfolgerung begründet man mit einer sogenannten Multimomentaufnahme der Heizungsmodernisierungen in Baden-Württemberg. Der Grund für die im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ungenutzten Effizienz- und CO2-Minderungspotenziale läge vor allem an der Verschärfung der dort im Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG) verankerten Nutzungspflichten für Erneuerbare Energien bei Heizungsmodernisierungen.
Betrachtet man die Analyse des BDH genauer, wird jedoch nicht ganz klar, inwieweit der Umsatz von „erneuerbaren Wärmeerzeugern“, oder allgemein der Absatz von zentralen Wärmeerzeugern (Gas-, Öl-, Holz-Heizkessel und Wärmepumpen) sowie thermischen Solaranlagen signifikant abgefallen ist. Schließlich ist der Bundestrend ebenfalls eindeutig nach Unten gerichtet: In dem auch vom BDH veröffentlichten „10 Jahresverlauf des Absatzes von Wärmeerzeugern in Deutschland“ und der „Übersicht zu den Investitionsfällen mit Einkopplung Erneuerbarer Energien“ geht es mit der erneuerbaren Wärme in den Heizungskellern schon lange bergab. Lag der Anteil aller Investitionen mit Erneuerbaren Energien 2009 noch bei 45%, fällt der Wert bis heute nahezu kontinuierlich, 2015 betrug er nur noch 19%. Die Entwicklung bei den Wärmeerzeugern allgemein ist ähnlich. Biomasse und Wärmepumpe fristen ein kümmerliches Dasein.
Ordnungspolitik und mehr Geld
Es stellt sich die Frage, ob tatsächlich ein Ölpreis, warme Winter oder EE-Verordnungen wie die aus BW als primäre Bremsen gelten können. Dass zu wenig modernisiert wird, könnte auch an der EnEV und KfW-Kriterien liegen. Da beispielsweise Kreditzinsen auf dem Markt seit Jahren enorm günstig sind, ist eine Förderung auf Kreditbasis wenig attraktiv. Letztendlich sind die implementierten Tilgungs- und Investitionszuschüsse noch das Interessanteste an den Programmen. Aber auch dies scheint nicht zu genügen. Ebenso erscheint es fragwürdig, dass die erneuerbare Wärmewende, wie vom BDH gemutmaßt wird, schneller voran gehen werde, würden man die Menschen nicht "zwingen" in Erneuerbare zu investieren. Die Gefahr, dass lediglich eine effizientere, aber weiterhin fossile Heizung bevorzugt werden würde, ist groß. Das liegt daran, dass alleine die Investition betrachtet wird. Nach den Regeln der Banken wird grundsätzlich nicht auf die jahrzehntelangen Betriebskosten geschaut. Das liegt der Hase im Pfeffer. Um bei Gebäuden und Wärmeerzeugern einen großen Schritt weg von den Emissionen zu kommen, sollten vielmehr Nutzungspflichten und Ordnungsrecht verschärft und dafür deutlich mehr „echtes“ Geld in die Hand genommen werden. Mit hohen finanziellen Beihilfen und großzügigen Steuererleichterungen, im Sinne einer Investition in die Zukunft, ließe sich so manch restriktive Maßnahme, wie ein Verbot fossiler Heizungen oder ein energetischer Mindeststandart von Gebäuden, zu einem definierten Zeitpunkt, leichter durchsetzen. Je früher man damit anfängt, umso günstiger kommt es letztendlich uns allen.
Matthias Hüttmann
dena-Gebäudereport: Sanierungsrate weiterhin viel zu gering
Baden-Württemberg: Ordnungsrecht zementiert Modernisierungsstau in Heizungskellern (BDH)
Absatzzahlen 2016 für Einzelheizgeräte (HKI)
Multimomentaufnahme der Heizungsmodernisierungen in BW im Vergleich zum Bundesdurchschnitt (BDH)