14.11.2011
DGS-Stellungnahme zu Spiegel-Online vom 04.11.2011
DGS-Stellungnahme zu dem Artikel „Energiewende: Tausende Ökostrom-Anlagen müssen nachgerüstet werden“ von Stefan Schultz, veröffentlicht bei Spiegel-online am 04.11.2011. In dem Artikel wird leider sehr negativ über Erneuerbare Energien berichtet. Es wäre schön gewesen, wenn die Sachlage etwas genauer recherchiert und in dem Artikel korrekter beschrieben worden wäre. Speziell zu drei Formulierungen möchten wir als Verbraucherschutzverband — der selber seit einiger Zeit Netzfrequenzmessungen durchführt und sich aktiv dem Thema Netzstabilität widmet — gerne etwas klarstellen.
Zitat 1: „Frequenzschwankungen haben durch den Atomausstieg zugenommen, da AKW besonders gut geeignet waren, die Netze zu stabilisieren.“
Diese Satz ist schlichtweg falsch, Fakt ist:
- dass das größte Problem im Stromnetz der europäische Stromhandel ist. Plus-minus 10 Millihertz sind heute normal. Noch vor wenigen Jahren, vor dem "freien Strommarkt", waren diese Schwankungen deutlich geringer. Durch den Handel werden nahezu zu jeder vollen Stunde eines jeden Tages extreme Frequenzschwankungen erzeugt.
- dass das zweitgrößte Problem die AKWs (und andere Großanlagen) sind, da Störungen an diesen Einheiten sich sofort in deutlichen Frequenzschwankungen ausdrücken. Dies sieht man sehr deutlich an dem Frequenzverlauf beim Unfall in Krümmel und anderen AKW-Notabschaltungen
- dass AKWs faktisch kaum bzw. nur sehr träge regelbar sind (dies ist abhängig von der Bauart). Somit tragen sie auch kaum zur Netzstabilität bei (wenn man von der rotierenden Masse des Generators absieht ... das macht jedoch jede Turbine, egal wie der Dampf erzeugt wird).
Zitat 2: „Die Abschalt-Automatik vieler Wind-, Biogas- und Wasserkraftanlagen diente ursprünglich dazu, dass die großen Kraftwerke in Extremsituationen nicht behindert werden.“
Durch diese Formulierung wird nicht deutlich, dass die Abschalt-Automatik keine willkürliche Entscheidung der Anlagenbetreiber war. Vielmehr wurde das Verhalten der EE-Anlagen von den Netzbetreibern verpflichtend vorgeschrieben. Netzfreundliche EE-Anlagen waren bisher verboten, das ist der eigentliche Skandal. Nach einem deutlichen Hinweis sucht man in dem Artikel leider vergebens.
Zitat 3: „Klar ist dagegen, wer die Kosten letztlich trägt: der Verbraucher über seine Stromrechnung“
Das Fazit, dass "die Verbraucher" letztendlich die unterschwellig unnötigen Kosten tragen müssen ist leider sehr populistisch und einseitig. Die eigentlich wichtige Frage ist, ob man dass nicht kostengünstiger hätte haben können, wenn die Netzbetreiber von Anfang an die Erneuerbaren Energie unterstützt und ernst genommen hätten.
Zudem ist bis heute eben nicht "klar" wer die Umrüstungskosten trägt. Den Fehler haben die Netzbetreiber gemacht, denn diese haben die Regeln festgelegt. Sicherlich hat auch die Solarbranche ihre Mitschuld an der Situation, da sie nicht schon viel früher Sturm gelaufen ist und die fehlerhaften Richtlinien thematisiert hat. Die einzigen, die keinen Einfluss auf diese Fehlentwicklung hatten sind die Anlagenbesitzer — und genau die sollen nun die Umrüstungskosten bezahlen, wenn es nach der derzeit im Wirtschaftsministerium vorherrschenden Meinung geht. Da jedoch die Allgemeinheit den Fehler zu verschulden hat (über die technische Norm) und die Allgemeinheit profitiert, weil das Stromnetz insgesamt stabiler wird, ist es nur legitim die Kosten auf alle Stromverbraucher umzulegen. Genau dafür gibt es ja die Netzentgelte.
Die PV-Anlagenbesitzer sollten sich umgehend bei ihren Bundestagsabgeordneten bemerkbar machen und eine faire Umlage der Kosten einfordern.
Kosten und Preise
Aktuell hat die Agentur für Erneuerbare Energien eine Hintergrundinformation mit dem Thema „Kosten und Preise für Strom“ veröffentlicht. Dort ist zu lesen, dass die Zusatzkosten der Stromproduktion, die indirekten bzw. direkten Subventionen bei Erneuerbaren Energien, vergleichsweise deutlich niedriger als bei Atom- und Kohlekraftwerken sind. Die Förderung Erneuerbarer Energien ist zum größten Teil transparent und über die EEG-Umlage auf jeder Stromrechnung sichtbar, die direkten und indirekten Subventionen für die fossilen Energieträger hingegen nicht. Die direkte und indirekte Subventionen von 1970-2010 betrugen bei Steinkohle 288, bei Braunkohle 67, bei Atomkraft 196 und bei Erneuerbaren Energien 40 Mrd.€ (gerundet).
Link: http://www.unendlich-viel-energie.de/uploads/media/52_Renews_Spezial_Kosten_und_Preise_online_01.pdf
Gegendarstellung
ln der von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. versandten E-Mail vom 26.10.2011 mit der Überschrift „Aktuelle Nachrichten der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. - Entenjagd Reloaded? — Treffen Photon-Zeilenjäger Siemer´s abgefahrene Annahmen auch blind?“ sind in Bezug auf den Artikel „Verfahrenes Verfahren“, erschienen in dem Magazin „PHOTON — Das Solarstrommagazin“, Ausgabe Oktober 2011, unrichtige Behauptungen enthalten, zu denen wie folgt Stellung genommen wird:
1) Unwahr ist die Behauptung: „Viele der Solarszene meinen, Überschriften des Solarblattes Photon müssen schon lange mit skeptischer Vorsicht gelesen werden.“ Wahr ist, dass die PHOTON Europe GmbH weltweit über einen hohen fünfstelligen Leserkreis der von ihr publizierten Magazine „PHOTON“ verfügt. Der PHOTON Europe GmbH ist von Ihrer Leserschaft keine Äußerung bekannt, wonach Überschriften des Magazins „PHOTON“ mit skeptischer Vorsicht gelesen werden, was nach allgemeiner Lebenserfahrung jedoch zu erwarten wäre, wenn tatsächlich eine wesentliche Anzahl von Personen eine solche Äußerung kundgetan hätte.
2) Unwahr ist die Aussage „‘RAL Gütezeichen Solar steht vor dem Aus‘ titelt Redakteur Jochen Siemer und kolportiert dem Leser: Um Gelder geprellte Mitarbeiter, erfundene Termine und Inhalte. Ja, er orakelt sogar über das spektakuläre Scheitern von öffentlichen Verfahren.“
Wahr ist, dass in dem Artikel „Verfahrenes Verfahren“ die Aussage enthalten ist, dass die von DGS-Mitarbeitern geleisteten Vorarbeiten für die Erstellung der RAL-Kriterien geleistet wurden, ohne dass die DGS hierfür Geld bekommen hat. Es wird nicht behauptet, Mitarbeiter seien um Gelder geprellt worden.
Wahr ist ferner, dass die RAL Gütegemeinschaft den zuvor für den 02.11.2011 anberaumten Termin Mitte Oktober 2011 abgesagt hatte. Termine sind somit nicht erfunden worden. Wahr ist darüber hinaus, dass in dem Artikel „Verfahrenes Verfahren“ von Herrn Siemer nicht über ein spektakuläres Scheitern von Verfahren berichtet wird. In dem Artikel steht lediglich, es "droht das gesamte Verfahren zu scheitern“.
3) Ferner wird behauptet: „Dass weder von der Chefredakteurin Anne K. noch vom Herausgeber Philipp W. des Blattes auf Nachfrage eine Stellungnahme zu erhalten war, lässt gerade nach den vergangenen Murdoch-Skandalen, weiten Raum für die Frage, ob derartige Recherchemethoden fundamentaler Bestandteil der Arbeitsweise dieses Solarblattes sind.“ Hierzu ist festzustellen, dass eine Stellungnahme von Frau Kreutzmann und Herrn Welter auf die an sie gerichtete Email vom 24.10.2011 deshalb nicht möglich war, weil sie erst am 28.10.2011 von einem Auslandsaufenthalt zurückkehrten. Eine Nachfrage nach dem Verbleib einer Stellungnahme hat die PHOTON Europe GmbH nicht erhalten.
Aachen, den 08.11.2011
PHOTON Europe GmbH
(Annegret Kreutzmann)
- Geschäftsführerin -
Diese Gegendarstellung spiegelt nicht die Auffassung der Redaktion des Newsletters wider. Die aufgeführten Tatsachenbehauptungen werden nicht als zutreffend anerkannt.