11.01.2011
Die Vertreibung aus dem Paradies
Endet in Kürze die Erfolgsgeschichte der Photovoltaik in Deutschland, oder anders: Gibt es die Gelddruckmaschine EEG bald nicht mehr? Es kommt immer ganz darauf an, wen man in diesen Tagen fragt. Die Angst geht um. Zudem melden sich zuletzt auch vermehrt Kritiker zu Wort, die sich lange Zeit scheinbar zurückgehalten haben. Der starke Gegenwind, erzeugt durch die schwarz-gelbe Windmaschine aus Berlin, trifft so manchen unvorbereitet, wie es scheint.
Aber ist das alles so unerwartet, konnte man die dunklen Wolken nicht schon länger am Horizont sehen? Dass ein Regierungswechsel einen neuen Kurs in Sachen Erneuerbare Energien (EE) bedeutet, das war sicherlich klar. Und ist die Kritik an der EEG-Umlage völlig unberechtigt oder gibt es tatsächlich Akzeptanzprobleme, die womöglich auch ein wenig hausgemacht sind?
Die EEG-Umlage errechnet sich nach dem Zubau an EE-Anlagen. Der Zubau hat zudem Einfluss auf die Höhe der Einspeisevergütung. Für die allgemeinen Strompreiserhöhungen wird gerne die Photovoltaik als maßgebliche Ursache angeführt. Tatsächlich aber überschreiten die Strompreissteigerungen der bundesdeutschen Energieversorger den EEG-Anteil um ein vielfaches (siehe auch Kommentar Seite 10). Nur wie kam es, dass die Umlage plötzlich in so großen Schritten erhöht wurde? Hat man von Seiten der PV-Branche alles getan, um die erreichten Kostenreduktionen bei Produktion und Installation direkt weiterzugeben? Die gern vorgezeigte Lernkurve der PV wurde, so mutmaßen manche, leider zu oft an die individuellen Renditeerwartungen angepasst, der Politik wurde dadurch eine unnötige Steilvorlage gegeben. Hohe Gewinne der PV-Branche ließen in Berlin Zweifel aufkommen. Die Folge: Die Einspeisevergütung wurde drastisch reduziert, dies wiederum führte zu einem noch höheren Zubau aufgrund von Mitnahmeeffekten, die Umlage stieg parallel zur erhöhten Degression der Vergütungssätze stark an.
Dass alle Deutschen den Umbau hin zu einer ökologischen Energieversorgung bevorzugen, darüber ist man sich weitgehend einig. Schaut man jedoch genauer hin, sieht die Realität leider ein wenig anders aus. So beziehen nicht einmal eine Million Kunden Ökostrom von den vier unabhängigen deutschen Ökostromunternehmen. Den taz-Autor Martin Unfried inspirierte dieser Umstand zu seinem bissigen Vergleich „Vegetarier beim Metzger“. Dieses Dilemma spiegelt leider die noch lange nicht erreichte grundlegende Akzeptanz des grünen Stroms wieder. Es möchte zwar jeder den Rundum-Sorglos-Strom beziehen, mehr dafür bezahlen allerdings nicht. Eine schnell ansteigende EEG-Umlage ist somit doppelt problematisch. Möglicherweise hat man es versäumt, eine breitere Basis der Bevölkerung vom notwendigen Umbau der Energieversorgung zu überzeugen. Es hat den Anschein, dass vor allem die direkten Profiteure der Einspeisevergütung die großen Anhänger der Photovoltaik sind.
Der EE-Branche droht, mit der Photovoltaik ihr Aushängeschild zu verlieren. Die dort erwarteten Umsätze wurden regelmäßig übertroffen, das ganze war ein wunderbarer Selbstläufer. Durch die Fokussierung auf den Stromsektor fällt es Gegnern der Energiewende leichter, eine Kosten-Nutzen-Debatte zu führen und eine Schwarz-Weiß-Betrachtung Atomstrom versus PV zu initiieren. Und womöglich hat man bei all der Euphorie auch noch die erneuerbare Wärme ein wenig aus den Augen verloren. So fühlte man sich, so hatte es den Anschein, von Seiten der Politik wegen der stark steigenden EEG-Umlagen genötigt, Kürzungen im Wärmebereich vorzunehmen.
Aber vielleicht kann die ungemütliche Wetterlage auch dazu genutzt werden, in sich zu gehen und zu erkennen, dass man nach wie vor nur Anfangserfolge erzielt hat und es noch einen langen Weg zu gehen gilt.
Matthias Hüttmann