SONNENENERGIE 3/2009 erschienen: Interview mit DGS Alt-Präsident Dr. Jan Kai Dobelmann
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SONNENENERGIE:
Herr Dobelmann, seit sechs Jahren gehören Sie dem DGS-Präsidium an und
seit vier Jahren standen Sie als Präsident an der Spitze der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie, was hat Sie bewogen nicht wieder als DGS-Präsident zu kandidieren?
Dobelmann:
Die Satzung der DGS ist eindeutig. Eine Präsidentschaft sollte nur zwei Amtsperioden, also maximal vier Jahre dauern. Danach sollte es nur in Ausnahmefällen möglich sein eine weitere Amtszeit hinzuzufügen. Diesem sinnvollen Satzungsansatz komme ich gerne nach, denn der Zeitpunkt für eine Übergabe der Amtsgeschäfte ist ideal. Der Verein ist nach turbulenten Zeiten stabil und sowohl inhaltlich als auch finanziell gut für die Zukunft aufgestellt.
SONNENENERGIE:
Sie sind seit sechs Jahren im Präsidium des Vereins und seit vier Jahren an der Spitze. Was war das wichtigste Ereignis in Ihrer Amtszeit?
Dobelmann:
Ganz klar die rasante Entwicklung der Märkte. Mit der Novelle des EEG und den steigenden Öl- und Gaspreisen ist das Thema Energie vom Mauerblümchen zum Mammutbaum geworden. Dies ist für einen Verein wie die DGS, der dieses Bewusstsein seit über 30 Jahren fordert, ideal. Aber ein solches Wachstum schafft nicht nur eitel Sonnenschein, sondern beschwört auch notwendige interne Konflikte herauf.
SONNENENERGIE:
Welche Konflikte schweben Ihnen denn da vor?
Dobelmann:
Im Wesentlichen sind es zwei Spannungsfelder: Geld und Qualität.
SONNENENERGIE:
Wie stellt sich das im Bereich des Geldes dar?
Dobelmann:
Im Bereich des Geldes ist es die Feilscherei um Marktzahlen, allgemeine Förderbedingungen oder die erhöhte Degression beim EEG. Diese Feilscherei durch die Industrie ist nicht per se zu kritisieren, sie ist legitim, zeigt aber, wie normal unsere Branche geworden ist. Meine geschätzte Vorgängerin, Frau Ehrenpräsidentin Prof. Sigrid Jannsen, hat dies einmal so zusammen gefasst: „Das Sein bestimmt das Bewusstsein.“ Genau dies haben wir in den letzten Jahren immer deutlicher in den Debatten gespürt, bei denen die DGS das Gegengewicht zu den Industriepositionen abgegeben hat.
SONNENENERGIE:
Sie sprechen vom Gegengewicht, zwischenzeitlich wurde sogar unterstellt, dass es ja sogar etwas mehr als das war. Hat es Sie getroffen, dass man Ihnen im Rahmen der letzten EEG-Debatte unterstellt hatte Positionen der Atomwirtschaft und Energieversorger zu vertreten?
Dobelmann:
Ach wissen Sie, das ist doch Teil des Spiels, wer das nicht wegstecken und am Ziel festhalten kann, sollte ein solches Ehrenamt nicht annehmen. Auch wenn es bei der Debatte nicht immer sanft zuging, sind wir als DGS mit dem erreichten Kompromiss mehr als zufrieden. Solartechnik ist wirtschaftlich stark geworden und wird nun erheblich billiger. Wegen der gesunkenen Preise kommt es zur Installation von mehr Anlagen und mehr kWh Ökostrom in Deutschland und international. Das ist alles was zählt.
SONNENENERGIE:
Wie sieht es mit dem von Ihnen benannten Spannungsfeld der Qualität aus?
Dobelmann:
Für die DGS ist eines wichtig: Kilowattstunden erneuerbarer Energie. Wir möchten das Stromnetz und die Wärmeversorgung Deutschlands möglichst schnell und nachhaltig mit erneuerbaren Energien versorgen. Dies bedeutet aber, dass die Zuverlässigkeit der installierten Anlagen und Systeme noch deutlich besser garantiert werden muss.
SONNENENERGIE:
Wie soll das geschehen? Bisher wird doch eher sorglos installiert.
Dobelmann:
Gerade der massive Konflikt um die defekten Module von BP Solar hat gezeigt, was hinter dem derzeitigen System der Qualitätssicherung nach IEC steht: Nichts! Alle Zertifizierer (TÜV, UL, PV GAP, etc.) haben sich mit der Begründung aus dem Staub gemacht, ja nur Muster von Modulen abzunehmen und nicht für die Serie Verantwortung zu tragen.
SONNENENERGIE:
Wenn aber die Zertifizierer keine Verantwortung tragen, wer trug sie dann, der Hersteller?
Dobelmann:
Leider nein, letztendlich juristisch nur der Handwerker als letzter der Kette! Er hat die Katze im Sack gekauft, ist aber verpflichtet dem Kunden eine funktionierende Anlage zu liefern und trägt damit das volle Risiko. Dies ist aus Sicht der DGS nicht fair, da jeder nur für die Tätigkeiten die Verantwortung tragen sollte, die er auch ausführt und überblicken kann.
SONNENENERGIE:
Und wie kann man das erreichen?
Dobelmann:
Im Wesentlichen durch Transparenz und verlässliche Angaben auf Datenblättern und Bestellungen. Die Anlagen brauchen keine Zertifikate von Dritten, sondern verlässliche und juristisch bindende Angaben des Herstellers, ein Pflichtenheft eben. Mit dem RAL Gütezeichen Solarenergieanlagen (www.ralsolar.de) wurden solche fairen technischen Lieferbedingungen vorgelegt, die kostenfrei für jedermann einsetzbar sind. Hier ist aber noch einiges zu tun, um die Akzeptanz von Teilbereichen der Solartechnik noch deutlich auf alle Bereiche auszuweiten, dies werden wir in nächster Zeit auch tun.
SONNENENERGIE:
Was haben Sie denn denen zu sagen, mit denen Sie im Laufe ihrer Amtszeit aneinander geraten sind?
Dobelmann:
Zunächst einmal bin ich guter Dinge, dass sich das Ganze wieder legen wird, schließlich wissen alle, warum es manchmal gekracht hat. Im Besonderen sind wir mit der Rückführung der Zeitschrift SONNENENERGIE, die zugegebenermaßen nicht ganz geräuschlos verlief, einigen als Querulanten aufgestoßen. Die publizistische Arbeit des Heftes zeigt aber, dass sich die Mühe gelohnt hat. Die SONNENENERGIE konnte unter meiner Chefredaktion
und dem direkten Einfluss des Vereins unabhängiger werden. Themen wie die Zusammenhänge von Energiekosten und Rezessionsgefahren wurden von uns schon fast ein Jahr vor der Tages- und Wirtschaftspresse aufgegriffen und den Leuten vermittelt.
SONNENENERGIE:
Ist dies denn so wichtig? Es geht doch nur um Sonnenenergie!
Dobelmann:
Derartige Hintergrundinformationen sind gerade für Mitglieder unserer Branche besonders wichtig. Sie sind ja nicht nur Verkäufer, sondern vor allem Berater ihrer Kunden. Schließlich möchten die Menschen ja nicht nur eine Anlage, sondern erwarten eigentlich Energiesicherheit und Investitionsberatung. Nachdem Banker nun das Vertrauen der Bevölkerung verzockt haben, bieten sich die Fachleute der Erneuerbaren Energien geradezu als Vertrauensperson in wirtschaftlichen Fragen an. Das gilt solange die Sonne scheint, wir unsere Angaben seriös gestalten, hochwertige Produkte liefern und sauber installieren. Am Willen der Branche hierzu habe ich aber keinen Zweifel, bei der Ausführung dessen helfen wir ja.
SONNENENERGIE:
Herr Dobelmann zu guter Letzt. Mit 35 Jahren ist man noch ein wenig jung für das Dasein eines Alt-Präsidenten. Wie sieht Ihre Zukunftsplanung aus?
Dobelmann:
Zunächst werde ich mich einmal in der DGS den Projekten weiter widmen, die in meiner Amtszeit entstanden sind oder neu gestaltet wurden. Als geschäftsführendes Vorstandsmitglied der RAL Gütegemeinschaft
Solarenergieanlagen e.V. werden wir die Internationalisierung der
Richtlinie angehen, ebenfalls bleibt die SONNENENERGIE ein interessantes Betätigungsfeld. Dann ist da noch die Möglichkeit sich nach sechs Jahren Vollzeit Ehrenamt jetzt einmal wirtschaftlich zu betätigen.
SONNENENERGIE:
Sie meinen in die Wirtschaft zu gehen?
Dobelmann:
Nein, nein, nicht in die Wirtschaft gehen. Das ist doch derzeit viel zu gefährlich! Ich meine ein wirtschaftliches Projekt im Markt zu starten. Diese turbulenten Zeiten öffnen doch an allen Ecken und Enden Chancen für neue Möglichkeiten. So wird sich bald im stagnierenden Markt der Mini-Kraft-Wärme-Kopplung auch mit Bioenergie einiges tun. Vielleicht hüpfe ich ja bald einmal mit einem innovativen grünen Heizungskonzept vorbei …