09.09.2022
State of the Climate: Messbarer Meeresspiegelanstieg und weitere Beobachtungen
Ein Einblick in einen weiteren Weltklimabericht von Tatiana Abarzúa
Nicht nur das Abtauen von Gletschern führt zu einem Anstieg des Meeresspiegels, sondern auch die thermische Ausdehnung des Meerwassers. 2021 lag der Meeresspiegel nach Angaben der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) bei etwa 3,8 Zoll, also 9,7 Zentimeter, über dem Durchschnitt von 1993 – als die Satellitenmessungen begannen. Der 32. Jahresbericht „State of the Climate“ liefert auch aktuelle Werte zum Ausstoß von Treibhausgasen. Ein Einblick.
Wissenschaftler des National Center for Environmental Information der US-Klimabehörde NOAA koordinierten die Erstellung des Berichtes „State of the Climate“, der umfassende Monitoringdaten von Messstationen an Land, zu Wasser, auf dem Eis und im Weltraum beinhaltet. Nach eigenen Angaben wurden Beiträge von über 530 Wissenschaftler:innen aus über 60 Ländern berücksichtigt. Die American Meteorological Society veröffentlichte das Dokument als Sonderbeilage ihrer Publikation „Bulletin of the American Meteorological Society“.
Treibhausgase global betrachtet
Auch wenn die ermittelte Konzentration an Treibhausgasen, nicht so hoch ist wie die Prognosen des Met Office, die für das gesamte Jahr 2021 als Durchschnittswert einen CO2-Gehalt von 416,3 ppm erwarteten (die DGS-News berichteten), setzt sich der Trend fort. Laut dem Bericht „State of the Climate“ erhöhte sich die globale durchschnittliche Konzentration an CO2 auf 414,7 ppm, mit einer Prognoseunsicherheit von 0,1 ppm. Auch bei den Treibhausgasen Methan (CH4) und Lachgas (N2O) stieg der Ausstoß. Der CH4-Gehalt stieg auf 1895,8 parts per billion (ppb, Anzahl von Molekülen pro einer Milliarde Teilchen in der Luft)– der höchste Wert seit Beginn der Messungen. Der N2O-Gehalt erhöhte sich auf 334,2 ppb (Tabelle 2.10, Seite S 82).
Globale Erwärmung hat sich beschleunigt
Die globale Oberflächentemperatur lag 0,21 bis 0,28 Kelvin über den Durchschnitt der Referenzperiode 1991 bis 2020. Die vergangenen sieben Jahre, also 2015 bis 2021, waren die sieben wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen. Der ermittelte durchschnittliche Anstieg der Erwärmung seit Beginn der Aufzeichnungen ist 0,08 bis 0,09 Kelvin pro Dekade. Allerdings hat sich diese Rate merklich erhöht, auf 0,18 bis 0,20 Kelvin pro Dekade seit 1981. In anderen Worten: Die Messungen belegen, dass sich die Erwärmung beschleunigt. Und: Der Zusammenhang von steigendem Ausstoß an Treibhausgasen und globaler Erwärmung ist auch für 2021 sehr deutlich.
2021: Dürrerekord
Einige Regionen auf der Welt waren 2021 sehr trocken. Nach Angaben der NOAA war im August 32 % der globalen Landflächen von Dürre betroffen, ein neues „Rekordhoch“ wenn man es so nennen will.
Starkregen: China, Italien, Brasilien
Im Bericht werden mehrere Extremregenereignisse genannt. Etwa am 20. Juli in der Zehn-Millionen-Stadt Zhengzhou, Hauptstadt der zentral chinesischen Provinz Henan, wurde innerhalb einer Stunde eine Niederschlagsmenge von 201,9 mm gemessen – der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen auf dem chinesischen Festland. Und im Norden Italiens: in Rossiglione wurden innerhalb von zwölf Stunden 740,6 mm gemessen, das stellt mehr als die Hälfte des erwarteten Jahresdurchschnitt (von 1270 mm) dar.
Ein weiteres Beispiel: Bei Manaus, im brasilianischen Amazonas, stieg der Fluss Rio Negro über einen Zeitraum von drei Monaten an und erreichte am 16. Juni einen Rekordstand von 30,02 m. Es kam zu starken Überschwemmungen.
Rekordhitze und Rekordregen in Deutschland
In Deutschland gab es einen Temperaturrekord: Der wärmste März seit Beginn der Aufzeichnungen: am 31. März, mit 27,2 °C in Rheinau-Memprechtshofen (Baden-Württemberg, nahe der Grenze zu Frankreich).
Die Wissenschaftler:innen haben auch einen Rekord bei den Niederschlägen ermittelt: 162,4 mm in einem Zeitraum von 24 Stunden, in Wipperfurth-Gardenau (Oberbergischer Kreis, Nordrhein-Westfalen).
Tiefsttemperaturen
Es kam auch zu sehr niedrigen Temperaturen. Etwa in den Pyrenäen: Am 6. Januar wurden in Clot del Tuc de la Llança -34,1 °C gemessen. In Slowenien ereignete sich im April ein „Tiefsttemperaturrekord“: An der Station Nova vas Bloka wurden -20,6 °C gemessen.
Der Bericht wurde hier veröffentlicht
Copernicus meldet: 2022 ist der heißeste Sommer in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen
Der Copernicus Klimawandeldienst (Copernicus Climate Change Service, C3S), implementiert vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW) im Auftrag der Europäischen Kommission und mit Mitteln der EU, stellt monatlich Klimadaten über die globale Durchschnittstemperatur der Luft, die Meereisdecke sowie zu hydrologischen Parametern zur Verfügung. Alle Forschungsergebnisse basieren auf Computeranalysen, die Milliarden von Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt auswerten.
Durchschnittstemperatur der Luft an der Erdoberfläche
Global gesehen war die Durchschnittstemperatur im August 2022:
- 0,3°C höher als der Monatsdurchschnitt zwischen den Jahren 1991 und 2020. Damit ist der August 2022 der drittwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen.
- ähnlich den Werten für August 2017 und 2021, sowie innerhalb von etwa 0,1 °C der höheren Werte, die im August 2016 und 2019 gemessen wurden.
Die Durchschnittstemperatur 2022 in Europa war:
- die höchste jemals aufgezeichnete Temperatur sowohl für den August als auch für den Sommer (Juni - August), und zwar mit einem deutlichen Abstand von 0,8°C gegenüber August 2018 und 0,4°C gegenüber dem Sommer 2021.
- Die europäischen Temperaturen lagen im August besonders im Osten des Kontinents über dem Durchschnitt. Ebenso lagen sie im Südwesten Europas weit über dem Durchschnitt, wo die Temperaturen auch im Juni und Juli hoch waren.
- In allen drei Sommermonaten kam es in diesem Teil Europas sowie in Mittel- und Ostchina zu Hitzewellen. Auch Nordamerika erlebte einen seiner wärmsten Sommer.
Hydrologische Bedingungen
- Der August 2022 war im Allgemeinen in weiten Teilen Westeuropas und in Teilen Osteuropas wesentlich trockener als im Durchschnitt.
- Umgekehrt war es im August 2022 in den meisten Teilen Skandinaviens und in Teilen Süd- und Südosteuropas überdurchschnittlich feucht. Die südlichen Regionen wurden von einem "Derecho"-Sturm heimgesucht. Dieser brachte extreme Winde und Niederschläge mit sich.
- Auch in vielen außertropischen Regionen Nordamerikas und Asiens waren die Bedingungen überdurchschnittlich feucht: Vielerorts lösten starke Niederschläge Überschwemmungen und Überflutungen aus. In Pakistan herrschten besonders schwere Bedingungen mit rekordverdächtigen Niederschlägen.
- Unter den überdurchschnittlich trockenen außertropischen Regionen herrschte in Teilen Chinas schwere Dürre.
Sommer der nördlichen Hemisphäre 2022 – Hydrologische Bedingungen
- Der Sommer 2022 war in weiten Teilen Westeuropas von heißen und trockenen Bedingungen gekennzeichnet. In weiten Teilen Skandinaviens, in Regionen Mittel- und Südosteuropas, in Griechenland sowie der westlichen Türkei war es überwiegend feuchter als im Durchschnitt.
- Im Sommer der nördlichen Hemisphäre 2022 war es in Zentralnord- und Südamerika sowie in Zentralasien trockener als im Durchschnitt. Auch am Horn von Afrika herrschte weiterhin Trockenheit. In Südasien, insbesondere in Pakistan, in Ostaustralien und im größten Teil des südlichen Afrikas waren die Bedingungen überwiegend feuchter als im Durchschnitt.
Videomaterial zu den Karten kann hier abgerufen werden. Weitere Informationen über die Klimavariablen im August und Klima-Updates der vergangenen Monate sowie hochauflösende Grafiken und das Video können hier heruntergeladen werden.