26.07.2019
Aktuelles zu Steckersolargeräten
In den vergangenen Wochen waren Steckersolargeräte wieder einmal stark in den Medien präsent. Unter anderem im Hamburger Abendblatt und bei Focus online erschienen dazu Artikel. Auch Spiegel Online brachte eine längere Abhandlung. Prinzipiell freut uns das, macht es doch viele potentielle Nutzer auf die Chancen der Solartechnik aufmerksam. Doch gerade bei den Ausführungen des Spiegels sind einige Darstellungen nicht zutreffend – darauf möchten wir an dieser Stelle eingehen. Beginnen möchten wir aber mit aktuellen Änderungen der Anmeldung eines solchen Steckersolargerätes oder eines Balkonkraftwerks beim Netzbetreiber.
Vielfach vereinfachte Anmeldung möglich
Formal ist derzeit vorgeschrieben, dass die Anschaffung eines Steckersolargeräts mit dem Netzbetreiber „abgestimmt“ werden soll. Je nach Netzbetreiber geschieht das unterschiedlich: Einige fordern derzeit (noch) eine vollwertige Anmeldung wie bei einer großen PV-Anlage. Das ist für beide Seiten viel Arbeit mit einem diskussionswürdigen Nutzen, die DGS fordert schon länger einen unbürokratischen Umgang mit den Steckersolargeräten. Sehr viele – auch größere - Netzbetreiber haben in den vergangenen Wochen und Monaten ein vereinfachtes Anmeldeverfahren eingeführt: Dort kann auf einem eigenen Formblatt des Versorgers – zum Teil nur eine A4-Seite – mit Angabe von Adresse, Modul- und Wechselrichter-Angaben eine Meldung ganz einfach erledigt werden. Unter anderem bei den folgenden Netzbetreibern ist nach unseren Informationen bereits solch eine vereinfachte Meldung möglich: Avacon Netz, Bayernwerk, Bonn-Netz, Energieversorgung Dahlenburg, Energienetze Mittelrhein, ED Netze, Netze Mittelbaden, Stadtwerke Schwäbisch Gmünd, Stadtwerke Norderstedt, Stadtwerke Düren, swa Netze, Überlandwerke Röhn und Westnetz. Eine umfangreiche Liste von Netzbetreibern und ihrem Umgang findet sich hier.
In der neuen Fassung der VDE-Richtlinie 4105 wurde nur ein Inbetriebnahmeformular veröffentlicht, welches laut Spiegel als Musterformular für die Anmeldung dienen soll. Ein Blick auf die Formularinhalte zeigt jedoch, dass das dafür mehr als ungeeignet ist. Die Mitteilung an den Netzbetreiber kann auch mit dem DGS-Musterbrief erledigt werden.
Die DGS hält das vereinfache Anmeldeverfahren für eine ersten Schritt hin zu einer unbürokratischeren Lösung. Wir fordern jedoch weiterhin die Umsetzung der europäischen Vorgaben, nachdem Stromerzeuger mit einer Leistung von unter 800 Watt nicht systemrelevant sind und Regulierung deshalb verzichtbar ist. Damit wären dann jegliche Meldungen und Bürokratie überflüssig.
Zu spät dran?
„Wenn Sie noch keine Solaranlage mit Stecker haben, sind Sie echt spät dran.“, schreibt der Spiegel. Sind die Geräte tatsächlich schon so verbreitet? Genaue Zahlen gibt es nicht. Aktuelle Schätzungen gehen in Deutschland von derzeit 40.000 installierten Steckersolargeräten aus. Ein Vergleich mit dem Taschenrechner: Bei 41,5 Mio. Haushalten ist das nicht mal jeder tausendste Haushalt, der eine solche Anlage besitzt. Wenn Sie sich aktuell auch dafür interessieren: Sie sind gewiss nicht zu spät dran, sondern zählen immer noch zu den Vorbildern.
„Solarstrom erzeugen ohne große Vorbereitung und ohne dass ein Profi zur Installation kommen muss - mit sogenannten Plug-in-Modulen für Balkon und Garten geht das“ – schreibt der Spiegel. Ja, wir bei der DGS hätten das auch gerne so, das entspricht derzeit auch oft der Realität. Doch neben der Anmeldung (siehe oben) ist auch die Frage nach der „speziellen Einspeisesteckdose“ noch nicht endgültig vom Tisch. Viele Steckersolargeräte werden über Schukostecker einfach in die Steckdose eingesteckt, wir halten das auch für ungefährlich, wenn gleichzeitig der DGS Sicherheitsstandard eingehalten wird. Dies betrifft insbesondere den integrierten NA-Schutz nach VDE-AR-N 4105. Doch die Elektroverbände und Netzbetreiber bestehen noch immer auf einer „speziellen Einspeisesteckdose“ als einziger Lösung, die vom Elektriker installiert werden müsste. Die Spiegel-Aussage „Sie hängen das Modul einfach an den Südbalkon“ kann auch nicht ohne Einschränkung stehen bleiben: Im Miets- oder WEG-Gebäude muss Vermieter bzw. die WEG zustimmen, die Befestigung des Modules muss unbedingt sturmsicher ausgeführt werden und für eine Fassadenmontage geeignet sein. Das ist für einen Laien nicht so einfach machbar. Aber: Es gibt solche Systeme. Wir empfehlen daher für ungeübte Interessenten, das Steckersolargerät bei einem regionalen Anbieter fertig montiert einzukaufen. Recht einfach (wenn möglich) kann auch eine Aufstellung mit Beschwerungssteinen z.B. auf dem flachen Garagendach oder auf der Terrasse sein.
Und die Wirtschaftlichkeit?
Diese wird im genannten Artikel positiv dargestellt, was an guten Standorten mit idealer Strahlung auch möglich ist. Hierbei muss man unterscheiden zwischen frei aufgestellten Steckersolargeräten und am oder auf dem Balkon montierten Geräten. Zur Abschätzung kann der DGS-Stromkostenrechner helfen.
Hier können durch die Eingabe weniger Daten die Stromkosten pro Kilowattstunde ermittelt werden. Und: Auch wenn die Anlage den Strom nicht für 10, sondern für 13 oder auch 15 Cent pro kWh erzeugt, ist das immer noch deutlich günstiger als der Netzbezug und vielleicht viel günstiger, als der Netzbezug in einigen Jahren sein wird. Eine solche Investition wird sich daher an einem guten Standort immer lohnen.
Rückwärtslauf des Zählers
Der Rückwärtslauf eines Zählers muss aus rechtlichen Gründen verhindert werden. Ein Steckersolargerät ist in der Regel so ausgelegt, dass der erzeugte Strom für den Eigenverbrauch im Haus oder der Wohnung verwendet wird. Würde ein größerer Anteil des Stroms ins Netz eingespeist werden, könnte dafür zwar theoretisch EEG-Vergütung beantragt werden, aber der Aufwand für Abrechnung usw. würde die geringen Einnahmen mehr als kompensieren. Außerdem käme bei Einspeisung das Finanzamt ins Spiel, da das dann als gewerbliche Tätigkeit mit den entsprechenden Konsequenzen gesehen wird. Also: Keine oder nur geringste Einspeisung, dann bleibt das alles einfach. Thomas Seltmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sieht eine Einspeisung, ungezählt oder mit Zählerrücklauf, auch dann als unproblematisch an, wenn die Strommenge kleiner als die Messfehler der üblichen Stromzähler ist. Das einfachste wäre hier, den Zähler einfach zu belassen bis ohnehin der Wechsel zu modernen Messeinrichtungen erfolgt, was für die nächsten Jahre gesetzlich vorgesehen ist. Dagegen fordern viele Netzbetreiber prinzipiell sofort einen Zählertausch.
Und: Der Spiegel schlägt hemdsärmelig vor, überschüssigen Solarstrom einfach an den Nachbarn zu verschenken oder eine Steckdose zum e-Bike-laden des Nachbars am Haus anzubringen. Diese Vorschläge zeugen schlicht von fehlender Sachkenntnis, denn praktisch umsetzbar und praktikabel ist das leider nicht, die aktuelle Regierung hat hier bislang keinerlei Bereitschaft zu Innovationen gezeigt. Dabei könnte das einfach werden, wenn der politische Wille dazu vorhanden wäre, die Regulatorik radikal zu vereinfachen. Was möglich ist, zeigt u.a. die Arbeitsgruppe PV-Plug auf ihrer Internetseite www.pvplug.de, die Verbraucherzentrale NRW auf ihrer Verbraucherseite zu Stecker-Solar und die Marktübersicht unter Machdeinenstrom.de.
Jörg Sutter
DGS-Webinar informiert umfassend
Am Dienstag, den 3. September wird die DGS Franken das nächste Webinar zum Thema Steckersolargeräte durchführen. Dabei werden in rund eineinhalb Stunden alle Aspekte von Technik, Zähler, Anmeldung über Wirtschaftlichkeit bis hin zu Rechtsfragen erläutert. Weitere Informationen zum Webinar: www.solarakademie-franken.de/index.php?id=42&sem_id=583&ter_id=583
Steckersolargeräte in der Abendschau (BR) vom 10.07.19 (ab Minute 16)
Steckersolar bei quer (BR) mit Michael Vogtmann (DGS) vom 25.07.19 - gesamte Sendung
Steckersolar - 5-Minuten-Clip aus der Quer-Sendung (BR) vom 25.7.