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Heinz Wraneschitz

Menschenschutz-Gegner

Ein Kommentar von Heinz Wraneschitz

Der Bach geht den Berg runter. [Quelle: ZIB/ORF]

Über allen Gipfeln ist Ruh“? Nein, der Satz aus „Wandrers Nachtlied“ von JW Goethe stimmt schon lange nicht mehr. Krachend und immer öfter wälzen sich Wasser- und Geröllmassen in die Täler, so wie gerade in den Alpen oder in China. Die wissenschaftlich fundierte Analyse in vielen Fällen: der einst tief gefrorene Boden erwärmt sich, kann die oberen Schichten nicht mehr halten, und die rutschen ab. Klimakrise nennen das viele, Klimaschutz wäre angesagt. Wahrscheinlich sollten wir besser das Wort Menschenschutz dafür verwenden; vielleicht versteht es dann der Eine oder die Andere.

Aber was macht unsere verantwortliche Politik lieber als menschenschützend handeln? Die setzt sich in Talkshows und sagt „Ach ja?“ oder – wie hier Bundeskanzler Friedrich Merz – „ist zum Teil richtig“, wenn sie auf die gerade aktuell massiv fühlbaren Folgen der menschgemachten Erderwärmung angesprochen wird.

Immerhin: Die von der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen geführte EU-Kommission hat am 2. Juli 2025 klar verkündet, wie die schon länger für die Europäische Union geltenden Klimaziele 2040 erreicht werden sollen. Darin enthalten sind auch „neue Leitlinien für erneuerbare Energien, Netzinfrastruktur und Netztarife“ – von den alten wissen wir sehr bisher sehr wenig.

Aber: Unsere deutsche KleinKo-Bundesregierung aus CDSU und SPD mit der Atom- und Gas-Lobbyistin Katherina Reiche als für Energie verantwortliche Ministerin will augenscheinlich das Gegenteil umsetzen: Schnell mehr klimaschädliche Gaskraftwerke sollen kommen. „Am Gas festzuhalten, ist ein Verbrechen an der Zukunft“, formuliert es der Blogger Cleanthinking genau richtig, wie ich meine.

Doch es geht noch schlimmer. Denn gleichzeitig will Reiche beim Erneuerbare-Energien-(EE-)Ausbau „auf die Bremse treten“. Dabei senken mehr EE-Erzeugungen die Stromkosten massiv, wie Agora-Energiewende kürzlich nachgewiesen hat.
Lesen Sie hierzu auch „Billigerer Strom dank Erneuerbarer Energien“ von Jörg Sutter.

Doch laut der Ex-Energiemanagerin sei der Stromnetzausbau noch nicht auf dem notwendigen Stand für mehr EE. Dies ist aber augenscheinlich ein politisch gewolltes Problem, wie dieser Tage eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung (HBS) gezeigt hat. Denn der Ausbau der Übertragungsnetze liegt immer noch in den Händen eines Vier-Firmen-Oligopols. Was laut HBS Deutschlands Verbraucher:innen „220 Milliarden Euro vermeidbare Kosten“ einbringt. „Die völlig ausufernden Kosten für einen überdimensionierten Übertragungs-Netzausbau sind die verfehlte Entwicklung, die endlich beendet werden muss. Die derzeitigen Planungen führen zu hohen Netzentgelten und damit zu immer mehr Energiearmut, vor allem für sozial benachteiligte Menschen wird Strom immer mehr zum Luxusgut“, heißt es dazu von Dörte Hamann, der Sprecherin des EE-unterstützenden Aktionsbündnis Trassengegner.

Ist Deutschland eigentlich noch in der EU?

Was die KleinKo vorhat, sind aus meiner Sicht ganz offensichtlich Beispiele für das Gegenteil dessen, was für ganz Europa gelten soll. Zählt die Bundesrepublik sich womöglich schon nicht mehr zur EU?

Statt also wirklich etwas Konkretes für den Menschenschutz zu tun, vergibt sich die Bundesregierung lieber in Worthülsen verpackte gute Noten: Sie „intensiviert die Klimadiplomatie“, was auch immer das bringen mag, wenn aktuell solche ignoranten, weltweit agierenden Menschenschutz-Gegner Politik machen dürfen wie Putin oder Trump. Denn Lügen und Desinformation über die Gefahren für das Klima, die Erde und die Menschen kommen ja von vielen Seiten dazu.

Nur eines ist stimmt bis heute, was JW Goethe in Wandrers Nachtlied vorausgesagt hat – 1780 bereits: „Bald ruhest auch Du.“ Doch wenn wir so weitermachen mit unserer Erdaufheizung, dem Gegenteil von Menschenschutz, dann wird dies schneller passieren, als wir alle denken.

Doch vielleicht kommt ja alles ganz anders… (Achtung! Das ist Satire!)