21.12.2018
Die letzte Steinkohle ist gefördert
Am heutigen Freitag findet in Bottrop die zentrale Abschiedsveranstaltung für den Steinkohleabbau im Ruhrgebiet statt. Die aus der Zeit gefallene Energieform beschäftigte dort einst hunderttausende Menschen, bis seit den 1950er Jahren das Öl als Konkurrenz aufkam. Seitdem ging es bergab mit den Steinkohle-Zechen, seit dem Jahr 2007 dann in einem staatlich gelenkten und geförderten Kohleausstieg, bei dem eine Zeche nach der nächsten stillgelegt wurde.
Mit dem Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop wird nun das letzte aktive Steinkohle-Bergwerk im Ruhrgebiet geschlossen. Die aktive Kohleförderung wurde schon im September beendet, jetzt wird noch ungefähr ein Jahr lang aufgeräumt. Wie das Gelände später genutzt wird, ist noch unklar.
Heute nun steigt die große Abschiedsparty auf die Steinkohle, zur Feierstunde haben sich EU-Kommissionspräsident Juncker, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und NRW-Ministerpräsident Laschet angekündigt. Ob die drei auch zu einer Einweihung einer Power-to-Gas-Anlage mit Solarstrom-Versorgung gekommen wären?
Derweil wurde am 17.12. auch ein umfangreiches Gutachten auf der Website des Bundesumweltministeriums veröffentlicht, das die Zulässigkeit der Abschaltung von Kohlekraftwerken beleuchtet, es entstand im Rahmen der Arbeit der Kohlekommission. Die Essener Kanzlei Heinemann & Partner hat auf 370 Seiten untersucht, wie der Kohleausstieg in den aktuellen Rechtsrahmen (z.B. EU-Recht und Immissionsschutzrecht) vollzogen werden kann. Wesentliches Ergebnis: Ein Kohleausstiegs-Gesetz kann sowohl EU-konform als auch verfassungskonform ausgestaltet werden und eine gesetzlich angeordnete Stilllegung von Kohlekraftwerken aus Gründen des Klimaschutzes ist mit EU-Recht vereinbar.
Auch hinsichtlich einer bereits öffentlich diskutierten Entschädigung äußert sich das Gutachten klar: Interessant sind hier nur Kraftwerksinvestitionen, die schon vor dem Jahr 2010 getätigt wurden. Denn im September 2010 erschien das Energiekonzept der Bundesregierung mit den vorgesehenen Reduktionen der Emissionswerte. „Die Betreiber konnten und mussten wissen, dass Kohlekraftwerke langfristig nicht mehr eine der tragenden Säulen der Stromversorgung in Deutschland sein werden“, so das Gutachten bezogen auf die Zeit nach dieser Veröffentlichung. Und: Aufgrund der fallenden Strompreise haben sich in den vergangenen Jahren die Amortisationszeiten von Kraftwerken zum Teil deutlich verlängert. Dafür sei seitens des Staates aber kein Ausgleich zu leisten. Sind die Kraftwerke schon amortisiert, so sieht das Gutachten keinen Anspruch auf Ausgleich für die Betreiber.
Das ausführliche Gutachten zum Download
Im 40 km östlich von Bottrop gelegenen Lünen werden zum Jahresende zwei Steinkohle-Kraftwerksblöcke der Steag vom Netz genommen: Block 6 (157 MW Leistung) produziert derzeit noch Bahnstrom, den die Bahn aber ab 1.1.2019 nicht mehr haben will und auch Block 7 (allgemeine Stromversorgung mit 350 MW) ist nicht mehr wirtschaftlich betreibbar. So wird wieder ein Stück Kohleausstieg vollzogen, auch oder obwohl die Kohlekommission in Berlin nicht zu einem konsensfähigen Ergebnis kommt.
Jörg Sutter