21.10.2022
Steckersolar: Entwurf der Produktnorm ist da (Teil I)
Ein Kommentar von Jörg Sutter
Lange hat es gedauert und viel Arbeit steckt dahinter, für ein „neues“, bisher ungenormtes Produkt eine Produktnorm zu erstellen. Die Arbeit, in die neben dem VDE und dem Fraunhofer ISE noch weitere Organisationen (wie auch die DGS, namentlich Ralf Haselhuhn vom DGS Landesverband Berlin-Brandenburg) eingebunden sind, hat nun einen Meilenstein erreicht: Die federführende DKE im VDE hat einen Normentwurf veröffentlicht. Denn das Interesse an Steckersolar wächst weiter – inzwischen sind gemäß einer HTW-Studie rund 200.000, nach anderen Schätzungen über 300.000 solcher Geräte in Deutschland verbaut.
Normentwurf – öffentlich?
Kritik hagelte es nun schon, als noch keine Zeile Text gelesen war, denn unter Veröffentlichung meint der VDE sein übliches Vorgehen: Der Normentwurf wird als Unterlage beim VDE Verlag zum Kauf angeboten (www.vde-verlag.de, Suchbegriff „VDE V 0126-95“). Hersteller und Installationsbetriebe, die über ein Abo Zugriff zu VDE-Normtexten haben, haben darüber auch Zugang zum Entwurf der Produktnorm.
Ein Stück ist es aber auch verständlich (das führt Hermann Laukamp im unten angeführten Interview aus), denn der Normentwurf richtet sich in erster Linie an die Hersteller der Geräte und an Prüforganisationen. Es geht eben darum, was ein solches Steckersolargerät mitbringen muss und wie genau die vorgegebenen Spezifikationen dann auch neutral geprüft werden können.
Viele Organisationen, die engagiert im Bereich Steckersolar arbeiten und denen eine Breite Verbreitung am Herzen liegt, werden nun enttäuscht sein. Sie hatten gehofft, dass ganz viele Menschen einfach Stellung zum Entwurf beziehen können und damit auch großer Druck auf die einfache Umsetzung mit Schukostecker ausgeübt werden kann.
Die Nutzer und Nutzerinnen werden von der Produktnorm auch Vorteile haben: Zum einen ist dann klar, dass die Geräte auch nachweislich sicher sind, zum anderen enthält die Norm auch Anforderungen an die Dokumentation. Das können Hinweise sein, die in die Montageanleitung geschrieben werden müssen und dann die konkrete Umsetzung erleichtern und Probleme vermeiden können.
Interview mit Hermann Laukamp
Einer der fleißigen und fachlich versierten Vorantreiber ist Hermann Laukamp vom Fraunhofer ISE, der im Rahmen der Veröffentlichung ein Interview zur Normentwicklung und den Hintergründen gegeben hat. Das Interview in voller Länge findet sich hier. Er erklärt darin, dass vor sieben Jahren, also die ersten Steckersolargeräte bei uns auf den Markt kamen, noch keine klaren Vorgaben vorhanden waren. Das war der Ausgangspunkt für die Entwicklung einer Produktnorm für diese kleinen PV-Geräte, die üblicherweise auch nicht durch den Elektriker installiert, sondern von elektrischen Laien einfach aufgebaut und eingesteckt werden.
Laukamp erläutert auch die Ziele der Produktnorm: Einerseits sollen die Hersteller klar erkennen, was technisch einzuhalten ist, um ein sicheres Gerät anbieten zu können. Andererseits sollen auch Prüfinstitutionen in der Lage sein, zu prüfen, ob die Kriterien eingehalten werden.
Stellungnahme der DGS folgt
Wir bei der DGS werden den Text des Normentwurfes, der uns vorliegt, dann analysieren und verbandsintern Änderungsvorschläge und Wünsche diskutieren und eine Kommentierung vorbereiten. Für die Abgabe der Stellungnahme ist ausreichend Zeit, denn als Frist zur Kommentierung sind vier Monate vorgesehen. Bei der Kommentierung genügt keine Mail oder Brief an den VDE, sondern es formale Bedingungen einzuhalten und entsprechende Formblätter zu nutzen. Los geht es da zuerst mit einer Registrierung hier.
Und wichtig: Schon jetzt hat Alexander Nollau, Abteilungsleiter Energy bei der DKE, klargestellt: „Bis dahin [Anm: Veröffentlichung der finalen Produktnorm] im Markt befindliche Geräte werden von der Produktnorm nicht betroffen sein und können weiter betrieben werden“. Für schon installierte Geräte bedeutet die Diskussion über die neue Produktnorm also keinerlei Risiko.
Was ist jetzt mit dem Schukostecker?
Tja, das bleibt einmal mehr im Ungewissen. Die Möglichkeit der Steckverbindung des Steckersolargerätes mit Schukostecker ist im Normentwurf im informellen Anhang enthalten, dieser dient nach Laukamp der Information, um Verständnis und Anwendung einer Norm zu verbessern.
Aktuell steht dabei ein kleiner Forderungskatalog, unter dessen Einhaltung die Nutzung der Schukosteckdose möglich ist. Hermann Laukamp hat die Hoffnung, dass im Rahmen der Einsprüche an den Normentwurf das Thema Stecker nochmals diskutiert wird. Wir als DGS hoffen ebenfalls und plädieren (wie schon lange) für eine Freigabe des Schukosteckers mit vernünftigen Vorgaben, was eine sichere und zugleich einfach Umsetzung möglich macht. Die DGS hat schon seit 2017 den DGS-Sicherheitsstandard mit Anforderungen für den sicheren Betrieb mit Schukosteckern entwickelt, näheres dazu unter www.pvplug.de. Viele dieser Anforderungen sind in die Produktnorm eingeflossen. Ralf Haselhuhn dazu: „Wir halten bei Einhaltung dieser Anforderungen einen Betrieb mit Schukosteckern für sicher.“
Einsprüche und Zeitschiene
Vier Monate besteht nun die Möglichkeit, eine Kommentierung zum Normentwurf beim VDE abzugeben, danach werden all diese Rückmeldungen diskutiert und gegebenenfalls der Normentwurf angepasst. „Nach Konsensbildung und Mehrheitsentscheidung werden die zugestimmten Kommentare und Einsprüche vom Komitee in dem Normentwurf aufgenommen und dieser als finale Produktnorm veröffentlicht“, so Hermann Laukamp. Wohl Ende des kommenden Jahres können wir dann mit der Fertigstellung der Norm rechnen.