20.07.2018
Die eigene Energiewende aus Überzeugung – ein Besuch
Der Weg schlängelt sich auf engen Straßen durch den Schwarzwald hinter die Ortschaft Lahr, es fällt auf, wie viele Höfe und landwirtschaftlichen Anwesen hier schon großflächig mit Photovoltaik-Modulen belegt sind. Werner Weber begrüßt mich freundlich, bevor ich klingelt konnte. In einer Dorf-Nebenstraße fällt es auf, wenn ein Auto vor der Tür stehen bleibt. Herr Weber ist schon seit 1977 überzeugtes DGS-Mitglied und freut sich jede Woche auf die DGS-News, die er interessiert liest. Seine Ausbildung führte ihn über das Physikstudium in den Lehrberuf bis zur Leitung einer Gewerbeschule. Jetzt ist er seit einigen Jahren im Un-Ruhestand. Wir setzen uns im Wintergarten und er beginnt zu erzählen.
Von seiner Sozialisierung im Umfeld der Proteste von Whyl, wo sich die Bevölkerung der Region in den 70er Jahren gegen den Neubau eines AKWs am Kaiserstuhl in Südbaden wendete. Er erzählt von Vorträgen, die ihn geprägt haben. Und immer wieder „es gibt Lösungen.“ Ob mit Solarenergie oder der Wasserstofferzeugung – ich merke, er hat sich schon vor Jahrzehnten der Energiewende verschrieben.
Und er hat sie für sich und seine Familie konsequent umgesetzt, dabei aber das Interesse am Thema und an weiteren Verbesserungen nicht verloren. Sichtbar sind: Eine 15 qm Solarthermieanlage (seit Beginn der 90er Jahre) und eine 4,3 kWp PV-Anlage auf dem Dach (2010), weitere transparente 290 W-Solarmodule eines Freiburger Anbieters als Balkonüberdachung und einen Solarrebellen an der Wand. „Ich will nicht nur lesen, ich muss es selbst ausprobieren und spüren“, so erklärt er seine Motivation. Und er ist glücklich damit, denn größere Störungen sind auch über die vielen Jahre Betriebszeit nicht zu verzeichnen.
Erst bei der Besichtigung der Kellerräume wird klar, was noch alles an Technik im Haus steckt: Seit 2005 läuft dort schon ein „Dachs-BHKW“, das auf rund 1.000 Betriebsstunden im Jahr kommt. Eine Gasheizung sowie insgesamt vier Wärmespeicher mit je 500 Liter. „größere Speicher hätten nicht reingepasst, weil die Kellerdecke so niedrig ist“.
Gemeinsam mit seinem Bruder hat er diese technische Lösung entwickelt und organisch über die Jahre wachsen lassen. Die Motivation: „Meine Kinder und Enkel“. Er wird keine Vorwürfe erhalten, er hätte vom Klimawandel gewusst und nichts gemacht, da ist er sich sicher. Deshalb hat es sich auf beim Aufbau der historischen Wassermühle engagiert, die nur wenige Meter von seinem Haus entfernt steht. Und auch bei einem lokalen Energielehrpfad, der ganz in der Nähe alle Möglichkeiten der Erneuerbaren Energien beschreibt.
Als letzter Baustein hat er im vergangenen Jahr ein Stromspeicher (Sonnen) mit 6 kWh Speichervolumen im Keller eingebaut, der nun dazu führt, dass er durch PV, Speicher und BHKW im Strombereich einen Autarkiegrad von über 95 % erreicht. Von Mai bis Dezember 2017 lagen die Stromkosten für den Bezug bei insgesamt 65 Euro. Und: „da ist der Finanzminister auch schon beteiligt, das ist schon brutto“. Herr Weber strahlt.
Ein Ärgernis ist ihm noch die fehlende Notstromfunktion des Speichers, das soll sich doch auch die DGS dafür einsetzen, das sei notwendig. „Sicherheit ist hier im Schwarzwald schon ein wichtiger Aspekt“. Nach der Lektüre von „Blackout“ treibt ihn die Sorge eines größeren Stromausfalls, er versteht nicht, warum die Speicherhersteller das nicht vorantreiben. „Die Wahrscheinlichkeit ist größer Null, das reicht mir“, man spürt, das Thema treibt ihn um.
Neben der Handy-App des Speicherherstellers hat er eine eigene Steuerung für seine Haustechnik-Anlage geschrieben und programmiert und kann in einer eigenen App die Funktion des BHKW alle Wassertemperaturen und Funktionen mit der eigenen Steuerung regeln und überwachen. Doch das System ist durch das organische Wachstum komplex und undurchsichtig geworden. Jetzt hat sich Herr Weber begonnen, die gesamte Regelung neu aufzusetzen. Und was steht noch an? Er deutet auf einen selbstgebauten Holztisch, der gerade im Keller entsteht. „Das gibt eine Modelleisenbahn für die Enkel“. Auch die Modellbahn soll direkt mit Solarstrom betrieben werden.
Der Einstieg in die Elektromobilität ist gelungen, hat er doch vor einigen Wochen für sich und seine Frau zwei E-Bikes angeschafft, die im hügeligen Schwarzwald genauso zum Einsatz kommen wie im Urlaub. „Und jetzt im Sommer habe ich rund 10 kWh pro Tag übrig, die ins Netz eingespeist werden. Da kann ich mit dem E-Bike lange fahren.“
Was bleibt auf dem Rückweg von diesem Termin? Die Freude, einen Mann kennengelernt zu haben, der den Weg zur Solarenergie schon vor Jahrzehnten als Ziel erkannt und konsequent für sich und seine Familie umgesetzt hat. Es ist eine echte Begeisterung zu spüren, „Solar ist Zukunft“ betont er beim Gespräch immer wieder. Und das ist bei ihm nicht neumodisches Energiewende-Gequatsche, sondern die tiefste Überzeugung eines fröhlichen Schwarzwälders und DGS-Mitgliedes. Respekt.