20.04.2018
Speicher: Rechtlich umstritten
Nachdem der Markt für Stromspeicher derzeit dynamisch wächst, steigt auch die Zahl der Veranstaltungen zu diesem Thema. Am 17. und 18. April fand dazu das zweitägige Forum Stromspeicher des Veranstalters MCC in Köln statt, bei dem auch die rechtlichen Aspekte im Mittelpunkt standen.
Bei seiner Einführung in den Tag führte Dr. Kleinmann (Berater, VDE/VDI) bereits ein erstes Diskussionsthema an: Durch das Unbundling ist ausgerechnet den Verteilnetzbetreibern (VNB) derzeit in Deutschland untersagt, Stromspeicher zu betreiben. Darüber beklagen sich die Verteilnetzbetreiber, auch weil die EU in den Gesetzesentwürfen des Winterpakets noch darüber hinaus geht und den VNB auch den Betrieb von Ladesäulen für Elektromobilität untersagen will.
Eines der Themen, die neben dem ersten Einführungsvortrag auch einen breiten Raum in der Diskussion einnahmen, war die juristische Bewertung der rechtlichen Rahmenbedingungen von Stromspeichern. Referenz Christoph Meitz von der Kanzlei BBG aus Bremen beschrieb für die verschiedenen Anwendungsfälle von Speichern die rechtlichen Konsequenzen. Die Schwierigkeiten beginnen grundsätzlich damit, dass Speicher juristisch in zweierlei Hinsicht vorhanden sind: Wird ein Speicher aus dem Stromnetz geladen, ist er juristisch ein Letztverbraucher, wird er ins Netz entladen, ist er ein Energieerzeuger. Eine (über die Gesetze) einheitliche Definition eines Speichers existiert nicht.
Bei den typischen kleinen Hausspeichern für PV-Anlagen ist die rechtliche Lage klar: Die EEG-Vergütung wird auch für Strom aus regenerativen Anlagen bezahlt, der zwischengespeichert wird. Bis 10 kWp PV-Anlagengröße ist diese Erzeugung auch befreit von der EEG-Umlage.
Die Betreiber von Großspeichern sind ebenfalls zufrieden, da auch für Speicher, die rein zur Bereitstellung von Regelenergie im Stromnetz gebaut werden (wie z.B. von der STEAG) die Randbedingungen ebenfalls klar definiert sind. Nicht so bei gemischtem Betrieb: Werden Stromspeicher z.B. im gewerblichen Bereich für Eigenverbrauchsoptimierung und zusätzliche Strommarktteilnahme „gemischt“ genutzt, gibt es – auch direkt beim Fachseminar – unterschiedliche Einschätzungen und Diskussionen über die Randbedingungen. Während Markus Brehler von Caterva die Aufnahme von Speichern in dem EEG-Paragrafen 61k dahingehend interpretiert, dass die gemischt betriebenen Speicher nun auch politisch gewünscht seien und daher auch Privilegierungen in Anspruch nehmen können, verneinte das der Jurist Meitz mit Blick auf ein Hinweisschreiben der BNetzA. Einig sind sich die Referenten des ersten Vormittags, dass die Ankündigungen im Koalitionsvertrag noch zu vage sind und derzeit auf dem Ankündigungsniveau verharren. Aktuell sind daraus noch keine konkreten politischen Konsequenzen absehbar.
Jochen Schwill, CEO von Next Kraftwerke, betonte die rasche Entwicklung auf dem Energiemarkt der vergangenen Jahre in den Bereichen Dezentralisierung, Liberalisierung und Digitalisierung und stellte die typischen Geschäftsmöglichkeiten für Stromspeicher vor. Aus seiner Sicht sind hier am wichtigsten die Kleinspeicher bis 20 kW (privat oder Kleingewerbe zur Erhöhung des PV-Eigenverbrauches), die Gewerbeprojekte über 100 kW (für Eigenverbrauch und zusätzlich z.B. Notstrom und Lastspitzenkappung) sowie die Großspeicher, die im Bereich der Primärregelleistung (PRL) eingesetzt werden. Politisch ist, auch im Hinblick auf das EU-Winterpaket, klar, dass Speicher als Flexibilitätsoption nicht weiter gefördert werden, sondern „auf eigenen Beinen“ gegen andere Optionen auf dem Markt bestehen sollen. Das ist insbesondere im Bereich der PRL fraglich, da dieser Markt schon langjährig besetzt ist und derzeit viele Batterieprojekte in diesen Markt „reindrücken“. Nach Schätzung von Schwill sind derzeit in Deutschland neben den bereits realisierten Anlagen (z.B. von Steag und Wemag) rund 200 bis 300 MW Batterieprojekte für PRL in der Pipeline und warten auf Realisierung. Der PRL-Markt in Deutschland ist aber relativ stabil und hat ein Gesamtvolumen von „nur“ 500 bis 600 MW. Es werden zwar in den kommenden Jahren auch Kraftwerke abgeschaltet, die ebenfalls PRL anbieten, doch es kann davon ausgegangen werden, dass die entsprechenden Preise durch den verschärften Wettbewerb deutlich sinken werden.
Markus Brehler von Caterva stellte das Verbund-Speicherprojekt des Batterieanbieters vor, mit dem man schon seit 2015 für PRL präqualifiziert ist und als Marktteilnehmer auftritt. Er betonte, das bei ihrer Lösung die Daten immer nur im Minutentakt vom Speicher zur Leitstelle fließen, die Real-Time-Operationen werden direkt in der Steuerung des Speichers vor Ort erledigt. Regulatorisch sind seiner Ansicht nach auch gemischt genutzte Speicher von Netzentgelten befreit. Er sieht es jedoch als Herausforderung an, die damit verbundenen Vorbereitungen (z.B. ein passendes Messkonzept, wie es der BVES vor einigen Monaten als Vorschlag vorgelegt hat, mit den insgesamt 878 Verteilnetzbetreibern in Deutschland jeweils immer wieder neu zu diskutieren. Brehler erläuterte auch die neue Eigentümerstruktur der Caterva, die nun zur schwedischen Alelion gehört, die begonnen hatte, Bleibatterien in Gabelstablern durch Li-Ionen-Akkus auszutauschen.
Oliver Weinmann von Vattenfall ging in seinem Vortrag auf die Sektorenkopplung ein. Er beschrieb die Energiewende mit vier Transformationen: Fossile zu Erneuerbarer Energie, bedarfsgetriebene zu erzeugungsgetriebener Versorgung, zentrale zu dezentraler Erzeugung und analoge zu digitale Transformation. Nach der Beschreibung der Preissenkung der vergangenen Jahre bei den Erneuerbaren Energien ist jetzt die Beherrschung der Volatilität eine Aufgabe geworden. Neben dem Netzausbau, dem Bau flexibler Kraftwerke, der Verbrauchsanpassung und der Speicherung sieht er die Sektorenkopplung mit Power-to-X als Flexibilitätsoption der Zukunft. Insbesondere die Erzeugung von Wasserstoff, die Vattenfall bereits seit Jahren betreibt und zahlreiche Demovorhaben wie eine Wasserstofftankstelle in Hamburg umgesetzt hat, ist hier flexibel einsatzbar. So auch als Treibstoff für Busse und nicht-elektrifizierte Bahnen. Eine erste Testfahrt einer Wasserstoff-Bahn fand in dieser Woche statt. In Hamburg hat Vattenfall inzwischen einen E-Boiler im Fernwärmenetz im Einsatz, die thermische Leistung beträgt 45 MW, die Anfahrtzeit nur 0,3 Sekunden. Um attraktive Geschäftsmodell in diesen Bereichen der Energiewende zu schaffen, müssen laut Hr. Weinmann aber die Rahmenbedingungen angepasst werden und die Preise von Speichern und Sektorenkopplungs-Anlagen weiter sinken