19.07.2024
Steckersolar – bald noch einfacher
Eine Einordnung von Jörg Sutter
Der Deutsche Bundestag hat kürzlich einen Gesetzentwurf zur Privilegierung von Steckersolar durchgewunken. In dieser Betrachtung soll der aktuelle und zukünftige Stand der Gesetzgebung beleuchtet werden.
Woher kommt die neuerliche Verbesserung?
Der Einsatz von Steckersolargeräten wurde durch einige Vereinfachungen des Solarpaketes I deutlich erleichtert. Zu den darin beschlossenen Maßnahmen gehört unter anderem die Abschaffung der Anmeldung beim Netzbetreiber und eine erstmalige Definition von Steckersolargeräten im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Eine weitere Verbesserung wurde schon im vergangenen Jahr angekündigt, aber bislang nicht in die Umsetzung gebracht: Es geht um die „Privilegierung“ von Steckersolargeräten.
Diese Privilegierung (näheres weiter unten) wurde in einem Gesetzentwurf aus dem Justizministerium beschrieben, der diese Regelungen sowohl ins Mietsrecht wie auch ins WEG-Recht, also für Mehrfamilienhäuser mit Wohnungseigentümern, trägt: Ein völlig getrenntes Gesetzesvorgaben, das deshalb auch nicht gemeinsam mit dem Solarpaket I beschlossen wurde. Es gab zudem noch Diskussionen innerhalb der Koalition: Einerseits ging es um die Frage, ob die Privilegierung nicht auch auf größere PV-Anlagen ausgedehnt werden soll. Andererseits umfasst der Gesetzentwurf weitere Inhalte wie die Genehmigung zur Abhaltung von Eigentümerversammlungen in digitaler Weise; bisher waren diese Versammlungen als Präsenztermine verpflichtend. Wegen des dafür vorhandenen politischen Diskussionsbedarfs kam das Vorhaben seit letztem Jahr nicht wirklich voran.
Was bedeutet die Privilegierung für Balkonsolar-Anlagen?
Das Recht kennt bereits einige „privilegierte“ Baumaßnahmen. Darunter fallen zum Beispiel der behindertengerechte Umbau einer Wohnung oder auch der Einbau von Wallboxen in Tiefgaragen. Benötigt ein Mieter (oder Eigentümer bei einer WEG) einen solchen Umbau oder eine Wallbox, so dürfen Vermieter oder Miteigentümer diesen nicht pauschal verbieten, sondern müssen hierfür gewichtige Gründe vorbringen. In diesen Privilegierungs-Katalog soll nun der Aufbau eines Steckersolargerätes mit aufgenommen werden.
Bedeutet das nun, dass der Vermieter nicht mehr gefragt werden muss? Nein, mitnichten. Selbst namhafte Medien haben das verkürzt so falsch dargestellt. Verbände der Immobilien- und Vermieterbranche haben klargestellt: Ein Fragen des Vermieters wird auch in Zukunft erforderlich sein. Allein eine mögliche Ablehnung wird in Zukunft eher seltener passieren, denn diese müsste der Vermieter gut begründen können. Hintergrund ist, dass durch die Ergänzung des EEGs um Steckersolargeräte der neu formulierte §2 EEG 2023 berücksichtigt werden muss: „Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen [..] liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden“, so das EEG.
Damit wird eine Ablehnung des Vermieters schwierig, weil auch die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (und damit auch das Steckersolargerät) inzwischen so überragend wichtig ist. Trotzdem werden Vermieter (oder Miteigentümer) auch in Zukunft technische Vorgaben vorbringen dürfen, die bei der Umsetzung einzuhalten sind. Ein Freifahrtschein ist diese Regelung also wirklich nicht.
Trotzdem: Das Gesetz wird positive Folgen haben. Auch wegen eines weiteren Details: Es beinhaltet auch neue Regelungen zur Durchführung von digitalen Eigentümerversammlungen. Das kann auch beim Wunsch nach Steckersolar helfen: Musste bisher oftmals Monate auf einen Sitzungstermin vor Ort gewartet werden, kann bei Interesse und einer fitten WEG-Verwaltung zukünftig zeitnah zu einer digitalen Sitzung eingeladen werden, die dann schneller als bisher eine Freigabe erteilt. Dann kann schon Monate schneller als bislang möglich der Sonnenstrom in die Wohnung fließen.
Wann werden diese Regelungen in der Praxis relevant?
Das Gesetz wurde vor der Sommerpause vom Bundestag beschlossen. Es muss aber noch den Bundesrat passieren und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Üblicherweise treten Gesetze dann am Folgetag der Veröffentlichung in Kraft. Nachdem auch der Bundesrat jetzt Sommerpause hat und seine erste Plenarsitzung erst für den 27. September anberaumt ist, wird ein In-Kraft-Treten frühestens im Oktober erfolgen. Erst Anfang September wird eine Tagesordnung für die Sitzung am 27.9. veröffentlicht. Und erst dann besteht Gewissheit, dass das Thema Steckersolar auch wirklich an diesem Tag behandelt und nicht verschoben wird.
Änderungsmonitor zeigt, was heute geht
Die DGS hat seit Monaten einen „Steckersolar-Änderungsmonitor“ online verfügbar. Hier wird konkret und immer aktuell informiert, was bereits in der Praxis nutzbar ist und was noch nicht. Der grüne Haken bei „Privilegierung“ ist dort noch nicht gesetzt. Denn – wie gerade beschrieben: die Neuregelung ist zwar vom Bundestag durchgewunken, jedoch noch nicht vom Bundesrat bestätigt und damit noch nicht gültig. Sobald das Gesetz konkret nutzbar ist, werden die Betreuer:innen des Monitors dies entsprechend aktualisieren.
Hinweis: Haben Sie Fragen und Anregungen zu diesem Thema? Schreiben Sie gerne an sutter(at)dgs.de