19.05.2023
PV-Strategie ist fertig – hat sich was verbessert? (Teil II)
Eine Analyse von Jörg Sutter
Mitte März 2023 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) nach einem PV-Gipfel die erste Idee einer PV-Strategie veröffentlicht, damals ausdrücklich als Entwurf (DGS-News berichteten). Das Ministerium bat damals um weitere Rückmeldungen dazu, auch die DGS hatte eine ausführliche Stellungnahme dazu erstellt und abgegeben, auch dazu hatten wir bereits berichtet. Nach dem 2. PV-Gipfel wurde vom Ministerium das fertige Dokument präsentiert.
Zwei Ziele sollen mit der PV-Strategie verfolgt werden: Zum einen der ambitionierte Ausbau der PV; zum anderen die Verzahnung des Stromsystems mit den Sektoren Wärme, Verkehr und Industrie. Diese beiden Ziele sind auf Seite 10 des Papiers in Form einer Vision für das Jahr 2035 dargestellt. In der vergangenen Woche sind wir allgemein auf das fertige Dokument eingegangen und haben und haben die geplanten Änderungen der Handlungsfelder 1 – 4 beschrieben.
Hier und heute geht es um die Handlungsfelder 5 bis 11.
Handlungsfeld 5 – Netzanschluss beschleunigen
Hier soll das Problem angepackt werden, dass bis heute der Netzanschluss von PV-Anlagen teils weder einfach noch schnell umgesetzt werden kann. Für Freiflächenanlagen soll das Wegenutzungsrecht vereinfacht werden, da es hier häufiger zu rechtlichen Problemen kommt. Bei Dachanlagen soll die Zertifizierung vereinfacht werden; eine zentrale Datenbank für Einheitenzertifikate wurde bereits gestartet. Das Netzanschlussverfahren, das bislang für Anlagen bis 10,8 kW gilt, soll auf 30 kW Anlagenleistung ausgeweitet werden. Auch die Anmeldung beim Marktstammdatenregister soll für kleine Anlagen vereinfacht werden.
Handlungsfeld 6 – Akzeptanz stärken
In diesem Punkt geht es weg von den technischen Inhalten. Akzeptanz ist vor allem bei Freiflächen ein Thema. Deshalb soll die Fachagentur „Windenergie an Land“ auch zukünftig zu Freiland-PV informieren. Weiterhin soll geprüft werden, ob Nachweispflichten und Fristen für Bürgerenergiegesellschaften weiter vereinfacht werden können, um hier noch einfacher eine Projektumsetzung zu erreichen.
Handlungsfeld 7 – Verzahnung von Energie- und Steuerrecht
Nach den steuerlichen Verbesserungen zu Jahresbeginn stehen weitere Themen auf der Agenda: So sollen PV-Anlagen zukünftig auch dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugeordnet werden können, Stromverkauf und Vermietungseinkünfte sollen zukünftig parallel möglich sein und weitere Detailprobleme bei bestimmten Umsetzungen sollen gelöst werden.
Handlungsfeld 8 – Lieferketten und Produktion
Noch unter dem Eindruck der Lieferprobleme aus dem vergangenen Jahr rückt in diesem Feld die Wiederansiedelung einer PV-Industrie in den Blick. Seit März wird dazu eine Studie vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) erstellt. Forschungsmittel sollen erhöht, für die Industrie sollen Fördermittel bereitgestellt werden.
Handlungsfeld 9 – Fachkräfte
Ein zentrales Handlungsfeld für den geplanten, stark steigenden Ausbau der PV-Anlagen in Deutschland wird im Bereich der Fachkräfte gesehen. Die PV-Strategie verweist hier auf die 2022 verabschiedete Fachkräftestrategie, die auch den Wandel der Arbeitskultur im Blick hat. Daneben soll die Aus- und Weiterbildung vorangebracht werden – auch ein strategischer Kernpunkt der DGS-Arbeit in diesem Jahr. Hier möchte das BMWK auch, dass die Ausbildungsordnungen ständig auf einem modernen Stand gehalten werden.
Handlungsfeld 10 – Technologie voranbringen
Die Technologieentwicklung soll in zwei Bereichen vorangebracht werden: Zum einen die eigentliche Herstellung von Komponenten wie Solarzellen, die weiterentwickelt werden. Zum anderen soll weiter auch Anwendungsforschung betrieben werden: Agri-PV und Floating-PV sind recht neue Bereiche, mit denen neue Potentiale erschlossen werden können. Laut Bundesbericht Energieforschung sind in 2021 rund 88,4 Mio. Euro in die Photovoltaik geflossen.
(Zum Vergleich: in die Fusionsforschung flossen fast 250 Mio. Euro, wie auf Seite 73 des Berichts zu lesen ist.)
Handlungsfeld 11 – Europäischer Ausbau
Der schnelle Ausbau der PV in Europa soll auch in den europäischen Kontext kommen, werden doch heutzutage viele Vorgaben in Brüssel und Straßburg beschlossen, die dann auch in Deutschland nicht ignoriert werden können. Das Dokument nennt hier die EU-Solarstrategie von 2022, das „fit for 55“-Programm zum Erreichen der Klimaziele und Maßnahmen, die auf Basis des RED II erfolgen. Auch die EU-Notfallverordnung von Ende 2022 kann hier wirken, es ist zukünftig z.B. denkbar, bei bestimmten Vorhaben auf die Erstellung einer ausführlichen Umweltverträglichkeitsprüfung zu verzichten.
Unser Fazit zum PV-Strategie-Papier
Durch das vergangene Entwurfs- und Stellungnahme-Verfahren ist aus meiner Sicht die PV-Strategie besser geworden. Es wurden noch etliche weitere Hemmnisse erkannt und ergänzt, darunter auch einige Punkte, die wir in unserer DGS-Stellungnahme benannt hatten. Das freut uns natürlich sehr, ebenso freut es, dass das BMWK so offen mit den Aufgaben und der eigenen „Hausaufgabenliste“ umgeht. Das schafft Vertrauen und ein wenig Planbarkeit.
Trotzdem fällt auch auf: Nur in den ersten Handlungsfeldern werden konkrete Umsetzungen im ersten Solarpaket angekündigt. Je weiter man in der PV-Strategie aber nach hinten blättert, desto unpräziser werden die angesprochenen Punkte.
Die genannten politischen Umsetzungen sollen laut BMWK in zwei Solarpaketen erfolgen. Mit den Arbeiten am Solarpaket I wurde bereits begonnen, es soll noch vor der Sommerpause der Bundesregierung zum Beschluss vorgelegt werden und dann in den parlamentarischen Prozess durchlaufen. Das Solarpaket II umfasst komplexere Bereiche, die in der Vorbereitung noch mehr Zeit brauchen. Dieses Solarpaket II soll im Anschluss nach Verabschiedung des Paket I folgen. Das BMWK weist auch darauf hin, dass jetzt nicht das Ende der Diskussion erreicht ist: „Die PV-Strategie, die auf ihr basierenden Solarpakete und das BMWK bleiben weiter offen für Ihre Ideen und Hinweise“, so das Ministerium. Jetzt bleibt abzuwarten, was die Politik in den beiden angekündigten Gesetzespaketen konkret umsetzen wird. Wir bleiben dran.