18.08.2023
Die Firma mit den elektronisch ausgeglichenen Solarspeichern
Ein Firmenbericht von Heinz Wraneschitz
Beim „Ton ohne Strom“-Musikfestival in Ansbach war kürzlich einer im Einsatz: Einer der ganz besonderen Solarstrom-Speicher der Autarctech GmbH aus Burgoberbach in Mittelfranken. Denn ganz ohne Speicher konnte das autark mit Elektrizität versorgte Hochschul-Projekt dann doch nicht auskommen.
„Die Energiewende wird nichts werden ohne Speicher. Das ist seit vielen Jahren bewusst“, sagt Matthias Bäuerle. Doch der Geschäftsführer der Autarctech GmbH weiß auch: Erst in den letzten gut zehn Jahren wird die Speicherung von Solar- oder Windstrom hierzulande ernsthaft vorangetrieben. So können Nacht- oder Flauten-Stromlücken ausgeglichen werden.
Zehn Jahre: So lange etwa reicht auch die Geschichte der Firma zurück. Gründer Werner Zenke hatte schon damals als wesentlichen „Unternehmensgegenstand: die Herstellung, der Vertrieb und die Installation von Energiespeichern für alle Arten von regenerativen Energieerzeugungsanlagen“ eingetragen. Ihm ging es also vor allem um Solarstromspeicher, oder wie es später hieß, um die „intelligente Batterie“.
Mitte 2018 übernahm Matthias Bäuerle die Geschäftsführung. Der entwickelte Autarctech wesentlich weiter. Weshalb das Speicher-Angebot weiterhin im Zentrum steht, die Kompetenz aber immer mehr beim Batteriemanagement, also beim effektiven Laden und Entladen. Ein eigenentwickeltes „6-Layer-Board“, also eine sechslagige Leiterplatte, enthält die Steuerelektronik für jenes „Active Balancing“. Damit wird der ständige Spannungsabgleich zwischen den einzelnen Batteriezellen ermöglicht, und das auf elektronischer Basis. Damit ist das fränkische Unternehmen einer von wenigen Anbietern hierzulande. „Normal ist Balancing passiv, der Ausgleich der Zellen erfolgt über Widerstände. Dabei wird Energie in Wärme umgewandelt. Das Besondere bei uns: Die Energie wird laufend hin- und hergeschaufelt“ und eben nicht als Wärme freigesetzt, also energiesparend, klärt Bäuerle auf. Schon 2013 startete bei Autarctech die Entwicklung dieser speziellen Art von Energiemanagement für Speicherbatterien.
Laut dem Geschäftsführer erhöhe Active Balancing einerseits die Lebensdauer neuer Batterien um bis zu 30 Prozent. Andererseits können dadurch zum Beispiel für die Versorgung von Wohnhäusern oder Betriebsstätten auch „Second Life“-Batterien weiter genutzt werden. Die stammen – weil ihre Kapazität zurückgegangen ist – beispielsweise aus Elektroautos.
Auch wenn es also nicht unbedingt fabrikneue Stromspeicher sein müssen: Deren Nutzung steht dennoch bei Autarctech-Anwendungen im Vordergrund. In der Manufaktur nahe Ansbach zeigt Matthias Bäuerle auf „die Komponenten der Speicher: Die stammen alle von Lieferanten aus der Region. Bis auf die Batteriezellen: die kommen aus China.“ Jedoch werde jede einzelne Zelle vom deutschen Importeur geprüft und nach Qualitäten selektiert: „Wir bekommen nur A-Ware. B- und C-Ware können Bastler bei Versandhändlern kaufen.“
Active Balancing mit "nicht brennbaren LFP-Akkus"
Ob Akkus in Autos oder im Elektrorasierer: Heutzutage sind fast überall Lithium-Ionen-Batterien eingebaut. Doch Bäuerle klärt auf: Davon gebe es verschiedenste Typen. Sein Unternehmen setze nicht die am weitesten verbreiteten ein, die Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt-Oxiden (LNMC) als Material der positiven Elektrode hätten, sondern den sogenannten LFP-Typ. Hier sind die positiven Elektroden aus Lithium-Eisen-Phosphor-Material gefertigt. LFP-Zellen seien zwar etwas schwerer als LNMCs, doch die Zyklenzahl – also die Zahl der vollständigen Be- und Entladungen – sei wesentlich höher. Weil Autarctech die Kapazität nur zu 80 Prozent ausnütze, liege diese Zahl bei 5.000. „Und LFP hat den großen Sicherheits-Vorteil: es kann nicht brennen.“ Eine Gefahr, die immer wieder genannt wird, wenn es um stationäre Solarstromspeicher geht, vor allem im Privathausbereich.
Natürlich sind viele Batterien des fränkischen Anbieters in Wohngebäuden eingebaut. Doch im Lauf der vergangenen zehn Jahre hat die Firma auch jede Menge Speichersysteme für andere Anwendungen produziert, zum Beispiel 2021 eine Autark-Energieversorgung mit einer Brennstoffzelle des Münchner Herstellers Proton Motors. Insgesamt sieben Megawattstunden (MWh) an Speicherkapazität aus Burgoberbach sind weltweit im Einsatz, selbst in Indien.
Ganz am Ende räumt Matthias Bäuerle zudem mit einem Missverständnis auf: „Lithium kommt etwa zur Hälfte aus australischen Tagebauen. Nur zirka 30 Prozent wird in Bolivien, Argentinien, Chile aus Salzsole gewonnen.“ Diese mit viel Wasserverbrauch verbundene Herstellung in Südamerika nehmen Kritiker gerne her, um Lithium-Akkus allgemein und speziell solche in Elektroautos als umweltschädlich zu brandmarken. Und „in LFP-Akkus ist auch kein Kobalt enthalten“, das oft unter unmenschlichen Abbaubedingungen gewonnenen werde, merkt er noch an.