13.10.2023
Potentiale der E-Mobilität, Teil 3: Perspektiven Schifffahrt
Ein Bericht von Götz Warnke
Nachdem wir uns in den ersten beiden Teilen mit den Problemen der E-Mobilität und dem Landverkehr beschäftigt haben, stellt sich nun die Frage nach den Perspektiven der Schifffahrt.
Seeschifffahrt
Die internationale Seeschifffahrt ist für ca. 2,89 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, und damit für mehr als ganz Deutschland. Und dieser Wert könnte sich bis 2050 um mindestens 50 Prozent erhöhen. Dass dieses so nicht passieren darf, wenn das Klima nicht völlig ins Chaos abkippen soll, ist natürlich grundsätzlich allen Beteiligten klar: von der Internationalen Maritimen Organization (IMO) über die EU und die stockkonservativen Reederverbände bis zu den naiven Naturschutzverbänden und – natürlich – der E-Fuel-Alliance setzen daher alle auf E-Fuels als Antriebsenergie. Doch diese gesamten Interessenvertreter „tanzen im Wolkenkuckucksheim“; einen solchen Umstieg der Weltschifffahrt wird es nicht geben, weder mit noch ohne die Unterstützung mit Biotreibstoffen! Dazu sind die dazu benötigten Treibstoffmengen viel zu groß, wie Energieexperten außerhalb des Schifffahrts-Dunstkreises längst wissen, und wie es auch immer mehr in den allgemeinen Medien ankommt. Denn eigentlich sind die Fakten evident: Niemand in Deutschland – vielleicht von einigen intellektuellen Teilzeitkräften wie Volker Wissing einmal abgesehen – käme auf die Idee, das ganze deutsche Energiesystem mit seinen drei Sektoren Strom, Verkehr, und Wärme auf E-Fuels umzustellen: also E-Fuels-Ölheizungen statt Gas, Pellets und Wärmepumpen, E-Fuels-Kraftwerke statt Strom aus Wind und Sonne usw. usw. Dabei ist zudem zu beachten: der wachsende Energiebedarf der Weltschifffahrt ist schon heute ca. um ein Drittel größer als der deutsche!
Also dann doch besser die Elektrifizierung der Seeschiffe, oder? Dieses wäre genau so eine Illusion wie der Umstieg auf E-Fuels – schlicht, weil die Energiebedarfe hierbei zu gewaltig sind. Zwar gibt es elektrische Containerschiffe wie die Yara Birkeland, aber diese fahren eher im küstennahen Kurzstreckenbetrieb. Es existiert nur eine einzige und damit „alternativlose“ Antriebslösung für einen Seeverkehr in etwa der heutigen Größe: Windschiffe (siehe Titelbild). Diese durch die Seewinde angetrieben und früher Segelschiffe genannten Schiffe verfügen künftig über Profilflügel/Tragflächen anstatt von Segeln. Als Hilfsantriebe für die Revierfahrt kommen PV-Batteriesysteme und Wasserstoff-Brennstoffzellen-Systeme in Frage. Das Gute ist: konventionelle Seeschiffe, selbst große Containerschiffe, lassen sich zum Windschiff umrüsten, was die Emissionen (Stahl) für den Neubau spart.
Klassische Segelschiffe könnten uns allerdings in einem Bereich aus emotionalen Gründen erhalten bleiben: bei den Kreuzfahrtschiffen, wo es mit den Sea Clouds und den Star Clippers ja bereits heute ein breiteres Angebot gibt. Nur werden auch diese Schiffe statt eines Diesels als Hilfsmotor einen E-Motor haben.
Auch wenn es manchem All-Electric-Fan schwerfallen mag: Die Schifffahrt lässt sich – ebenso wie der Wärmesektor – nicht vollständig elektrifizieren.
Militärschiffe
Das zeigen auch die Militärschiffe: wenngleich die Geschichte der elektrisch bewegten Fahrzeuge mit dem Unterwasserantrieb der U-Boote begann, so ist man hier in den letzten 100 Jahren doch nicht wesentlich voran gekommen. Zwar gibt es bei den Unterwasserschiffen Brennstoffzellen-U-Boote mit fossil erzeugtem Wasserstoff und auch Atom-U-Boote, aber die Masse der U-Boote sind wie schon im 1. Weltkrieg dieselelektrische Hybrid-Fahrzeuge. Noch schlechter sieht es bei den Überwasserschiffen aus: außer einigen atomgetriebenen Flugzeugträgern und Schlachtkreuzern sind praktisch alle fossil angetrieben. Militärschiffe, insbesondere Kampfschiffe, sind schon von ihrem Anforderungsprofil her für einen elektrifizierten Antrieb mit Erneuerbaren Energien denkbar ungeeignet: niedrig-kompakte Bauweise gegen die optische und radartechnische Identifikation sowie der Bedarf eines rundherum freien Schussfeldes schließen hohe Segelprofile und glitzernde PV-Module aus. Dazu kommen der hohe Energieverbrauch durch möglichst große Fahrbereiche/Reichweite und hohe Beschleunigung bzw. Geschwindigkeit.
Binnenfrachtschiffe
Hier gibt es neben dem Laden per Schnellladesäulen in Häfen oder Kanalschleusen zwei Alternativen: Oberleitungsschiffe, wie sie sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts an einigen französischen Kanälen finden, und Schiffe mit Wechselakku-Containern, wofür es Projekte in den Niederlanden (Zero Emission Services/ZES) , den USA (Fleetzero) und jetzt auch in China mit dem größten Containerschiff der Welt gibt. Welche Variante sich auch immer durchsetzen wird – der Schiffsdiesel ist hier künftig überflüssig.
Fähren und Fahrgastschiffe
Diese Fahrzeugklassen ist im Allgemeinen gut für eine Elektrifizierung geeignet, da die Festmachzeiten häufig deutlich über den Fahrzeiten liegen, und so jeweils Gelegenheit bieten, die Schiffsakkus aufzuladen. Das gilt nicht nur für Fähren auf schmalen Flüssen wie der Mosel oder der Trave, sondern auch für Fahrgastschiffe auf holsteinischen Seen oder Berliner Flüssen. Und selbst die 21 km lange Seestrecke von Fynshav auf Alsen nach Søby Havn auf Ærø wird siebenmal am Tag von einer Elektrofähre bedient.
Gut für den Klimaschutz ist, dass auch immer mehr Schiffe von Fossil-Antrieben auf E-Antriebe umgerüstet werden.
Freizeitboote
Haus-, Segel- und Motorboote haben ihre je eigene Elektrifizierungs-Geschichte. Bei überwiegend vor Ort liegenden Hausbooten gibt es schon länger eine Elektrifizierung, zumal deren große Dachflächen mit PV-Modulen günstigen Strom generieren. 2018 kamen die ersten elektrischen Charter-Hausboote für den Binnenverkehr auf den Markt. Inzwischen gibt es immer mehr E-Hausboote mit PV.
Segelboote haben schon frühzeitig mit PV-Modulen und Windgeneratoren auf Strom aus Erneuerbaren Energien gesetzt, um auch vor Anker liegend kleine elektrische Geräte betreiben zu können. Durch die Verbreitung von E-Motoren, insbesondere E-Aussenbordern, und die immer vielfältiger einsetzbaren PV-Module schreitet hier die Elektrifizierung sukzessive voran. Ist bei Motorbooten mit Außenborder ein Umstieg noch relativ einfach, so sieht es schwieriger bei den großen Segelyachten und Motorbooten mit fossilem Inbord-Motor aus. Hier müsste das Fahrzeug z.T. aufwändig – und teuer – umgerüstet werden. Mag sein, dass es künftig für solche in großen Serien gebauten Boote auch Umrüstkits gibt, aber viele dieser Boote werden mit den steigenden Treibstoffpreisen im Wert sinken und Abwrack-Kandidaten werden.
Drohnen und sonstiges
Neben den großen Schiffs- und Bootskategorien gibt es eine Vielzahl von kleinen elektrischen Wasserfahrzeugen. Da sind zum einen elektrifizierte, bekannte Fahrzeugtypen wie Jestskis oder (solare) Rennboote, zum anderen neue Fahrzeugtypen wie Hydrofoil-E-Bikes oder Unterwasserdrohnen zur Hafeninspektion.
Wie immer sich auch einzelne Sparten der Schifffahrt entwickeln – die generelle Elektrifizierung diese Verkehrsbereichs ist nicht aufzuhalten.
Teil 1: Problemzonen
Teil 2: Perspektiven Landfahrzeuge
Teil 3: Perspektiven Schifffahrt
Teil 4: Perspektiven Luftfahrt