13.03.2020
Umweltbundesamt: Gutachten zu Ü20-Anlagen
Der 31. Dezember 2020 rückt langsam näher und damit auch die Frage wie es mit alten PV Anlagen weitergeht, die danach keine EEG-Vergütung mehr erhalten werden. Wir bei der DGS beschäftigen uns seit längerem mit dieser Frage. Das Umweltbundesamt hat nun ein Kurzgutachten zu diesem Thema veröffentlicht, das wir an dieser Stelle durchsehen wollen.
„Analyse der Stromeinspeisung ausgeförderter PV-Anlagen und Optionen einer rechtlichen Ausgestaltung des Weiterbetriebs“ lautet der sperrige Titel des Gutachtens, das Sie hier kostenlos downloaden können. Die Autoren von ZSW (Stuttgart) und Stiftung Umweltenergierecht (Würzburg) haben auf 56 Seiten die Möglichkeiten der sonstigen Direktvermarktung analysiert. Die Kurzstudie hatte auch das Ziel, Optionen einer möglichen vereinfachten Abnahmeregelung für Strom aus diesen Anlagen zu entwickeln und zu bewerten.
Statistik
Im zweiten Kapitel wird zuerst die Stromerzeugung sowie die Klimawirkung ausgeförderter PV-Anlagen untersucht. Die dort genannten Daten wie die Anzahl der betroffenen Anlagen sind im Wesentlichen schon bekannt. Auch ist klar, dass es sich in den ersten Jahren um kleine PV Anlagen mit nur wenigen kWp handelt. Laut dem Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) sind 90 % der Ü20-Anlagen in den ersten Jahren sind kleiner als 7 kWp. Bei der Berechnung der gesamten Stromerzeugung aus diesen Anlagen wurde davon ausgegangen, dass alle Anlagen zukünftig weiter betrieben werden. Die Stromerzeugung aus Altanlagen steigt langsam von 51 GWh im Jahr 2021, 133 GWh (2022), 222 GWh (2023) auf 344 GWh im Jahr 2024. 2025 werden schon knapp 1.000 GWh, 2026 1.700 GWh erreicht, da in diesen Jahren viele auch größere Anlagen aus der Vergütung herausfallen.
Die Autoren nehmen an, dass insgesamt rund 80% der Anlagenleistung mit Vergütungsende auf Eigenversorgung umgestellt wird, ein Eigenverbrauchsanteil von 25% wird angesetzt, der um weitere 30% durch Investition in einen Batteriespeicher erhöht werden kann.
Sonstige Direktvermarktung
Im dritten Kapitel wird die rechtliche Situation der PV-Kleinanlagen untersucht. Nachdem die Anlagen weiterhin dem EEG unterliegen, besteht die einzige Chance auf eine weitere Einspeisung im Wechsel in die „sonstige Direktvermarktung“. Damit könnten auch Anlagen, die auf Eigenverbrauch umgestellt werden, ihren überschüssigen Reststrom ins Stromnetz einspeisen und vergütet bekommen. Mit der sonstige Direktvermarktung besteht die Abnahmepflicht des erzeugten Stromes nach Förderende weiter, die Vergütungspflicht durch den Netzbetreiber - wie auch bei der EEG-Vergütung - jedoch nicht. Der Anlagenbetreiber muss also einen Direktvermarkter suchen, der diesen Strom abnimmt. Auch das vorliegende Gutachten weist darauf hin, dass ein solcher Wechsel derzeit mit einer Umstellung der Messeinrichtung verbunden ist, was eine recht hohe Investition erfordert. Im Folgenden wird im Gutachten noch ausgeführt, welche rechtlichen Konsequenzen drohen, wenn ein Anlagenbetreiber seine Anlage nicht zur Direktvermarktung anmeldet. Das zu beschreiben sparen wir uns an dieser Stelle.
Interessanter ist das vierte Kapitel, welches zu Beginn die Frage des Marktwertes des PV-Stroms beleuchtet. Bild 2 zeigt, dass der Marktwert PV dem Marktwert der Strombörse folgt und in den vergangenen Jahren von zwei bis sechs Cent pro kWh schwankte. Für die kommenden Jahre wird ein Anstieg in einer Spanne zwischen 4,5 und 5,5 Cent pro kWh erwartet. Betrachtet man dazu die laufenden Kosten, die auch nach dem Ende der Förderdauer des EEG auflaufen, kommt auch dieses Kurzgutachten zu dem Schluss, dass die sonstige Direktvermarktung mit derzeitigen Rahmenbedingungen für den Weiterbetrieb vieler Anlagen nicht wirtschaftlich ist.
Vereinfachte Abnahmeregelung
Eine mögliche vereinfachte Abnahmeregelung wird im fünften Kapitel des Kurzgutachtens vorgestellt. Denkbar sind hier verschiedene Varianten, darunter eine feste Vergütung oberhalb des Marktwertes und die Durchleitung des Marktwertes, letzteres mit oder ohne Abzug von Kosten der Stromvermarktung. Diese verschiedenen Varianten werden bewertet, z.B. hinsichtlich eines Anreizes für den Anlagenbetreiber, Belastung der Letztverbraucher sowie der rechtlichen Umsetzbarkeit. Hier kommen die Autoren zu dem Schluss das für Volleinspeise-Anlagen die Durchleitung des Marktwertes notwendig, für Anlagen mit Selbstverbraucht auch geringere Vergütungen möglich wären. Die Durchleitung des Marktwertes wird zu Ende des Gutachtens rechtlich bewertet, dabei wird betont, dass eine solche Regelung sowohl mit dem Beihilferecht als auch mit der neuen EE- Richtlinie und der Strombinnenmarktverordnung vereinbar wäre.
Im Fazit des Gutachtens wird daher festgestellt: „Die Durchleitung des Marktwertes für eingespeisten Strom aus Weiterbetriebsanlagen stellt für einen Übergangszeitraum eine einfach umzusetzende Lösung dar, die die Einspeisung von Überschussstrom attraktiv macht bzw. den Weiterbetrieb von Volleinspeise-Anlagen gewährleisten kann.
Eine Bewertung
Die DGS beschäftigt sich schon seit längerer Zeit mit dieser Thematik, vor allem innerhalb des Projektes PVLOTSE. Das vorliegende Kurzgutachten beschreibt gut die Problematik und bestätigt – für uns nicht überraschend - dass ein Weiterbetrieb für viele Anlagen nach derzeitigen Rahmenbedingungen wirtschaftlich nicht möglich ist. Neben PVLOTSE arbeitet die DGS gemeinsam mit der Kanzlei GGSC (Berlin) derzeit dem SFV für ein aktuelles Gutachten zu diesem Thema zu, das voraussichtlich im März/April veröffentlicht wird.
Aktuelle Musterrechnungen der DGS mit realistischen Rahmenbedingungen für 2 und 5 kWp große PV-Altanlagen zeigen, dass für einen Weiterbetrieb Vergütungen deutlich oberhalb des Marktwert Solar notwendig sind. Werden parallel dazu im EEG einige Rahmenbedingungen vereinfacht, ist ein wirtschaftlicher Weiterbetrieb in Sicht. Der SFV verweist dabei darauf, dass die EU-Richtlinie EE 2018/2001 ein wichtiger Hebel ist, die Forderungen nach einer hinreichend hohen Anschlussvergütung zzgl. der Entlastung der Eigenversorgung von Steuern und Abgaben umzusetzen.
Das muss im Sinne der Solar-Pioniere und im Sinne der Energiewende unbedingt erreicht werden. Wir bleiben dran!
Jörg Sutter