12.05.2023
Zwei erfolgreiche Petitionen
Ein Bericht von Tatiana Abarzúa
Anfang der Woche befasste sich der Petitionsausschuss in einer öffentlichen Sitzung mit zwei aktuellen Petitionen, die insofern erfolgreich sind, weil sie das Quorum von 50.000 Mitzeichnenden weit übertroffen haben. Es ging um ein geplantes LNG-Terminal in Rügen und um gesetzliche Vereinfachungen für Balkonsolaranlagen.
Petition zu LNG-Terminal
Europaweit sind mehrere LNG-Terminals geplant und im Bau. Derzeit liegen über 30 LNG-Projekte vor, wie eine Karte der EU-Kommission zeigt (die DGS-News berichteten). Die Forderung der Petition 146839 ist, dass die vor der Küste Rügens geplanten zusätzlichen LNG-Terminals nicht in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufgenommen werden. 94.770 Menschen (Summe aus online und offline Mitzeichnungen) haben die Petition mitgezeichnet.
Die Umsetzung der geplanten LNG-Terminals könnte dazu führen, dass die Tierwelt erheblich gestört wird, etwa durch Lärmemissionen oder anderen Störungen. „Der Eingriff in den Naturraum, der zu befürchten ist, ist immens und wahrscheinlich auch irreparabel“, sagt Marvin Müller, Gemeindevertreter des Ostseebades Binz (12:10 Uhr, Livestream). „Vieles, wofür der Naturraum der südlichen Ostsee steht“, stehe auf dem Spiel, ergänzt er. In seinem Eingangsstatement benennt Müller mehrere Bereiche: Kreidefelsen, Biosphärenreservate, Nationalparks, Laichgründe des Herings. Es mache seiner Meinung nach einen Unterschied, wie ein solcher Eingriff in den Naturraum rechtfertigt wird. Er kritisiert unter anderem, dass keine Information zur Verfügung gestellt werden darüber, wie die Überkapazitäten berechnet werden. Auch sei nicht bekannt, „ob alle anderen Standortalternativen die geringere Auswirkungen hätten geprüft wurden“ (12:11 Uhr, Livestream). Er plädiert dafür, dass in der Region kein Projekt im Beschleunigungsverfahren durchgeführt wird und wiederholt die Forderung aus der Petition, dass die vor der Küste Rügens geplanten zusätzlichen LNG-Terminals nicht in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufgenommen werden.
Stefan Wenzel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, sagte, „dass wir allein mit Terminals im Bereich der Nordsee die Versorgung der östlichen Bundesländer nicht zwingend gewährleisten können“ (12:16 Uhr, Livestream). Später sagte er, dass über die Leitung sogar den Osten der Ukraine versorgen werden könne (12:17 Uhr, Livestream). Es würden jedoch Alternativen im Ostseeraum „gründlich geprüft“ und die Sorgen ernst genommen, die mit der Petition vorgetragen werden.
Auf die Frage, ob es wahr sei, dass bereits eine Endauswahl „pro Mukran“ gebe, antwortete Wenzel, dass sie „insbesondere auch Mukran prüfen, ein vorhandener Hafen, der auch für industrielle Zwecke in der Vergangenheit verwendet wurde“ (12:22 Uhr, Livestream). Dabei sei jedoch das Ziel, am Ende „mit der Landesregierung zu einem gemeinsamen Ergebnis“ zu kommen, das wiederholte er in einer späteren Fragerunde (12:57 Uhr, Livestream). Für Wenzel ist die entscheidende Frage, im Hinblick auf Versorgungssicherheit, „sich nicht erpressbar zu machen“. Wenzel sagte, dass die Wasserstoffstrategie derzeit aktualisiert wird (12:52 Uhr, Livestream). Seiner Meinung nach sei es nicht möglich solche Projekte nicht im Beschleunigungsverfahren durchzuführen. Müller kritisierte, dass nicht einmal der Bürgermeister über Bauarbeiten informiert werde, die direkt vor der Küste passieren (12:54 Uhr, Livestream).
Balkonsolar
Im zweiten Teil der öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses ging es um eine Petition, die Andreas Schmitz mit initiiert hat. Mit 259.000 Followern auf Youtube hat er eine große Reichweite, und nutzt diese um auf das Thema Balkonsolar aufmerksam zu machen. Die Petition 146290, „Photovoltaik - Vereinfachungen für Balkonsolaranlagen“, wurde 102.111 Mal mitgezeichnet (Summe aus online und offline Mitzeichnungen). Bei der Anhörung erklärte Schmitz warum für ihn Balkonsolar wichtig ist: „Ihr werdet keine bessere Maßnahme finden, um die Menschen von Erneuerbaren Energien zu überzeugen“ (13:41 Uhr, Livestream). Für vielen Eigenheimbesitzer:innen sei das „ein Einstieg in die Erneuerbaren Energien“. Insgesamt möchten Schmitz und die anderen Mitinitiator:innen der Petition erreichen, dass die Bürgerinnen und Bürger von unnötigen bürokratischen Vorgängen entlastet werden. Die Petition fordert Erleichterungen für die Installation von Solarstromanlagen für Wohnungseigentümer und Mieter. Konkret fordert der Petent Ausnahmeregelung für Anlagen bis 0,8 kW, sowohl in der Nationalen Verordnung zum Nachweis von elektrotechnischen Eigenschaften von Energieanlagen als auch im Messstellenbetriebsgesetz. Außerdem soll die Anmeldung gemäß Marktstammdatenregisterverordnung vereinfacht werden, durch „separate Klickwege für ,Steckerfertige PV-Systeme bis 800 W' (Balkonsolaranlagen)“ und weiteren Anpassungen. Weitere Forderungen sind eine Übergangsregelung zur Ausnahme von Anlagen bis 0,8 kW in der Stromnetzzugangsverordnung; Anpassungen bei den Netzentgelten in der Stromnetzentgeltverordnung sowie die Aufnahme der „Nutzung von Photovoltaik zur Eigenversorgung“ in die „privilegierten Maßnahmen“ nach §20 Absatz 2, Wohnungseigentumsgesetz und nach §554 Absatz 1, Bürgerliches Gesetzbuch.
Wie geht es weiter?
Derzeit sieht es nicht so aus, dass die vor der Küste Rügens geplanten zusätzlichen LNG-Terminals nicht in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufgenommen werden. Es sieht auch nicht so aus, dass in der Region kein Projekt im Beschleunigungsverfahren durchgeführt wird. Mehrere Umwelt- und Verbraucherverbände äußern deutliche Kritik an den Plänen für LNG-Terminals und haben sich mit den Petenten solidarisiert. Noch vor der Anhörung im Petitionsausschuss kritisierte etwa die Deutsche Umwelthilfe, dass sich die Bundesregierung auf den Standort Mukran festgelegt hat, und veröffentlichte das Schreiben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck an Landeswirtschaftsminister Reinhard Meyer (Mecklenburg-Vorpommern) vom 5. Mai. Dem Brief ist zu entnehmen, dass die Projektteilnehmer spätestens bis Juli vollständige Genehmigungsunterlagen beim Bergamt Stralsund einreichen werden. „Das Bergamt prüft die Unterlagen und strebt eine Genehmigung so rechtzeitig an, dass im August die Bauarbeiten beginnen können“, so Minister Habeck im Brief.
Zum Thema Balkonsolar ist ein Ergebnis aus dem Petitionsausschuss, dass nach Angaben des BMWK-Staatssekretärs Wenzel der Schukostecker verwendet, Balkonsolar in Wohngemeinschaften privilegiert, schnelle Inbetriebnahmen ermöglicht, und „übergangsweise“ rücklaufende Zähler zugelassen werden sollen. Der entsprechende Gesetzentwurf werde erstellt und unverzüglich dem Bundestag zugeleitet, sagte BMWK-Staatssekretär Wenzel (13:55 Uhr).