11.11.2022
Nochmal einiges zu Steckersolar
Eine Analyse von Jörg Sutter
In dieser Woche möchten nochmals einige Aspekte rund um das Thema Steckersolar aufgreifen und einen ersten Blick in den Entwurf der Produktnorm für Steckersolar werfen. Eine detaillierte Beschäftigung bis hin zu einer detaillierten Stellungnahme wird noch einige Zeit dauern, dazu in einem der kommenden DGS-News und in der SONNENENERGIE mehr.
Aufkleberaktion
Die Initiative #MünchenSolar2030 (www.solar2030.de) hat vor Kurzem eine Aktion mit Aufklebern gestartet, die sich an Interessenten von Steckersolar-Geräten richtet. Die Aufkleber (hier erhältlich) ist ein selbstklebender Aufkleber mit Ausstanzungen, der auf und in eine Schuko-Steckdose angebracht werden kann. Die Gemeinschaftsaktion mit MachDeinenStrom.de und Sonnenkraft Freising e.V. gibt klar die technischen Regelungen vor, die für die technische Sicherheit einzuhalten sind, vor allem die VDE-Anwendungsregel AR-4105 ist hier zu nennen, danach muss der Wechselrichter des Steckersolargerätes einen integrierten zertifizierten Netz- und Anlagenschutz (NA-Schutz) aufweisen. Daneben wird auf die Maximalleistung von 600 Watt hingewiesen, die ebenfalls in der 4105 genannte wird. Diese 600 Watt beziehen sich jedoch nicht auf die Modulleistung, sondern die Ausgangsleistung des Wechselrichters.
Es können also völlig normkonform zwei Module mit je 400 Watt oder mehr zusammen mit einem Wechselrichter, der maximal 600 Watt ausgeben kann, verbunden werden. Ist das sinnvoll? Ja, denn die aktuellen Module am Markt haben zwischen 380 und 420 Watt Leistung. Und vor allem, wenn die Module senkrecht am Balkon angebracht werden oder gegeneinander in Ost-West-Ausrichtung auf dem Garagendach liegen, wird praktisch nie die volle Modul-Nennleistung erreicht, sondern meist deutlich weniger. Der Wechselrichter wird daher auch kaum überlastet.
Unter Einhaltung der genannten technischen Bedingungen macht der Aufkleber nun eine Schuko-Steckdose gemäß den Normvorgaben zur „speziellen Energiesteckdose“, auch ohne einen Tausch zur „Wieland“-Steckdose durch einen Elektriker. Normvorgabe ist, dass hier eine Beschriftung der Steckdose vorliegt, die quasi mit dem Anbringen des Aufklebers erledigt wird. Damit kann das von vielen Netzbetreibern geforderte Kreuzchen bei „Energiesteckdose vorhanden“ angekreuzt werden.
Ob dieses Vorgehen jedoch die Zustimmung der Netzbetreiber oder des VDE findet, dazu liegen mir aktuell noch keine Informationen vor.
Einsicht in Produktnorm
In den DGS-News vom 21. Oktober hier hatten wir von der Veröffentlichung der Produktnorm Steckersolar berichtet. In dem Text hatten wir auch kritisiert, dass der Normentwurf käuflich zu erwerben ist und damit eine Hürde hinsichtlich einer möglichen Kommentierung aufgebaut ist. Das ist jedoch nur zum Teil richtig: Eine Einsicht in den Entwurfstext ist auch ohne Kauf möglich, jedoch nur mit Einschränkung.
Für die Einsicht ist eine Registrierung auf der Website zur Kommentierung des Normentwurfes notwendig, nach Angabe der Email und Festlegung eines Passwortes hat man Zugang auf die Normentwurfsplattform und damit auf den Text des Entwurfes. Jedoch: Der Text kann weder abgespeichert noch ausgedruckt werden, es ist nur ein Blättern am Bildschirm möglich. Damit ist eine strukturierte Textarbeit aus meiner Sicht nicht wirklich möglich. Der Zugang zur Kommentierungsplattform kann hier aufgerufen werden.
Ein erster Blick in den Normentwurf
Hält man den Normentwurf in Papierform in Händen, so bleibt er zuerst unauffällig zwischen anderen Elektronormen. Nur der Titel "Steckersolargeräte für den Netzparallelbetreib – grundlegende Sicherheitsanforderungen und Prüfungen“ deutet auf den Inhalt hin. Die 36 Seiten des Entwurfes enthalten 26 Seiten Normentwurfstext und 10 weitere Seiten mit zwei umfangreichen „informellen Anhängen“.
Die Einleitung weist darauf hin, dass es bei den Steckersolargeräten um ein „laienbedienbares Produkt“ und ein „stromerzeugendes Haushaltsgerät“ handelt und macht klar, zu welchem Zweck die Vornorm dienen soll: Es soll die Grundlage für eine Typprüfung und entsprechende Prüfungen geben. Herstellern werden mit der fertigen Vornorm die Möglichkein haben, die von ihnen hergestellten (oder zusammengestellten) Steckersolargeräte zertifizieren zu lassen und die Konformität mit der Vornorm zu bestätigen. Vorteil für Verbraucher: Der Verbraucher kann sich später sicher sein, dass ein Steckersolargerät, das das Normlabel auf der Packung enthält, auch die versprochenen technischen Eigenschaften und Sicherheitsvorgaben erfüllt.
Der Anwendungsbereich wird auch genau beschrieben, er erstreckt sich auf die netzgekoppelten Steckersolargeräte mit maximal 600 Watt AC-Leistung (genauer Scheinleistung 600 VA). Nicht umfasst sind große „PV-Installationen“, gebäudeintegrierte PV-Module (BIPV), ebenso wenig Geräte mit einem Energiespeicher. In der letzten Zeit kommen hier vermehrt Anfragen von Interessenten, ob auch Steckersolar mit Speicher eine gute Lösung wäre. Doch das ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll, zumindest, wenn man die Größe des Steckersolargerätes mit einem oder zwei Modulen einigermaßen auf die Haushaltsgröße abstellt: Wenn sparsame Haushalte mit zwei Personen ein Modul nutzen, eine größere Familie zwei Module, dann bleibt am Tage kaum Strom übrig, der überhaupt gespeichert werden könnte.
Und durch den Wegfall der 70%-Regelung, die bisher formal eine Vergütungszahlungen der Netzbetreiber an die Steckersolar-Betreiber nach EEG unmöglich machte, könnte nun auch überschüssiger Strom ins Netz gegebene werden und zum aktuellen Satz von 8,2 Cent pro Kilowattstunde abgerechnet werden.
Die zukünftige Norm soll Grundlagen für die Prüfung von Geräten liefern, deshalb wird noch eine Klassifizierung in verschiedene Gerätetypen vorgenommen, dann wird begonnen, die (prüfbaren) Sicherheitsanforderungen zu beschreiben. Steckersolargeräte dürfen – das sollte ja selbstverständlich sein – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Gefahr für den Anwender und die Umwelt darstellen.
Anforderungen
Neben der Überspannungskategorie II wird zu Beginn die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) angesprochen, die Schutzart des Gerätes muss IP 55 umfassen, ausgenommen davon ist nur der AC-Stecker. Die Schnee- und Windlast-Tragfähigkeit ist vom Hersteller durch ein statisches Gutachten nachzuweisen. Die Montageanleitung muss die genauen Anwendungsbereiche enthalten, also die Bereiche, in denen das Steckersolargerät eingesetzt werden darf.
Ganz wichtig ist natürlich der elektrische Schutz, also der Schutz vor elektrischem Schlag. Hier dürfen keine spannungsführenden Teile berührbar sein, auch nicht bei einem eventuell verformten Gehäuse. Abnehmbare Deckel oder ähnliches dürfen nur mit Werkzeug abnehmbar sein.
Anschließend werden Anforderungen an die Leitungen – DC- und AC-seitig genannt, danach kommt der wichtige Bereich der Stecker. Dabei sind die Anforderungen der DC-Stecker wenig spektakulär, es wird Wert auf die Verwendung gleicher Hersteller bei Stecker und Buchse gelegt. Das ist bei heutigen Geräten sicherlich nicht immer gegeben.
Beim AC-Stecker ist im Abschnitt 6.1.2.2 des Normentwurfes dann (analog zu den bisherigen Normvorgaben) eine spezielle Einspeisevorrichtung „z.B. nach DIN VDE V 0628-1“ genannt, mit dem die Schutzziele Berührungsschutz und Vertauschen der Anschlussbelegung erreicht werden können. Es folgt ein Verweis auf den Anhang A, in dem sich andere Steckverbinder finden (Schukostecker unter Voraussetzungen).
Es folgen dann im Normentwurf Listen, denen die Solarmodule und Wechselrichter sowie weitere Komponenten entsprechen müssen. Auch die netztechnischen Anforderungen, v.a. vorgegeben durch die AR 4105, werden beschrieben. Danach folgt eine ausführliche Auflistung im Bereich Kennzeichnung und Dokumentation, auch hier haben nach meinem Eindruck etliche Geräte in Zukunft noch Hausaufgaben zu machen.
Die nächste Pflicht wird in der Bereitstellung einer ausführlichen Aufbau- und Bedienungsanleitung, in der auch Aspekte von Wartung und Reparaturen sowie der Entsorgung enthalten sein müssen.
Danach folgt ein Kapitel über die Prüfungen, mit denen die Prüfung von verschiedene technischen Forderungen im Prüflabor für eine Typprüfung vorgenommen werden können.
Im Anhang A ist nun der weitere Anschluss eines Steckersolargerätes mit einer Haushaltssteckverbindung adressiert, die möglich sein soll unter einer Liste von speziellen Voraussetzungen wie Begrenzung auf 600 VA, maximale Berührspannung 34 Volt an den Steckerkontakten und der Forderung, dass nur ein Gerät pro Haushalt mit Stromzähler eingesetzt werden darf.
Der Anhang B gibt zum Ende des Normentwurf-Textes noch ausführliche Informationen zur Einspeisung in Endstromkreise, die Autoren verweisen darauf, dass das bei der Erstellung des Textes der meist diskutierte Bereich war. Mit dem Anhang B soll dafür weiteres Verständnis für die Ausführungen nachvollzogen werden können.
Wir schon oben genannt: Wir werden uns mit den Inhalten in den kommenden Wochen noch intensiver beschäftigen und eine Stellungnahme im Rahmen der Einspruchsmöglichkeit einreichen. Wenn Sie Anregungen oder Anmerkungen dazu haben, freut sich der Autor auf eine kurze Mail an sutter(at)dgs.de. Vielen Dank. Als Leser der DGS-News werden wir Sie weiter auf dem Laufenden halten. Das Verfahren wird ja noch einige Zeit bis zur fertigen Produktnorm dauern.