09.09.2022
Balkonkraftwerke in der Diskussion
Kommentar von Ralf Haselhuhn
Ralf Haselhuhn, Vorsitzender des DGS-Fachausschuss Photovoltaik hat in einem Artikel Stellung genommen auf den „Faktencheck“ des Normungsexperten Dipl. Ing. Bernd Siedelhofer, der in der Ausgabe der de (12.2022) veröffentlicht wurde.
Siedelhofer erweckt in diesem Faktencheck den Eindruck, als ob er sich als ehemaliger DKE-Obmann des DKE Komitee 221 „Elektrische Anlagen und Schutz gegen elektrischen Schlag“ offiziell für das DKE äußert. Dem ist nicht so, er stellte in diesem Artikel seine Privatmeinung zu den Steckersolargeräten dar. Als langjähriger DKE-Mitarbeiter im Komitee K 373 „Photovoltaische Solarenergie-Systeme“ und in verschiedenen DKE-AK‘s geht Ralf Haselhuhn auf seine einzelnen Behauptungen ein und widerlegt diese größtenteils.
Ralf Haselhuhn äußert sich auch als Mitarbeiter in dem WIPANO-Verbundprojektes zum Entwurf einer Produktnorm für Steckersolargeräte sowie der wissenschaftlichen Begleitforschung. Die Verbundpartner in diesem Projekt sind neben dem DGS Landesverband Berlin Brandenburg die Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE), Fraunhofer ISE, Indielux, SolarInvert, Verbraucherzentrale und SIZ. Im Forschungsprojekt übernahm es die DGS u.a. die Belastbarkeitsreserven in bestehenden Elektroinstallationen zu bestimmen, Temperaturen bei Überströmen an gealterten Betriebsmitteln zu ermitteln und mögliche Gefährdungen zu analysieren.
Sein Fazit: Steckersolargeräte mit einer Leistung bis 600 W können unter Einhaltung von Sicherheitsstandards sicher und ohne Einschränkung in vorhandene Haushaltsteckdosen einspeisen.
Ausschnitt aus Artikel:
Behauptung 1 zu Haushaltssteckern
»Die Einspeisung von Kleinst-PV-Anlagen über Haushaltsstecker ist in anderen Ländern zulässig«.
Diese Aussage wird im besagten Beitrag als nicht zutreffend beschrieben. Meiner Ansicht nach ist diese Behauptung jedoch richtig. Als Beispiele seien hier beispielsweise die Schweiz, Italien, Österreich und die genannt.
Zur Situation in Deutschland: Nach unserer Ansicht interpretiert Siedelhofer die DIN VDE V 0100-551-1 falsch. Die DIN VDE V0100-551-1 fordert eine spezielle Energiesteckvorrichtung (z.B. nach DIN VDE V 0628-1). Wie die spezielle Energiesteckvorrichtung aussieht, lässt die Norm bewusst mit den Worten „z.B.“ offen. Nicht allein die „Wieland-“Steckdose nach DIN VDE V 0628-1 wird hier gefordert. Eine normative Forderung für das Produkt nur eines Herstellers wäre rechtlich nicht zulässig. Eine spezielle Energiesteckvorrichtung kann auch mit einem Schukostecker in Verbindung mit den Sicherheitsfunktionen des Wechselrichters oder anderer Einrichtungen ausgeführt werden, dabei darf die Sicherheit im Stromkreis nicht beeinträchtigt werden. Steckersolargeräte mit Schukosteckern können die geforderten Sicherheitsanforderungen (Freischaltung der Steckkontakte, Netzschutzanforderungen nach FNN/ VDE-AR-N 4105, Isolationsüberwachung...) einer speziellen Energiesteckvorrichtung er- füllen, entsprechen den Regel der Technik und sind somit zulässig. Allerdings haben die Hersteller dies nachzuweisen.<
Behauptung 2 zum Steckdosenanschluss
»Der Anschluss über haushaltsübliche Steckdosen (Schuko) ist gefahrlos möglich«.
Mit einer Ablehnung dieser Behauptung hat der Autor nur zum Teil Recht. Steckersolargeräte, die die Sicherheitsanforderungen er- füllen und somit den DGS-Sicherheitsstandard bzw. die zukünftige Produktnorm DIN VDE V XXXXX (VDE 0126-90XX) »Steckersolargeräte für Netzparallelbetrieb – Grundlegende Sicherheitsanforderungen und Prüfungen« einhalten, können in haushaltsübliche Steckdosen (Schuko) gefahrlos einspeisen. Sie erfüllen alle Sicherheitsanforderungen auch in gealterter Elektroinstallation. Dazu wurden im genannten Wipano-Projekt bis zu 60 Jahre alte Haushaltinstallationen untersucht und Belastungsgrenzen ermittelt. Fazit der Untersuchungen ist, dass Steckersolargeräten bis 600 W und damit einem Strom von 2,6 A selbst bei 60 Jahre alter Elektroinstallation (auch mit Aluminiumleitungen = Worst Case) keine kritischen Zustände (Brand etc.) auslösen können.
Ein erhöhter Strom im Stromkreis kann nur entstehen, wenn an einer Verbrauchersteckdose ein Gerätefehler bzw. Überstrom von kleiner als 25,8 A bei einem 16 A-Sicherungsautomat und kleiner als 28,2 A bei einer 16 A-Schraubsicherung fließt. Gleichzeitig muss im gleichen Stromkreis das Stecker- solargerät bei optimaler Sonneneinstrahlung den maximalen Strom von 2,6 A erzeugen, wobei das dauerhafte Zusammen- treffen beider Ereignisse äußerst unwahrscheinlich ist. Trotzdem wurde dieser Worst-Case im Projekt untersucht. Die gealterten Haushaltsinstallationen wie Steckdosen, Verteilerdosen und Leitungen vertrugen den um 2,6 A erhöhten Strom ohne Brandgefährdung.
Jedes Stecksolargerät und die AC-Steckverbindung wird nach den genannten Standards mit einem Sicherheitshinweis ausgerüstet. Nach der zukünftigen Produktnorm DIN VDE V XXXXX (VDE 0126-90XX) gilt:
»Die AC-seitige Steckverbindung des Gerätes muss mit dem Bemessungsstrom des Gerätes, mit einem Hinweis auf die Unzulässigkeit von Mehrfachsteckdosen und dem Hinweis, dass nur ein Gerät pro Anschlussnutzeranlage (Haushalt) zulässig ist, gekennzeichnet sein.….«
Übrigens besteht das Sicherheitsproblem auch ohne Steckersolargerät beim Anschluss von mehreren stromintensiven Haushaltsgeräten an einer Mehrfachsteckdose. Mehrfachsteckdosen werden ohne Sicherheitshinweis verkauft. Hier besteht das eigentliche Sicherheitsproblem für jeden Stromverbraucher.
Zudem werden in dem Artikel noch diese Themen kommentiert:
Stromkreisreserve
»Die Stromkreise verfügen über eine Reserve, der zusätzlich eingespeiste Strom kann toleriert werden«.
Schutzkontaktstecker
»Kleinst-PV-Anlagen mit haushaltsüblichen Steckern (Schukostecker) sind sicher.«
Energiezähler
»Ein Austausch des Stromzählers ist nicht notwendig«, »Es wird nicht zurückgespeist« sowie »Der zurückgespeiste Strom soll ja nicht vergütet werden«.
Bagatellgrenzen
»Für den Netzanschluss gelten Bagatellgrenzen«
Lesen Sie hier den kompletten Kommentar von Ralf Haselhuhn. In Kürze sollte er auch hier frei zugändlich sein.