06.03.2020
Petition: Kein Aus für Ü20 Solaranlagen
Zum 1. Januar 2021 werden die ersten Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 114 MWp aus der 20-jährigen EEG-Förderung herausfallen. Davon sind 85 Prozent kleiner als 5 kWp. In den Folgejahren wird die Leistungsgröße der betroffenen Anlagen weiter ansteigen. Bis 2024 werden laut Umweltbundesamt (UBA) jährlich 20.000 Anlagen aus der Förderung fallen. In dieser ersten Phase bis Ende 2024 wird sich das auf eine Solarleistung von über 1 GWp aufsummieren. Für diese Anlagen wird unter den aktuellen Rahmenbedingungen ein wirtschaftlicher Weiterbetrieb nur schwer möglich sein, schätzt Felix Schäfer von den Bürgerwerken. In einer zweiten Phase werden die Mengen deutlich ansteigen. Auch die Zahl der betroffenen Anlagen wird steigen, wie in einem Fachgespräch der grünen Bundestagsfraktion zum Thema "Weiterbetrieb nach 2020: zweiter Frühling für alte Ökostromanlagen" am 24. Februar 2020 im Bundestag deutlich wurde. Dies gelte auch für die Windenergie. Bei der Firma Enertrag, so Frederik Dudel, gehe man davon aus, dass im Zeitraum zwischen 2020 und 2025 bis zu 40 Prozent der Bestandsanlagen in einzelnen Bundesländern aus der EEG-Förderung fallen. Auch beim Wind existierten Kostenblöcke, die nicht leicht abzufangen sind, um Ü20 Anlagen rentabel halten zu können. Gleichzeitig stagniert der Zubau von Windenergie an Land. Aufgrund der Abstandsregel von 1.000 Meter dürfte es für viele Anlagen auch nicht den Ausweg eines Repowering geben.
Nach den bisherigen gesetzlichen Regelungen in Deutschland haben Anlagenbetreiber nach EEG-Förderende keinen Anspruch auf Abnahme und Vergütung des erzeugten Stroms. Die einzigen Möglichkeiten bestehen darin, den erzeugten Strom aus Ü20-Anlagen vollständig selbst zu verbrauchen oder direkt zu vermarkten. Beide Lösungen gehen mit erheblichen Zusatzinvestitionen, erhöhten jährlichen Betriebskosten und damit zunehmenden Risiken einher. Für jede Kilowattstunde Solarstrom, die zur Eigenversorgung genutzt wird, muss außerdem nach aktuellem Stand 40 % der EEG-Umlage abgeführt werden. Damit besteht die Gefahr, dass voll funktionsfähige und robuste Anlagen frühzeitig abgebaut werden. Die Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden von den Grünen äusserte die Befürchtung, dass die Energiewende weiter zurückfallen werde. Ihr sei im Fachgespräch sowohl die Dringlichkeit wie auch die Dimension des Problems klar geworden.
Diese Situation widerspreche den Grundsätzen einer ökologisch nachhaltigen und dringend notwendigen Energiewende im Strombereich und den Vorgaben der EU-Richtlinie 2018/2001, meint dazu Susanne Jung, Geschäftsführerin des Solarenergie Fördervereins, SFV. Sie hatte bereits Anfang Januar die Initiative ergriffen und in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen eine Petition „Kein AUS für Solaranlagen nach 20 Jahren“ formuliert und in Umlauf gebracht. Bis zum gestrigen Donnerstag hätten 112.500 Einzelpersonen und Organisationen unterzeichnet, so Jung. Dass diese Zahl in der kurzen Zeit so erstaunlich angewachsen sei, liegt an der Unterstützung durch Campact. Deren Erfahrung mit Kampagnen habe man zum ersten Mal genutzt. Sie sei total überrascht von der guten Zusammenarbeit sowie der Plattform „we act“, auf der die Petition verbreitet worden sei. Campact habe die gesamte Palette bespielt, so Susanne Jung. Unterschriften werden noch bis zum 25. März 2020 gesammelt, dann sollen sie um 14 Uhr im Bundeswirtschaftsministerium übergeben werden.
Die Unterzeichner der Resolution fordern die Bunderegierung auf
- anzuerkennen, dass funktionstüchtige Photovoltaikanlagen auch nach Auslauf der EEG-Förderung ein wichtiger Bestandteil der Energiewende bleiben müssen,
- festzustellen , dass Strom aus jeder Photovoltaikanlage unabhängig von deren Alter weiterhin wie bisher vom Netzbetreiber abgenommen werden muss,
- festzustellen , dass ein Weiterbetrieb nur dann sichergestellt ist, wenn Anlagenbetreiber die Möglichkeit erhalten, den wirtschaftlichen Betrieb der Anlage fortzuführen,
- zu beschließen , dass die regulatorischen Rahmenbedingungen für den Weiterbetrieb (z. B. Messung) so einfach und kostengünstig wie möglich gestaltet werden,
- zu beschließen , dass die EU-Richtlinie 2018/2001 zur Förderung Erneuerbarer Energien unverzüglich bis spätestens zum Jahresende 2020 in deutsches Recht umgesetzt wird und damit wichtige Grundvoraussetzungen für den Weiterbetrieb der Anlagen geschaffen werden.
Dazu gehören:
- a) für netzeingespeisten Strom pro Kilowattstunde (unabhängig vom Alter der Anlage) mindestens den Börsenstrompreis auszuzahlen (Art. 21 Nr. 2d EU-RL)
- b) und zusätzlich den langfristigen Wert des Solarstroms für das Netz, die Umwelt sowie die Gesellschaft bei der Festlegung der Einspeisevergütung angemessen zu berücksichtigen (Art. 21 Nr. 2d EU-RL) sowie
- c) auf eigenverbrauchten und durch Dritte in örtlicher Umgebung zur Photovoltaikanlage genutzten Solarstrom keine Abgaben und Umlagen zu erheben. (Art. 21 Nr. 3 c u. 4 EU-RL).
Alle Solarfreunde werden auch im Namen der unterzeichnenden Organisationen aufgefordert, die Petition zu unterzeichnen und weitere Unterzeichner zu suchen und zu überzeugen.
Klaus Oberzig
Petition, inklusive der 75 Organisationen, die die Petition aktuell unterzeichnet haben