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Jörg Sutter

Wie geht es jetzt politisch weiter mit der Energiewende?

Ein Kommentar von Jörg Sutter

Stromnetz in Süddeutschland – auch hier muss die Energiewende weitergehen.
[Bild: Sutter]

Nach dem Schreck des zweiten Anlaufs ist der neue Bundeskanzler gewählt und die Bundesregierung wird ihre Arbeit aufnehmen. Nach monatelangem Stillstand ist das auch dringend notwendig. Nicht nur, aber gerade auch im Energiebereich wird seit langen von der Politik Planungssicherheit und Richtungsweisung erhofft, die es derzeit nicht gibt.

Personen machen Hoffnung

Mit einer jungen Ministerin im Baubereich und einer ausgewiesenen Energieexpertin Katherina Reiche als Wirtschaftsministerin dürfen wir sicherlich hoffen, dass es im Energiebereich voran geht, wenn auch sicherlich nicht immer in Bereichen, die wir als DGS gut finden. So soll politisch ganz schnell die CCS-Technologie, also die Einlagerung von CO2, politisch beschlossen werden, was nicht nur aus unserer Sicht ein völlig falsches Signal ist.

Unsicherheit beseitigen

In vielen Wirtschaftsbereichen herrscht gerade eine große Unsicherheit hinsichtlich der Zukunft, sei es wegen Kostensteigerungen durch Trump-Zölle, gestörten Lieferketten oder auch der rasenden Durchdringung mancher Branchen mit künstlicher Intelligenz. Aktuell kommt noch ein ungewöhnliches Verhalten der OPEC dazu, die den jetzigen Preisverfall des Ölpreises am Weltmarkt nicht mit Kürzungen der Fördermengen, sondern dem genauen Gegenteil beantwortet.

Diese Unsicherheiten sind auch bei uns im Energiebereich zu spüren und haben teils auch politische Gründe: Man streitet sich eben gerne, über das „Heizungsgesetz“, den notwendigen Ausbau der Ladestruktur für Elektrofahrzeuge und die Drosselung der PV-Anlagen bei zu viel Sonne. Trotz der unterschiedlichen Bewertungen mancher Aspekte: Jetzt müssen politisch viele neue Richtungsentscheidungen für die Energiewende getroffen werden. Viele Leuchttürme müssen in Berlin gesetzt werden, damit klar ist, wohin unsere Energie-Reise geht. Aus meiner Sicht ganz wichtig ist hier das klare Bekenntnis zu den Erneuerbaren Energien und dem weiteren Ausbau, beides im Koalitionsvertrag formuliert. Dann muss – gerade beim Thema Heizung und Verkehr – auch viel deutlicher werden, dass hier in einigen Jahren europäische Zielvorgaben (Verbot russischer Gasimporte oder auch die europäische Gebäuderichtlinie) erfüllt werden müssen – und dazu die lauten Kommentare zu nationalen Alleingängen im Wahlkampf nicht hilfreich waren. Die Politik sollte nun das nächste halbe Jahr nutzen, um viel Klarheit zu schaffen: Bei der Heizungsförderung, dem kommenden Wasserstoffnetz, dem Ausbau der Ladeinfrastruktur und auch dem Zubau bei PV, Wind und den anderen Erneuerbaren Energien.

Technische Entwicklung

Im technischen Bereich sind in unserem Bereich aktuell wieder enorme Fortschritte zu sehen, gerade in diesen Tagen auf der Intersolar in München wird das wieder deutlich: KI-Einsatz beim Energiemanagement, um Energie besser auszunutzen, bessere und günstigere Speicherbatterien und einmal mehr neue Solarzellen und -Module mit Spitzenwirkungsgraden. Auch Investoren für Projekte stehen vielfach bereit – nur die Regulatorik macht öfters die Umsetzung noch problematisch oder umständlich. Wenn tatsächlich der im Koalitionsvertrag versprochene Bürokratieabbau kommt, kann es in Zukunft noch schneller gehen.

Mehr Klarheit zum Solarpaket I

Zumindest in einen Bereich versucht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Unsicherheiten zu reduzieren – oder zumindest zu erklären: Eine FAQ-Liste zum Solarpaket I wurde hier online gestellt, eine weitere zum Solarspitzengesetz soll bald folgen. Demnach könnte es bald schon wieder zu einer EEG-Änderung kommen, denn laut BMWK hängt die fehlende EU-Freigabe an unterschiedlichen Interpretationen von europäischen Vorgaben, die nicht durch Überzeugungsarbeit gelöst werden konnten. Um die Freigabe zu erreichen, muss wohl das EEG erneut geändert werden. Hoffentlich kann dann auch gleich die Freigabe zum Solarspitzengesetz erreicht werden, das ja nun ebenfalls im Genehmigungsstau steht.

Mut zeigen

Und ich denke, die Politik muss unbedingt auch Mut und Zuversicht für die Zukunft zeigen. Ich mache das am Beispiel des aktuellen Blackouts in Spanien fest: Reflexartig wurde in gewissen Presseorganen gleich wieder die Energiewende in Frage gestellt und die Erneuerbaren Energien verantwortlich gemacht. Ja, sicherlich war der Solarstrom, der zum Zeitpunkt des Ausfalls rund 60 % des spanischen Stromverbrauches gedeckt hat, auch mitverantwortlich. Aber ich wünsche mir einen Politiker, der jetzt sagt: Schaut, da war ein Problem. Die Techniker werden das analysieren und dann Maßnahmen ergreifen, dass sowas nicht wieder passiert. Ich erinnere an die große Umrüstungsaktion „50,2 Hertz“ vom Wechselrichtern bei PV-Bestandsanlagen im Jahr 2012, um bei uns das Risiko einer vielfachen gleichzeitigen Abschaltung bei uns zu vermeiden. Für solche technischen Probleme gibt es technische Lösungen – die im Einklang mit dem Ausbau und der Umsetzung der Energiewende ohne Bremse eingesetzt werden können. Also: Wir müssen weitermachen mit dem Zubau von Neuanlagen und der Energiewende insgesamt. Auch Fälle wie die aktuellen Probleme in Spanien dürfen unsere Energiewende nicht ausbremsen.