Ein Bericht von Heinz Wraneschitz

Dass fast genauso viele AfD-Fans den Solarstrom vom eigenen Hausdach nutzen wie SPD-Anhänger:innen: Wer hätte das gedacht? Denn schließlich treten die Wähler:innen der nach Verfassungsschutzangaben gesichert rechtsextremistischen Partei ja immer wieder so nach außen auf, als würden sie am liebsten mit Kerzen beleuchten und mit – wie es US-Präsident Trump behauptet – „schöner, sauberer Kohle“ heizen. Zudem wird PV-Strom oder E-Mobilität von AfD-Granden oft als eine Art linksgrünversifftes Hexenwerk verteufelt.
Und doch „nutzt oder plant beispielsweise auch die Mehrheit der AfD-Wählerinnen und –Wähler unter den Eigenheimbesitzerinnen und -besitzern Photovoltaik-Anlagen und jede bzw. jeder dritte Befragte ein Elektroauto“, hebt Studienleiter Steffen de Sombre eines der vielen bemerkenswerten Ergebnisse des „Monitoring Energiewende im Eigenheim 2025“ heraus.
Dies und noch viel mehr hat das renommierte Allensbach-Institut im Rahmen einer repräsentativen Online-Befragung im August herausgefunden, an der 2159 Hausbesitzende aus ganz Deutschland teilgenommen haben. Titel: „Klimafreundliche Technologien in Eigenheimen: Nutzung, Potentiale, Motive.“ Beauftragt worden waren die Meinungsforschenden dafür von der „Initiative Klimaneutrales Deutschland“ (IKND). Die will nach eigenen Angaben „Entscheiderinnen und Entscheidern aus Wirtschaft und Politik neuen Zugang zu Themen rund um die Energiewende und Klimaschutz eröffnen“.
Die Wichtigkeit der Eigenheime für Menschen- = Klima-Schutz
Doch warum schaut die Initiative bei der Energiewende überhaupt so stark aufs Eigenheim? „80% der Wohngebäude hierzulande sind Ein- und Zwei-Familienhäuser, das sind 17 Millionen Wohneinheiten“, hob Carolin Friedemann bei einer Pressekonferenz am Dienstag, 14. Oktober 2025 heraus. Die Gründerin und Geschäftsführerin des IKND stellte dazu klar: Auch wenn zuletzt PV-Hausbesitzende im Zusammenhang mit der EEG-Förderung als Wohlhabende angeprangert wurden, „haben sie meist mittlere Einkommen“, seien also „die Mitte der Gesellschaft“.
Bei der Frage, ob denn AfD-Freund:innen „die Mitte der Gesellschaft“ sind, gibt es von vielen Seiten Zweifel. Aber warum selbst die sich wie andere Wähler:innengruppen auch inzwischen gerne PV-Anlagen, Wärmepumpen oder E-Autos anschaffen, darauf hat de Sombres Team eine Antwort gefunden: „Dafür gibt es heute weniger ideologische Gründe, die Bedenken gehen zurück.“ Und „die positive Wahrnehmung in der Öffentlichkeit“ hat laut den Studienergebnissen ebenfalls zur Entscheidung Pro Energiewendetechnik beigetragen. Was aber gerade bei jenen 38 Prozent der Befragten, die auch in den nächsten fünf Jahren keine PV-Anlage aufs Häusledach legen wollen, gegen die Anschaffung spricht: Das fehlende Geld einerseits. Aber genauso die Ungewissheit, wie es mit der (von de Sombre „Förderung“ genannten) EEG-Einspeisevergütung für PV-Strom weitergeht.
Klima- und Menschenschutz-Einstiegsdroge PV
Denn wie es der Studienleiter „salopp formulierte: PV ist die Einstiegsdroge in klimafreundliche Technologien“ (KT). Wer eine PV-Anlage habe, plane auch oft eine weitere KT anzuschaffen. Wobei sich tatsächlich nur 18 Prozent der Hausbesitzer:innen wirklich hartleibig zeigen: So wenige wollen auch in den nächsten fünf Jahren weder PV, Speicher, Wärmepumpe, E-Auto, Pelletheizung oder ähnliches anschaffen. Auch dies ein Ergebnis, welches im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung des auf der Straße „Wir sind das Volk“ schreienden Anti-Ökoenergie-Pöbels steht.
Wer weniger Geld hat, braucht mehr Förderung
Natürlich hat die Studie auch Allgemeinverständliches bestätigt. Im Schnitt sind 52 Prozent der Befragten „auf staatliche Förderung angewiesen für die Anschaffung einer PV-Anlage“. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn je weniger Nettoeinkommen ein Haushalt hat, umso höher ist der Prozentsatz derer, die ohne Fördermittel keine PV-Anlage kaufen würden. Bei denen, die unter 2500 Euro monatlich zur Verfügung haben, brauchen 73 Prozent staatliche Förderung. Bei den wesentlich teureren Wärmepumpen sind es sogar 81 Prozent, die sich diese nicht alleine leisten können.
Weil also „PV der Einstieg ist, plädiere ich für die Beibehaltung der Einspeisevergütung. Das macht den Leuten die Entscheidung leicht“, erklärte Verena Örenbas. Und die Bundesgeschäftsführerin vom Verband Wohneigentum e.V. ging noch weiter: „Die Förderkulisse geht in die richtige Richtung, hat aber Schwächen. Man braucht eigentlich Planbarkeit, hat aber sich ständig ändernde Fördersätze. Das ist ein Riesenthema. Und auch Handwerker brauchen Planbarkeit. Ich wünsche mir Kontinuität und Planbarkeit über Jahre hinweg. Dass sich alles ständig ändert, das haben wir nirgendwo anders“, kritisierte sie die kurzfristige Förderdenkweise der bundespolitisch jeweils Verantwortlichen.
Kontinuität der Politik ist gefragt
In die gleiche Kerbe hieb IKND-Chefin Friedemann: „Ein Förderstopp wäre negativ. Wir brauchen Anreize für Speicher und nicht doppelte Belastung durch Netzkosten. Man muss den Haushalten vermitteln, dass zum Beispiel Wärmepumpen langfristig sinnvoll sind.“ Besonders lobte sie „die GEG-Förderung: Im Gebäude-Energiegesetz ist die soziale Komponente schon drin.“ Aber grundsätzlich gelte: „Förderung muss unbürokratisch sein.“ Das sei vor allem für jene Gruppen wichtig, die Förderung nötig haben: Nicht alle verstehen hochkomplizierte Regelungen.
Florian Wagner, der Geschäftsführer von heimatwurzeln e.V., hob besonders den ländlichen Raum für erfolgreiche Klima- und Menschenschutzanstrengungen im Wohnhausbereich heraus. „Das sind 91 Prozent der Fläche und 57 Prozent der Bevölkerung. Das ist keine Randgruppe, sondern eine relevante Gruppe. Das ist die bürgerliche Mitte.“ Auch wenn die große Politik sich augenscheinlich mehr um die Großstädte bemühe. „Doch bei mir am Land ist die Energiewende auf Hausdächern sichtbar, Wärmepumpen in Vorgärten, E-Autos auf der Straße. Aber gerade hier ist noch erhebliches Potenzial zu erreichen“, so Wagner.
Mehrwertsteuer-Abschaffung schnell und einfach realisierbar
Und weil „unmittelbarer finanzieller Vorteil durch die Abschaffung der Mehrwertsteuer für Wärmepumpen und E-Autos schnell und unbürokratisch umzusetzen“ sei, wie man bei PV gesehen habe, schlug er diesen Weg der Förderung vor. „Es geht um die Frage: Lohnt sich das? Erst sekundär ist der Klimaschutz für die Menschen entscheidend.“ Sein Plädoyer in Richtung Politik: „Bei Heizung und Mobilität noch mehr auf die Vermittlung der Vorteile setzen statt auf Verbote.“
Worauf aber IKND-Chefin Carolin Friedemann am Ende ganz die Regierenden besonders hinwies: „Weichen Sie die Klimaziele nicht auf. Halten Sie sich an die klaren Bekenntnisse im Koalitionsvertrag zum Gebäudeenergiegesetz, zur Einspeisevergütung, zur E-Mobilität.“
„Christliche“ gleich hinter „Grünen“
Achja: Dass mit 34 Prozent der AfD-Begeisterten fast genauso viele dieser so genannten Alternativ-Nationalen Hausbesitzer:innen schon eine PV-Anlage haben wie SPD-Wählende, war schon ganz oben zu lesen. Dass aber BSW- (29), FDP- (30) und Linke-Freund:innen (32 Prozent) der Nachhaltigkeit hinterherhinken, sollte hier genauso erwähnt werden. Und auch, dass Menschen, die CDSU wählen, mit 39 Prozent PV-Anteil nach Grün:innen (48 Prozent) an zweiter Stelle liegen: Bemerkenswert. Nicht?