Eine Analyse von Jörg Sutter

[Bild: Jörg Sutter]
Auch bei den Nachrichten aus dem Solarbereich ist zu beobachten, dass ein Druck nach Neuigkeiten und Sensationsmeldungen herrscht und skandalöses sich oft schnell nach oben spült – nicht nur, aber auch mit den sozialen Medien. Ob dann nur eine neue „Sau durchs Dorf“ getrieben werden soll auf der Jagd nach Reichweite und Klicks oder wirklich ein ernstes Problem dahintersteht, ist oft schwer zu beurteilen. Wir bei der DGS und auch in den DGS-News reagieren dann gelegentlich absichtlich nicht sofort auf solche Meldungen, sondern lassen den Rauch erst einmal verziehen.
Gut zu sehen war dies in den vergangenen beiden Wochen wieder im Bereich der Normung bei Steckersolar. Auch heute Morgen fand sich im Posteingang des Autors wieder eine Meldung „Balkonkraftwerke vor dem Aus? Neue Regel hätte fatale Folgen“, bei der natürlich jeder Leser gravierendes kommendes Ungemach vermutet.
Um was geht es? Man muss hier zwei Aktivitäten betrachten. Zum einen der aktuelle Normprozeß der neuen Produktnorm für Steckersolar, der national bei VDE/DKE läuft und bei dem sich die DGS seit Jahren mit engagiert. Ziel ist eine normative Beschreibung von Steckersolargeräten, die sicher sind und bei denen der Anwender zukünftig auch genau in der Montageanleitung erfährt, wie und wo er sein gekauftes Gerät installieren darf – was heute noch nicht der Fall ist.
Die Erstellung der Produktnorm ist auf der Zielgeraden und man kann davon ausgehen, dass im September oder Oktober die Veröffentlichung der neuen Norm erfolgt. Wir werden selbstverständlich darüber dann umfangreich informieren. Enthalten soll in der Produktnorm auch die Verwendung der Haushaltssteckdose sein; einfach formuliert: Die Verwendung der normalen Steckdose für diese Geräte soll legitimiert werden. Soweit dieser Vorgang.
Nun gab es in der vorletzten Woche Youtube-Videos, die einen Skandal vermutetet und auch gestartete Initiativen, die sich gegen die Neufassung einer internationalen, also vom IEC (International Electrotechnical Commission) geplanten Norm richten. Videoberichte dazu finden sich hier und hier. In der internationalen Norm (IEC 06364-7-751) und dem aktuellen nationalen Pendant ist in den aktuellen Entwürfen die Nutzung einer freien Steckdose im Haushalt für die Einspeisung (noch) nicht vorgesehen.
Ist das jetzt ein Skandal? Nein, aus meiner Sicht nicht und es ist auch kein Grund für Panik oder überstürzte Reaktionen. Auch diese internationale Norm durchläuft ein Verfahren, bei der öffentlich Stellung bezogen werden kann und Anregungen eingebracht werden, die dann geprüft werden. Es ist also kein aktuelles Problem für Anwender, sondern einfach eine Norm, die derzeit in der Entwicklung ist. Nebenbei ist es bei internationalen Normen auch gängige Praxis, dass nationale Ausnahmen integriert werden, wenn einzelne Länder das anders handhaben möchten. Das ist auch hier zu erwarten, denn langfristig sollten die einzelnen Normen natürlich zusammenpassen und sich nicht widersprechen. Entsprechende Vorschläge sind hier sicherlich abgegeben worden.
Doch der Widerspruch durch unterschiedliche Inhalte und Regelungen wird insgesamt erst einmal nicht zu verhindern sein: Auch wenn bald in der neuen deutschen Produktnorm der Haushaltsstecker zulassen sein wird, muss eben auch die Anschlussnorm geändert werden, und eben auch internationale Normen sind nicht schlagartig mit der neuen Produktnorm konsistent, sondern müssen noch angepasst werden.
Trotzdem ist aus meiner Sicht die kommende Produktnorm für Steckersolargeräte ein großer Schritt hin zu mehr Sicherheit und zu einer besseren Anwendbarkeit für Verbraucher und Verbraucherinnen, denn die Hersteller und Händler der Geräte müssen zukünftig Geräte anbieten, die die zahlreichen Anforderungen der Norm (von der elektrischen Sicherheit bis zur ausführlichen Montageanleitung) einhalten. Doch bis zur vollständigen Konsistenz der Normen in diesem Bereich wird es noch ein längerer Weg sein.