Eine Betrachtung von Jörg Sutter

[Bild: Sutter]
Der Markt für kleine PV-Anlagen ist derzeit deutlich geschwächt gegenüber dem vergangenen Jahr. Insbesondere die gesamtwirtschaftliche Lage und die Verunsicherung über die zukünftige Förderung tragen aus unserer Sicht dazu bei. Doch in den letzten Jahren haben sich immer mehr Bundesländer in Deutschland für eine Solarpflicht entschieden, die sich dem zumindest teilweise entgegenstellt. In diesem Teil werfen wir einen Blick auf die aktuell gültigen Regelungen in den nördlichen Bundesländern.
Solarpflichten im Norden
Die Mehrzahl der deutschen Bundesländer haben inzwischen eine Solarpflicht eingeführt, darunter auch die meisten Länder im Norden der Republik. Mit dem Begriff „Norden“ sollen hier die Länder Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen eingeschlossen werden – eine „offizielle“ Aufteilung gibt es nicht. Diese Länder werden im Folgenden einzeln betrachtet, da sich Stand und Anforderungen hier durchaus unterscheiden. Voraussichtlich in der kommenden Woche ist dann die Betrachtung des „Südens“ dran.
Allgemeine Vorbemerkung
Diese Darstellung hier in den DGS-News kann die Anforderungen natürlich nur in Kürze wiedergeben, was bedeutet, dass Sie bei einer wichtigen Betrachtung der Solarpflicht sich nicht auf die wenigen Zeilen hier verlassen sollten, sondern genau die Originalunterlagen betrachten sollten , die unter „Details hier“ durchweg verlinkt sind. Das lohnt sich wirklich, denn dort sind die genauen Anforderungen, aber auch Ausnahmen und alternative Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. So darf bei einigen Solarpflichten auch eine Solarthermieanlage anstatt einer PV-Anlage gebaut werden – oder eine PV-Anlage nach Solarpflicht braucht nicht zwingend auf den betrachteten Firmen-Neubau, sondern darf auch auf einem benachbarten Gebäude auf dem Firmenareal errichtet werden. Zudem ist meist egal, wer die Anlage aufbaut: Damit ist auch eine Verpachtung der Dachfläche (ohne eigene Investition) möglich.
Bei speziellen Fragen empfehle ich auch – je nach Bundesland – den jeweiligen DGS-Landesverband (z.B. in Berlin oder NRW) oder regionale Sektionen zu kontaktieren und zu konkreten Erfahrungen und Umsetzungsdetails zu befragen. Doch nun zu den Solarpflichten der einzelnen Nord-Länder:
Schleswig-Holstein
Bereits seit 1.1.2023 ist der Bau einer PV-Anlage bei Neubauten von Nicht-Wohngebäuden (Fabrikgebäude, Bürogebäude etc.) vorgeschrieben, ebenso für die gleichen Gebäude bei einer Dachsanierung von mind. 10% der Dachfläche. Seit Anfang 2025 wurde hier eine weitere Stufe an Vorgaben in Kraft gesetzt: Jetzt sind auch neue Wohngebäude betroffen, sowie Parkplätze ab 70 (vorher: 100) Stellplätzen.
Details hier.
Hamburg
In der Hansestadt gilt seit 1.1.2023 eine Solarpflicht für Neubauten, seit 1.1. 2024 gilt das auch für Dachsanierungen. Gebäude ab 50 Quadratmeter Bruttodachfläche sind betroffen, es gibt aber zahlreiche Ausnahmen.
Details hier.
Bremen
Auch in Bremen gilt eine Solarpflicht für Neubauten und Dachsanierungen. Hier sind die Detailregelungen in einem eigenen Solargesetz geregelt. Bei Neubauten müssen 50% der Dachfläche mit PV belegt werden.
Details hier.
Niedersachsen
In Niedersachsen gilt inzwischen eine Solarpflicht für alle neu errichteten Gebäude ab 50 Quadratmeter Dachfläche und bei Dachsanierungen. Mindestens 50% PV-Belegung der Dachfläche sind gefordert. Parkplätze sind hier schon ab 25 Stellplätzen betroffen.
Details hier.
Mecklenburg-Vorpommern
Derzeit gibt es keine Solarpflicht, aber eine Einführung ist wohl geplant mit der Novellierung des Landesklimaschutzgesetzes.
Berlin
In der Hauptstadt gilt eine Solarpflicht für Neubau und Sanierung: realisiert werden muss eine gewisse Mindest-kWp-Leistung, abhängig von der Anzahl der Wohneinheiten im Gebäude.
Details hier und beim Solarzentrum Berlin, das von der DGS betrieben wird.
Brandenburg
50% der Dachfläche sind hier mit PV auszustatten – sowohl im Neubau als auch bei der Sanierung. Hier ist Solarpflicht in der Landesbauordnung geregelt.
Details hier.
Sachsen-Anhalt
Dieses Bundesland hat derzeit keine Solarpflicht; über Planungen dazu ist auch nichts bekannt.
Nordrhein-Westfalen
Nordrhein-Westfalen war eines der beiden ersten Bundesländer, die 2022 mit einer eigenen, im Landesrecht verankerten Solarpflicht begonnen haben. Sie gilt für Neubau, Sanierung und Parkplätze ab 35 Stellplätzen, allerdings nur bei deren Zugehörigkeit zu Nicht-Wohngebäuden. NRW hat das in der Landesbauordnung in Verbindung mit einer Solaranlagen-Verordnung geregelt.
Details hier.
Hilft die Solarpflicht dem Markt?
Das kann zweifelsohne bejaht werden, jedoch mit einer wichtigen Einschränkung: Praktisch bei jeder Solarpflicht ist ein „Gebot der Wirtschaftlichkeit“ enthalten. Eine PV-Anlage, die sich nicht „rechnet“, braucht also auch in einem Bundesland mit einer Solarpflicht nicht gebaut werden. Und auch viele weitere Ausnahmeregelungen sind meist in den Solarpflicht-Regelungen enthalten.
Daher: Ja, weil es immer mehr Solarpflichten gibt, wird auch der Markt langfristig stabiler. Doch eine Garantie für ein Mindest-Marktvolumen kann daraus nicht abgeleitet werden. Deutlich wird das auch bei den Solarpflichten, die bei Dachsanierungen greifen: Auch hier kann kein Mindest-Marktvolumen angenommen werden, denn bei unsicherer Wirtschaftslage werden auch Sanierungen verschoben – und dann wird die bei Sanierung geforderte PV-Anlagen einfach gar nicht realisiert.
Voraussichtlich in der kommenden Woche folgen in Teil III die aktuellen Solarpflichten in den südlichen Bundesländern.