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Heinz Wraneschitz

Sanierung statt Gaskraftwerke

Über eine neue Studie berichtet Heinz Wraneschitz

Screenshot aus Pressekonferenz [Screenshot: Wraneschitz]

Ohne konsequente Gebäude-Sanierung explodieren Heizkosten und Strombedarf: So fassen die PR-Leute von DENEFF, der Deutschem Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V., das Ergebnis einer im wahrsten Sinne heißen Kurzstudie zusammen. Das am 19. Juni 2025 veröffentlichte Gutachten hat das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung iöw im DENEFF-Auftrag erstellt. Im Rahmen einer Pressekonferenz (PK) konnten Journalisten Nachfragen stellen – die DGS-News waren dabei.

Dass „Energieeffizienzmaßnahmen für das Gelingen der Wärmewende im Wohngebäudesegment eine zentrale Rolle spielen“ und dass diese „auf systemischer Ebene zu einer unerlässlichen Entlastung für das Energie- und insbesondere das Stromsystem führen, was sich darüber hinaus auch volkswirtschaftlich positiv auswirkt“, das sollte eigentlich jedem denkenden Menschen klar sein. DENEFF-Geschäftsführer Christian Noll ergänzt dazu in der PK: „Gebäudesanierung ist viel mehr als Klimaschutz im und am eigenen Gebäude, sondern für das Gesamtsystem bedeutsam.“

Aber obwohl die Gebäudeeffizienz sehr wichtig für das Gelingen der Wärmewende ist, müssten die sich durch Sanierung ergebenden „Vorteile auch auf betriebswirtschaftlicher Ebene niederschlagen“, steht in der Studie. Im landläufigen Sprachgebrauch wird das mit „lohnen“ umschrieben.

Doch die Studienmacher:innen Janis Bergmann und Julika Weiß formulieren es in ihrem 24-Seiten-Papier genau andersherum: Es werde in naher Zukunft für die Nutzenden von Gebäuden „teurer, riskanter, noch schwieriger“, wenn die Hüllen nicht bald schon den geltenden Energiestandards angepasst würden, heißt es von den iöw-Fachleuten. Die haben sich auf Quellen der DENA (Deutsche Energieagentur), des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.), des Statistischen Bundesamts Destatis, des Umweltbundesamts UBA und vieler anderer renommierter Autor:innen gestützt, um zu ihrem Fazit zu kommen: „Gebäudeeffizienz ist ein wichtiger Baustein, um das ambitionierte Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2045 zu erreichen. Effizienzmaßnahmen reduzieren die Abhängigkeit von Energieimporten und senken das Risiko von Energiearmut bei stark ansteigenden Energiekosten.“ – „Die energiesystemischen Effekte kommen aber in der Öffentlichkeit zu kurz“, bekräftigt Janis Bergmann in der Pressekonferenz (PK) diese Feststellung.

Die Heizungen sollen nicht mehr fossil betrieben werden…

Zur Erklärung verweist der iöw-Forscher auf die notwendige Umstellung des noch großteils auf Fossilien beruhenden auf ein elektrisches (Wärmepumpen-)Heizsystem, um die Klimaneutralität zu erreichen: Würde der heutige Gebäudebestand einfach auf Wärmepumpenheizung umgestellt, wären 98 Gigawatt (GW) Gas- und Ökoenergie-Kraftwerksleistung notwendig. Nebenbei: Heute liegt die Spitzenlast beim Strombezug im Winter bei gerade mal 80 GW.

Aber allein schon das durch Sanierung zu erreichende Einhalten heutiger Energiestandards nach dem Gebäudeenergiegesetz GEG würde einen Teil dieses 98-GW-Strombedarfs in Deutschland vermeiden; es wäre nur noch eine Kraftwerksleistung von 56 GW nötig, also über ein Drittel weniger. Und je niedriger der Strombedarf, umso weniger Kraftwerksneubau und Stromnetzausbau seien notwendig, ergänzt DENEFF-Chef Noll.

Beim Einhalten des bei Neubauten inzwischen oft gebräuchlichen „EH55-Standard“ auch bei allen Bestandsgebäuden läge der Leistungsbedarf übrigens gerade mal noch bei einem Viertel des Nichtstu-Zustands, nämlich laut Studie bei 23 GW.

Was man erreichen könnte bei ersthaftem Sanierungswillen. [Grafik: DENEFF/iöw / Screenshot: Wraneschitz]

Was das (finanzielle) Ergebnis im Einzelfall bedeute, da komme es jedoch immer auf das konkrete Gebäude an. Und welche energetischen Sanierungen sich „lohnen“, hänge zudem „von den finanziellen und regulatorischen Rahmenbedingungen“ ab, so die Studie. Diese aber wandeln sich ständig – je nach politischer Vorgabe.

„Es gibt keine Gesamtaussagen. Aber die Höhe der Förderung, der Stand der bereits erfolgen Sanierung und die Höhe der jeweils aktuellen Energiekosten sind ausschlaggebend“, erläutert Bergmann etwas genauer in der PK. Und dann bringt er noch ein Wort ins Spiel, das oft übersehen werde: „Die Sowiesokosten. Das sind zum Beispiel die Kosten für das Gerüst, die auch bei reiner Renovierung der Außenwand sowieso anfallen würden.“ Wenn also Mieter:innen an den Sanierungskosten beteiligt werden, müssten diese Sowiesokosten in die Mieterhöhung korrekt eingerechnet – sprich: abgezogen – werden. Erst dann sei die Rechnung Energiekosten-Einsparung kontra Mieterhöhung korrekt. „Nur ein Viertel der Kosten entfallen bei Bestandsgebäuden direkt auf die energetische Sanierung“, so Janis Bergmann: „Man muss also ganz genau unterscheiden: was sind die tatsächlich für energetische Sanierung anfallenden Kosten“ – und was fällt ohnehin an.

Der volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Faktor

Doch von welcher Kostensumme geht man bei DENEFF und iöw insgesamt aus, wenn wie gefordert saniert wird? Weit über 100 Mrd. Euro werden für eine angestrebte Sanierungsrate von 2 Prozent pro Jahr geschätzt – derzeit liegt die Quote bei etwa 0,7 Prozent. Als reine Kosten für die Energiesanierung fielen demnach zwischen 20 und 34 Mrd. Euro an: Dies nennt Bergmann zwar „erhebliche Summen. Aber dagegen stehen Ersparnisse bei den Stromkosten von 10 bis 23 Mrd. Euro“, macht er die Gegenrechnung auf. Und DENEFF-Mann Noll ergänzt: „Wenn ich das Geld für die Sanierung aber nicht ausgebe, liegen wir auf systemischer Ebene wesentlich höher, brauchen wir mehr Stromerzeugung und mehr Netzausbau.“

Außerdem sorge energetische Sanierung für mehr Arbeitsplätze im zugehörigen Handwerk. Laut Noll arbeiten hier momentan 600.000 Menschen, „wir gehen von einem Bedarf von 1 Mio. aus“. Deshalb sei es richtig, wenn die Regierung jetzt alle bei den Strompreisen entlasten wolle – gerade, um von den Fossilheizungen wegzukommen. „Dann ist das der größte Effekt überhaupt, wichtig für die Wirtschaft, aber auch volkswirtschaftlich sinnvoll.“

Und die Moral von der Geschicht…

Glaubt man der Studie, dann gilt pauschal: „Umso höher die Energie- und CO2-Kosten steigen, desto größer der Wert von Effizienzmaßnahmen auch aus Perspektive der Haushalte in den Gebäuden“, ob „für selbstnutzende Eigentümer*innen wie Mietende“. Menschen mit Energieverstand braucht man davon wohl nicht zu überzeugen. Aber es gibt in diesem unserem Lande und in der ganzen Welt Millionen von Wirrköpfen, die bis heute den wissenschaftlich mehrtausendfach nachgewiesenen, menschgemachten Klimawandel durch das Verheizen fossiler Brennstoffe ignorieren, wenn nicht sogar leugnen. Die zu überzeugen, das wäre Aufgabe der Politik und der Medien. Wir von den DGS-News versuchen es wenigstens.