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Heinz Wraneschitz

Regierungen können Klimapolitik – nicht!

Ein Kommentar von Heinz Wraneschitz

Will die Regierung lieber mehr CO2 als weniger? So sah es vor 20 Jahren in Nürnberg aus. [Foto: Heinz Wraneschitz]

Jubel vielerorts nach den Regierungsbeschlüssen der KleinKo der vergangenen Woche. Zum Beispiel bei Lufthansa, Condor, Eurowings und Co., also die hiesigen Fluggesellschaften. Oder bei Ryanair, wo heute schon für das Einchecken am Flughafen Geld abgezockt wird: Sie alle sind begeistert. Denn die „Bundesregierung senkt die Ticketsteuer. 350 Millionen Euro Entlastung für Airlines“ sei das wert, wurde errechnet. Dadurch werden entweder die innerdeutschen Flüge massiv billiger – oder aber die Fluggesellschaften kassieren das Ersparte selber ein.

Auf jeden Fall aber dürfte ein toller Effekt eintreten: Es werden wieder mehr Menschen zwischen München und Frankfurt, zwischen Düsseldorf und Hamburg hin- und herfliegen. Und damit werden sie die Triebwerke massiv mehr CO2 in die Luft blasen lassen. Obwohl die Bundesrepublik sich eigentlich auf die Senkung des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes in den Pariser Verträgen völkerrechtlich verpflichtet hat. Und obwohl beispielsweise die Bahn günstige Alternativen böte: preislich, zeitlich wie auch CO2-mäßig.

Eine Viertelmilliarde für eine Totgeburt

Jubel auch bei BMW: fast genauso viel Geld wie oben, nämlich 270 Mio Euro, bekommt der Autobauer dafür, dass er am Verbrenner festhält. Natürlich nicht am Diesel oder Benziner, so ehrlich muss man schon sein. Aber was ist denn ein Wasserstoffauto anderes? Ob in einer Brennstoffzelle H2 mit schlechtem Wirkungsgrad verstromt wird, oder ob der Wasserstoff gleich mit noch schlechterem Eta Kolben zum Drehen bringt: Die Entwicklung solcher Fahrzeuge ist jetzt schon eine Totgeburt. Denn einerseits wird es in absehbarer Zeit nicht genug Grün-H2 für solch eine Massenanwendung geben – der steht noch nicht einmal für die umweltfreundliche Stahl- oder Chemieproduktion in ausreichender Menge zur Verfügung. Und andererseits ist weltweit die Zukunft des Autos elektrisch – wenn der Individualverkehr schon nicht durch vernünftigen ÖPNV ersetzt werden kann. Aber vielleicht will ja Deutschland ein Gallisches Dorf für Verbrennerautos werden.

Doppelter Pro-Kopf-CO2-Ausstoß nicht relevant?

Aber wie hat unser Kanzler Friedrich Merz kürzlich schön formuliert: Wir sind ja nur 1 Prozent der Weltbevölkerung, produzieren aber 2 Prozent der Klimagase. Ob er selber begriffen hat, was er da rausgelassen hat? Eher nicht. Er heizt eher den CO2-Ausstoß noch an, indem er mit seiner Regierung die Gasspeicherumlage abschaffen will. Ein Haushalt mit „Gasheizung und einem Gasverbrauch von 20.000 kWh pro Jahr kommt man zu einer Entlastung von knapp 58 Euro“. Also maximal 4,83 Euro im Monat. Ein Kopf der Familie kann sich also monatlich etwa ein Getränk in der Gaststätte mehr leisten.

(Un-)Passend dazu haben sich auch noch zwei Landeskönige zu rückwärtsgewandter Klimapolitik bekannt. Der eine, Michael Kretschmer (Sachsen) will „nach dem Ukrainekrieg wieder Gas aus Russland“. Das kommt zwar auch jetzt hierzulande an, doch offensichtlich reicht ihm das nicht: Er will mehr Gas – und damit mehr CO2 – statt mehr Erneuerbare. Zudem will er also mehr Geld in den Rachen von irgendwelchen Oligarchen werfen, statt mit heimischen Energien die Handelsbilanz um 85 Mrd. Euro zu entlasten und den Kommunen zusätzliche Einnahmen aus Ökoenergieumlagen zukommen zu lassen.

Von Gas bis Atom – die Energie-Importlobby freut`s

Und der andere, Markus Söder (Bayern) will Mini-Atomkraftwerke aufstellen lassen. Er ist sich dabei nicht zu schade, die Lüge zu verbreiten, in Kanada würde es solche ja bereits geben. Slbst das technik-orientierte VDI-Portal Ingenieur.de stellt klar: „Dual Fluid (Kanada/Deutschland): experimentelles Blei-Konzept. Pilotanlage in Ruanda … Keines dieser Projekte speist heute Strom ins Netz. Nicht eines.“ Und wir bekommen wohl noch nicht einmal zur nächsten Jahrhundertwende ein Endlager für die jetzigen Atommüllhaufen hin, wenn schon die Suche nach einem Standort wohl mindestens bis 2074 dauern wird – wohin also mit noch mehr Abfall? Unter die Bayerische Staatskanzlei? Und: woher soll überhaupt der Brennstoff kommen?

Nichts weiter als Hirngespinste also in Bund und Ländern. Stattdessen werden Erneuerbare ausgebremst, zum Beispiel durch Hürden wie Ausschreibungen für neue Wind- oder Solarkraftwerke. Oder massive Behinderung für bestehende Biogasanlagen, die oft für die nachhaltige Wärme ganzer Dörfer sorgen. Und damit den Menschen- und Klimaschutz massiv vorantreiben.

Dass gerade der Bundesregierungs-Entwurf der Energiewirtschaftsgesetzes-Novelle viele Negativ-Kronen verdient, ist in der Analyse von Jörg Sutter in den heutigen DGS-News nachzulesen. Aber einen zusätzlichen Kritikpunkt hat die Biomethan-Branche veröffentlicht: „Nach dem aktuellen Entwurf könnten Biomethananlagen unter bestimmten Bedingungen vom Gasnetz getrennt werden. Statt Rückbau brauchen wir einen Ausbau-Fokus, der sich an der Gas-Richtlinie orientiert.“

Und dann gibt’s da ja auch noch das unsägliche CCS-Gesetz, das nicht nur für den BUND „Klima, Wirtschaft und Trinkwassersicherheit bedroht“. Und und und…

Mein Fazit

Die Regierungen in Bund und vielen Ländern können einfach keine zukunftsorientierte Klimapolitik, sondern sind schlichtweg rückwärts gepolt. Traurig. Aber wahr.