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Roland Neuner

Preisspirale in der fossil geprägten Fernwärme: Wer ist verantwortlich?

Ein Gastkommentar von Roland Neuner

In Innenstädten sind viele Gebäude mit (fossiler) Fernwärme versorgt.
[Foto: Wraneschitz]

Landauf, landab schrauben neuerdings Versorger der Kategorie „Gasnetzbetreiber“ die Fernwärmepreise in bislang ungeahnte Höhen. Dabei lautete doch das Credo diverser regionaler, großer kommunaler Wärme-(Energie) -Versorger: Neben der Technologieoffenheit, die im Kern eine fossile Technologiegebundenheit war und ist, müsse ein Dreiklang aus

  • Nachhaltigkeit, die vorzugsweise ökonomisch interpretiert wurde und wird und nicht ökologisch, wie es die Bürger und BürgerInnen vermuten könnten,
  • Versorgungssicherheit, die es – auch wenn wir 2025 schreiben, also das Jahr 53 nach dem Urknall des Club of Rome – bei der geopolitischen Gemengelage und den katastrophalen THG Werten aller fossilen Energieträger ja gar und wohlwissend nicht geben kann, und vor allem
  • Bezahlbarkeit der Versorgung, speziell der kommunalen Wärmeversorgung, gegeben sein.

Und nun dieses: Preiserhöhungen über 25% in der Fernwärme, beispielsweise in Frankfurt. Was ist passiert?

Es ist halt so eine Sache mit der Bezahlbarkeit in kommunalen, gasgeführten Fernwärmenetzen, die ja aktuell und auf Teufel komm raus weiter ausgebaut werden (sollen). Natürlich muss man zugestehen, dass kommunale Müllverbrennung und die Nutzung von (u.a.) ausgedienten Bahnschwellen als Brennholz als Zusatzelemente zum Erdgas in Fernwärmenetzen gesetzt sind und es auch bleiben werden.

Aber was treibt dann die Preise für die Fernwärmeversorgung in die Höhe? Wer oder was ist verantwortlich für diese wachsende Unbezahlbarkeit speziell der fossilen Energieträger in Fernwärmenetzen, die ihrerseits ja oft monopolistischen Charakter haben? Wer trägt die Verantwortung, oder einfacher: wer ist schuld an der absehbaren Misere bei der Bezahlbarkeit fossilbasierter Wärmenetze?

Fragen über Fragen…

Sind es etwa die vielen privaten End-Energienutzer, vor allem die vielen abhängig Wohnenden in Mehrparteienhäusern, denen keine Mitbestimmung bei Wärmealternativen gegeben wird?
Oder sind es die vielen Eigenheimbesitzer, die im parallel betriebenen Gas-Handelsgeschäft kommunaler Versorger verstärkt auf dezentrale strombasierte Wärmetechnik wie PV unterstützte Wärmepumpen übergehen, die also die Transformation an.- und betreiben und si als Gaskunden und mithin als Gasverbraucher im konsolidierten Gasgeschäft von großen Versorgern ausscheiden?
Oder sind es die vielen gutgläubigen Wärme-Endkunden, die sich nicht oder wenig um Energiefragen bemühen; Hauptsache, die Gas-Rechnung steigt nicht?
Oder die Umweltauflagen, die es erforderlich machen, dass sich spätberufene Versorger nicht nur mehr theoretische Gedanken um eine Transformation zu regenerativen Energieträgern machen, sondern pro-aktiv auf eine vorrangig strombasierte Wärmeversorgung setzen?
Oder sind es Mehrkosten, die die Umstellung der Verbrennung z.B. von billiger Steinkohle (aus fernen Ländern per Schiff angekarrt) auf Erdgas mit sich bringen?
Oder schlichtweg die Politiker und aktuellen Entscheidungsträger, die thematisch von der Komplexität überfordert zu sein scheinen?

Das Reiz-Gas

Nach aktuellem Zielbild sollen die Preise für Erdgas dank berechtigtem CO2-Preisauftrieb in den nächsten Jahren deutlich steigen. Aber soll Erdgas jetzt nach dem Regierungswechsel tatsächlich eine Renaissance als quersubventionierte Übergangstechnologie erhalten? Als Übergangstechnologie wofür? Denn Grüner Wasserstoff wird in notwendig großen Mengen nicht zum Verbrennen in der Gebäude-Wärmeversorgung verfügbar sein: zu teuer, zu komplex, zu unsicher in der gesamten Prozesskette und mit Endgeräten selten a priori kompatibel.

Also wer ist schuld? Die Antwort ist klar und hat einen Namen: der Andere, die Andere oder die Anderen. Und wenn nicht diese, dann die Umstände, die Rahmenbedingungen, und wenn nicht diese, dann die Kunden und KundInnen…Und natürlich tragen die Umwelt, der Klimawandel ebenso Schuld daran. Zudem ist derjenige sowieso schuld, der heute bundespolitisch nicht mehr in der Verantwortung steht, die er bestmöglich ausüben wollte. Mit Sicherheit also immer der/die/das Andere.

Fest steht: Mit dem Festhalten an alten Verbrennungstechnologien und ihren fossilen Energieträgern speziell in Fernwärmenetzen, wird die wirtschaftliche Situation der Wärmeenergie-Endnutzer nicht besser, sondern von Jahr zu Jahr schlechter. Die Belastungen inklusive netzseitiger, also versorgungstechnischer Abhängigkeiten, werden steigen. Dauerhafte staatliche Subventionen sind keine nachhaltige Option.

Neuausrichtung unbedingt notwendig

Sicher wären die konsequente Neuausrichtung bislang rückständiger Regionen der kommunalen Wärmeversorgung hin zur kurzfristigen Reduzierung des Energieträgers Erdgas Richtung „Nullverbrauch“ und eine glaubwürdige, nachhaltige Kommunikation mit einem Bekenntnis zur Technologieoffenheit probate Mittel.

Konkret heißt das: Technologieoffenheit in Richtung Erdgasausstiegstermin, strombasierte Wärmeversorgung mit Wärmepumpenoffensive, Aufbau dezentraler Wärmeversorgungsstrukturen, verstärkten Nahwärmenetzausbau, Sektorenkopplung etc.

Hier könnten verantwortungsvolle Versorger viel Boden gut machen.
Das wäre ein innovativer Ansatz, für die Bürger und BürgerInnen nachvollziehbar, weil zukunftsorientiert. Die (Vor-)Investitionen wären immens, die technischen Herausforderungen hoch, speziell in eng bebauten Metropolregionen. Vielleicht ist aber gerade das ein zukunftsweisendes Konjunkturprogramm mit besonderem Fokus und mit vielen Chancen für mittelständische Unternehmen.

Fest steht aber: Jedes Jahr warten dürfte teurer kommen.

Längerfristig würde mit dieser strategischen Ausrichtung die Bezahlbarkeit der Wärmeversorgung sichergestellt, die Glaubwürdigkeit von Versorgern gesteigert und die Energie-Abhängigkeiten von Drittstaaten reduziert.

Für mich ist jedenfalls klar: Vor diesem Hintergrund sind die jetzt proklamierten Preissteigerungen in der Fernwärme diverser Versorger nur ein laues Vorspiel auf das, was noch kommen wird.