Eine Bewertung von Andreas Horn

Kosten, Preis, Wert – die Begriffe kennt jeder. Doch im Alltag verschwimmt die unterschiedliche Bedeutung manchmal. Für betriebswirtschaftliche Betrachtungen bei Investitionen in Solarenergie oder die Strategie einer Volkswirtschaft bei der Energiewende ist wichtig, die zutreffenden Werte zu verwenden, und deren Entwicklung in der Zukunft abschätzen zu können. Der Marktwert Solar zeigt an, welchen Preis man beim Verkauf von Solarstrom an der Strombörse mit einer durchschnittlichen PV-Anlage erzielen kann. Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber sind gesetzlich verpflichtet, Monats- und Jahreswerte für Solar- und Windstrom regelmäßig auf der Internetseite von Netztransparenz zu veröffentlichen.
Soeben wurden die neuen Monatsmarktwerte für den Monat Mai bekannt gegeben. Die Monatswerte sind ein mengengewichteter Durchschnittswert des Börsenpreises. Dafür wird für jede Stunde der jeweilige Strompreis mit der Strommenge multipliziert und aufaddiert, und anschließend durch die Gesamtstrommenge in diesem Monat geteilt. Der Monatsmarktwert für den Spotmarktpreis wird aus den stündlich gehandelten Strommengen jeglicher Herkunft ermittelt. Entsprechend werden die Marktwerte für Solar, Wind an Land und auf See aus den gehandelten Strommengen aus Solar- und Windkraftanlagen ermittelt. Die stündlichen Börsenpreise selbst entstehen durch Angebot und Nachfrage in der jeweiligen Stunde. Sie hängen somit einerseits vom Stromverbrauch und andererseits dem Dargebot an Solar- und Windstrom, sowie den Angeboten beispielsweise der Kohle- und Gaskraftwerksbetreiber ab. Nach dem Merit-Order-Prinzip bestimmt das jeweils teuerste Stromangebot, das für die Nachfragedeckung gerade noch benötigt wird, den Börsenpreis zur jeweiligen Stunde. Je nach Marktsituation spiegelt der Preis mehr oder weniger gut die Herstellkosten für Strom wider – Gas ist meist am teuersten. Extreme Preise können aber auch eine Knappheit anzeigen, z. B. bei hoher Stromnachfrage in winterlichen Dunkelflauten, oder auch ein Überangebot von Strom an sonnigen oder windreichen Stunden.
Die Marktwerte fallen
Im Mai 2025 ist der Spotmarktpreis nun auf 6,734 Ct/kWh gefallen. Auch die Monatsmarktwerte von Wind an Land (6,171 Ct/kWh), Wind auf See (6,338 Ct/kWh) und Solar (1,997 Ct/kWh) sind gefallen. Im Vergleich zum Vormonat sind die jeweiligen Preise um rund 1 Ct/kWh gesunken. Im Vergleich zum Vorjahresmonat treten deutliche Unterschiede auf: während der Spotmarktpreis im Jahresvergleich nahezu unverändert blieb, hat sich vor allem der Marktwert Solar in etwa halbiert. Etwas mehr Überblick gewinnt man im langjährigen Vergleich.

[Quelle: Dr. Andreas Horn; Datenquelle: www.netztransparenz.de]
Auffällig ist: bis Anfang 2021 lagen die Marktwerte am Spotmarkt, von Solar- und Windstrom gleichläufig mit geringen Preisunterschieden im Bereich von zwei bis fünf Cent pro Kilowattstunde. Der Anstieg im Jahr 2021 markiert den Anstieg der Gaspreise. Die Turbulenzen im Jahr 2022 sind auf den Ukrainekrieg und dessen Auswirkungen auf die Gaspreise zurückzuführen.
Seit 2023 sind die Strompreise stark rückläufig, haben aber das Vorkrisen- und Ukraineüberfall-Niveau noch nicht ganz erreicht. Seit Ende 2024 sind die Gaspreise wieder gestiegen, so dass auch die Monatsmarktwerte im Winter 2024/25 wieder relativ hoch waren. Im Sommer 2025 aber sind die Strompreise massiv gesunken, und vor allem der Marktwert Solar hat den niedrigsten Stand seit Mai 2020 erreicht.
Zusammenhang Marktwerte und Spotmarkt
Die Entwicklung der Monatsmarktwerte für Sonne und Wind wird aber viel besser sichtbar und verständlich, wenn man den äußeren Einfluss der Gaspreise eliminiert. Dazu kann man die monatlichen Werte von Solar und Wind durch den Spotmarktpreis teilen. In dieser relativen Darstellung erkennt man nicht nur den Einfluss der Jahreszeiten sehr gut, sondern auch die Wirkung des Zubaus an PV- und Windstromanlagen.

[Quelle: Dr. Andreas Horn; Datenquelle: www.netztransparenz.de]
Die Kurve der Monatsmarktwerte Solar liegt im Winter jeweils über Eins, was bedeutet: dann ist Solarstrom teurer als der Spotmarktpreis aller Stromarten zum selben Zeitpunkt. Das liegt daran, dass Solarstrom um die Mittagszeit produziert wird, und da ist im Winter der Strompreis aufgrund der erhöhten Nachfrage um die Mittagszeit besonders hoch. Aber: Im Winter wird nur wenig Solarstrom produziert, so dass der senkende Einfluss auf den Strompreis um die Mittagszeit noch gering ist.
Im Sommer dagegen sinkt der Marktwert weit unter den mittleren Spotmarktpreis, weil durch das hohe gleichzeitige Angebot die Preise stark einbrechen. Dadurch, dass die installierte PV-Leistung von über 100 GWp mittlerweile in einer ähnlichen Größenordnung wie der Verbrauch liegt, ist der Einfluss des hohen Angebots von Solarenergie auf den Börsenpreis sehr stark: Solarstrom senkt die Strompreise an der Börse mittlerweile – zumindest im Sommer – sehr stark. Für Strom aus Windkraft sind die Effekte auf die Börsenpreise weniger saisonal ersichtlich, weil Wind weniger regelmäßig weht.
Solarstrom: trotz niedriger Börsenpreise (meist) wirtschaftlich
Die Gestehungskosten von Solarstrom sind zwar höher als der Marktwert an der Börse. Aber der Wert von Solarstrom für Betreiber ist vielfach durch Eigenverbrauch höher als dessen Kosten oder Preis. Deshalb sind Solaranlagen trotz niedriger Börsenpreise in der Regel weiterhin wirtschaftlich!
Zum Autor:
Dr. Andreas Horn (www.solardoktor.de) ist DGS-Mitglied und gehört ab jetzt dem ständigen Autorenkreis der DGS-News an.